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ETYMOLOGISCHES WÖRTERBUCH

DER

ROMANISCHEN SPRACHEN.

ETYMOLOGISCHES

WÖRTERBUCH

DER

ROMANISCHEN SPRACHEN

VON

FRIEDRICH DZEZ.

VIERTE AUSGABE.

MIT EINEM ANHANG

VON

AUGUST SCHELER.

BONN,

BEI ADOLPH MARCUS. 1878.

Das Recht der Uebersetzung ist vorbehalten.

LORENZ DIEFENBACH

SEINEM VEREHRTEN FREUNDE

GEWIDMET.

VORREDEN DES VERFASSERS.

I. Die aufgäbe der etymologie ist, ein gegebenes wort auf seinen Ursprung zurückzuführen. Die eur lösung dieser aufgäbe angewandte Methode ist aber nicht überall dieselbe: leicht läßt sich eine kritische und eine un- kritische wahrnehmen. Die unkritische nimmt ihre deutungen auf gut glück aus einer äußerlichen ähnlichkeit der form} oder erzwingt sie bei geringerer ähnlichkeit7 ja selbst bei gänzlicher Verschiedenheit derselben, durch eine reihe willkürlich geschaffener mittelglieder. Ein in seinem grundsatze so fehlerhaftes verfahren, dessen ungeachtet doch da, wo wüz und divinationsgabe nicht fehlten, mancher treffliche wurf gelang, hat bei vielen die ganze etymologische kunst in miscredit gebracht, während sie sich andern durch die leichtigkeit ihrer ausübung, wozu sich jeder ohne beruf und Vorbereitung aufgelegt fühlte, empfahl. Jene irren in ihrer ab- neigung, diese in ihrer Zuneigung. Im gegensatze zur unkritischen methode unterwirft sich die kritische schlechthin den von der lautlehre aufgefundenen principien und regeln, ohne einen fußbreit davon abzugehen, sofern nicht klare thatsächlicHe ausnahmen dazu nöthigen; sie bestrebt sich dem genius der spräche auf der spur zu folgen, ihm seine geheimnisse abzugewinnen; sie wägt jeden buchstäben und sucht den ihm in jeder Stellung zukommenden werlh zu ermitteln. Und doch, wie wenig vermag sie oft, wie zweifelhaft sind ihre erfolge! Das höchste, was der etymologe erreicht, ist das bewußt- sein wissenschaftlich gehandelt zu haben; für absolute gewißheit hat er keine gewähr, eine unbedeutende notiz kann ihm das mühsam erworbene zu seiner beschämung unversehens unter den fußen wegziehen. Dergleichen wird bei jeder forschung vorkommen, bei der etymologischen gehört es zu den täglichen erfahrungen, die auch dem scharfsinnigsten nicht erlassen werden. Darum bescheidenhext, selbst wo alles unsre deiäungen zu unter- stützen scheint! Mit welcher strenge ich in dem vorliegenden buche meine früheren etymologien gerichtet und gesichtet habe, wird man ohne mühe erkennen; was ich aber gegen mich selbst angewandt, konnte ich auch gegen andre nicht unangewandt lassen. Etwas habe ich durch vidjährige erfährung auf diesem gebiete gelernt, was sich zwar von selbst versteht, aber nicht von allen verstanden sein will: daß zu wissenschaftlich sicherem urtheUe sich nur der durcharbeitet, der den gesammten wortvorrath der

VIII VORREDE.

spräche bis in ihre Mundarten hinein zu bewältigen nickt ermüdet Wer nicht so weit vorzudringen tust hat, der beklage sich nicht, wenn er jeden augenblick den boden verliert. Es ist kein wunder, wenn manche auf andern Sprachgebieten ausgezeichnete forscher auf dem romanischen so oft fehlgreifen, da sie nur das einzelne in einer bestimmten gestalt auf- fassen, ohne seine geschickte und seine beziehungen nach allen Seiten hin erkannt zu haben. Die romanische Wortforschung hat eben so dunkle partien zu beleuchten wie vielleicht irgend eine andre; selbst die erkenntnis des lateinischen Stoffes ist in zahlreichen fällen nicht bequemer als die des fremden. Man schlage einmal die spanischen mit ch oder mit z anlautenden Wörter nach und man wird von der richtigkeit dieser behauptung eine ähnung bekommen. Erschöpft man auch alle von den einschlägigen sprachen gebotenen mittel, z. b. für das spanische den lateinischen, griechischen, baskischen, celtischen, germanischen, semitischen wortvorrath, es bleibt ein großer rest, für den es keinen rath gibt Freilich fließen manche sprachen, woraus der Romane schöpfte, für uns nur noch in spärlichen quellen. Eifriger und umsichtiger forschung aber wird sicher gelingen noch manches räthsel zu lösen, das bis jetzt unlösbar schien.

Ein f ortschritt ist, hoffe ich, in dem gegenwärtigen versuche geschehen; der lautlehre, die sich an den schätzen, welche die etymologie zu tage fordert, erfrischt und belebt, wird dies dereinst zu gute kommen. Aber auf die bezwingung des ganzen konnte ich nicht eingehen, und wer möchte muth und kraft und Selbstverleugnung genug dazu heben? Gleichwohl wünschte ich ein ganzes zu geben, sei es auch nur ein bedingtes, und so richtete sich mein augenmerk 1) auf üblichere Wörter, solche die in rede und schrift häufiger wiederkehren, mit ausschluß aller derer, die man sich ohne mühe aus dem latein erklärt, die also der Untersuchung nicht anheim- fallen können; 2) auf weniger übliche, aber etymologisch bedeutsamere, wohin ich vornweg Partikeln, einfache verba, zumal aber einfache adjeetiva, demnächst viele von Ungutsten mehrfach besprochene, zu einem gewissen rufe gelangte Wörter rechnete. Aber auch solchen, die weder zur einen noch zur andern classe gehören, sollte der eintritt unverwehrt sein, nur fiel hier jede Verbindlichkeit der aufnähme weg: fülle ist besser als mangel und am ende kann jedes wort zur kenntnis der bestandtheile einer spräche beitragen. Es gibt aber auch Wörter, deren bereits vorhandene deutung nicht zu weiterer prüfung veranlaßt; andre nicht genügend oder gar nicht gedeutete, die zwar dUe rücksicht verdienen, aber diesmal nicht zur Unter- suchung reizten : gehen sie auch leer aus, sie dienen doch anzudeuten, was einer spräche seltenes oder merkenswerthes angehört. Jene sind hier mit dem eingeklammerten namen ihres erklärers bezeichnet, diese ohne irgend eine beurtheilung hingesetzt worden und somit anderweitiger Untersuchung empfohlen. Sparsamkeit in der abfassung der artikel war mir gesetz:

VORREDE. IX

darum wählte ich aus den volksmundarien meist nur unmittelbar zum ziele führendes; darum vermied ich, den Ursprung des aufgestellten etymons, so wie, vorwärts gewandt, die Verbreitung des romanischen abbüdes über fremdes gebiet su verfolgen; darum berichtete ich nicht über alle vorge- brachten meinungen; daß ich seichten erklärungsversuchen die thüre schloß, versteht sich*).

Die emtheüung des Stoffes wird man. billigen. Es kam darauf an, schon, in der äußeren einrichtung zu einer tyaren Übersicht desselben zu gelangen. Zu diesem zwecke mußten zwei theile gebildet werden. Der erste umfaßt ziemlich vollständig den gesammt- oder gemeinromanischen d. h. den auf allen drei gebieten, dem italienischen, dem spanisch-portu- giesischen und dem provenzalisch-französischen, ja selbst den auf nur zweien derselben einheimischen sprachstoff, in der reget wenigstens sofern dieser den neueren Schriftsprachen angehört. Der italienischen räumte ich in den einzelnen artikeln den vortritt ein, wozu sie tiire heimath und ihr genauerer anschluß an die lateinische berechtigte; selbst wo sie sich weiter von der urform entfernt als die schwestersprachen, konnte nicht füglich vom prineip abgewichen werden. Oder war es nicht rathsamer das mittel- lateinische alle andern umfassende wort voranzustellen? Allein das mittel- latein ist selbst vielformig und konnte nicht anders sein: sollten aber die von manchen und notarm geschaffenen sprachformen der volksüblichen rede den weg zeigen? Mit diesem mittellatein läßt sich viel unfug treiben. In den früheren Jahrhunderten, als die Volkssprachen der lateinischen näher standen, ist es allerdings eine für die Wortforschung höchst wichtige quelle, weil es reine formen gewährt. Seitdem aber jene sprachen selbst in schrift auftraten, kann die Wissenschaft es fast entbehren, ja sie muß es nicht selten von sich stoßen. Wie ungeschickt man seit dem zwölften Jahrhundert latinisierte, davon reden beispide wie sessicare = altfr. Bescher; gordns = altfr. gort, lat. gurges ; hommagium = altfr. hommage d. i. hominaticum. Welch ein falsches bild gibt bos8a = /r. bosse; grasales^r. grazal, wo- für bocia, gradale zu erwarten war! Der zweite theü enthält den jedem der drei gebiete ausschließlich eignen sprachstoff **). In dem dritten dieser gebiete habe ich, nicht ohne einiges bedenken, die französische form als die bekannteste der provenzalischen voranzustellen mir erlaubt, um das nach- schlagen zu erleichtern. Der walachischen in der fremde erzogenen, mit den übrigen nicht aufgewachsenen tochter der römischen mutter habe ich

*) Ich bemerke hier noch: um nicht mit formen zu ermüden, habe ich im L theile die port. form, wenn sie der span. gang nahe lag, häufig unterdrückt; seltner die prov., da diese zugleich das höhere alter eines Wortes bezeugt.

**) Von den zahlreichen arabischen Wörtern im span. und port. konnte nur eine auswahl aufgenommen werden. Sie sind mit latein. buchstaben geschrieben und zur beglaubigung aus Crohns9 oder Freytag1 8 Wörterbüchern nachgewiesen.

X VORREDE.

*

keine eigne stelle eingeräumt, sie nur zur vergleichung zugelassen, nicht anders die churwälsche. Die volksmundarten bieten der forschung ein unschätzbares, nie zu erschöpfendes material, welches häufig Über buch- stabenverhältnisse und begriffsentwicklung Überraschenden aufschluß gibt: ich habe sie daher Überall zu raihe gezogen, so weit die mir gestatteten hülfsmittd ausreichten, ihnen auch zuweilen beispiels halber kleine artikel vergönnt Schade, daß wir nicht über recht viele derselben so einsichtige und gewissenhafte Untersuchungen besitzen wie über die wallonische. Durch die bemerkte Zerlegung des Stoffes wird auf den ersten blick klar, was alle gemeinschaftlich besitzen, größtentheils das alte römische erbtheil, und was jede noch besonders sich angeeignet hat; nur darf ich nicht unbe- merkt lassen, daß ich die französische als die uns am nächsten liegende vor den andern, wenigstens der spanischen, begünstigt habe. Von diesem partiellen eigenthume der sprachen sind freilich viele der aufgenommenen artikel als gesammtromanisclie abzurechnen, welche nicht wohl in die erste abtheilung paßten, weil ihre etymologie in den übrigen sprachen auf der hand lag. So schien z. b. das lat. apium (sp. apio, it. appioj in seiner franz. form ache fremdartig genug, um in der partiell franz. abtheilung eine stelle zu finden. Kleine inconsequenzen in der vertheilung der Wörter mögen vorkommen, sie werden dem ganzen wenig schaden: das register bürgt zuletzt für alles. Eine größere inconsequenz wird man vielleicht darin finden, daß zietnlich regellos hier ein verbum, dort ein notnen an der spitze eines artikels steht. Es ist in der that oft schwer zu sagen, welche der beiden Wortarten als die primitive anzunehmen sei. Gewöhnlich wird dies durch die etymologie entschieden, in andern fällen wird es nicht zu kühn sein, sich in einer sachc von so geringer bedeutung durch das gcfüfä leiten zu lassen.

Über die unlateinischen demente in den neuen sprachen habe ich mich vor jähren ausführlich geäußert und finde an meiner damaligen auf- fassung der sache nichts wesentliches zu ändern. Richten wir aber noch- mals den blick auf die Ursprachen, um etwaigen charakterzügen oder resten derselben in den einzelnen gebieten auf die spur zu kommen.

Für die kenntnis der italischen Ursprachen sind in neuerer zeit wieder bedeutende denkmäler aris licht gezogen und der bau jener sprachen so wie ihr Stammverhältnis zum latein sorgfältig erörtert worden. Die wichtigste der unteritalischen durch höhlere ausbildung, längere dauer und durch grösseren umfang ihrer Überreste ist ohne zweifei die pskische. Ver- gleicht man sie nun mit der italienischen, so verräth diese nicht das ge- ringste von den lautgesetzen der ersteren. Die oskische abneigung vor der assimilation der consonanten ist grade das gegentheil des lateinischen im italienischen noch weiter ausgebildeten Verfahrens. Man )iat den oskischen

VORREDE. XI

gebrauch, gewissen vocalen ein i vorzusetzen wohl mit einem ähnlichen neapolitanischen verglichen, gewiß aber nicht in der Voraussetzung eines historischen Zusammenhanges, um so weniger als der neap. gebrauch unter einen andern gesichtspunct, den der diphthongierung zu stellen ist, die sich übrigens ganz auf den vocal e beschränkt. Als ein bedeutsamerer beriihrungspunct dürfte die osJcische neigung, tenuis in media zu verwandeln, bemerkt werden, aber auch hieraus würde sich keine folgerung für das italienische ziehen lassen. Jene neigung ist gemeinromanisch, hat in den verschwisterten mundarten noch weit stärker eingegriffen und läßt eine tiefere nicht bloß durch berührung mit einer nachbarsprache geweckte an- läge vermuthen. Doch sind solche gemeinsame züge, welche verschiedene sprachen auf einem und demselben boden zu erkennen geben, der erwähnung nicht unwerth, und so möge denn auch noch an den umbrischen und vols- kischen Wegfall des flexivischen t in der conjugation (habia = habeat) er- innert werden. Von der etruskischen spräche aber darf man völlig absehen: was man fast nur aus eigennamen Über ihre stammesart und über ihren bau weiß oder vermuthet, findet auf dem ganzen römischen gebiete keinen anklang. Diese abwesenheit oder dieses nur in leichten und zweifelhaften spuren hervortretende dasein grammatischer züge der altitalischen idiome in der römischen Volkssprache, soweit die vorhandenen mundarten auf deren gestalt zu schließen berechtigen, hindert indessen nicht, das ganz, naturgemässe eindringen zahlreicher provincialismen aus den untergegangenen idiomen in dieselbe anzunehmen, ja diese annähme ist eine durch die läge der sache gebotene, da sie allein den zufluß heterogener im italienischen enthaltener, in keiner der angränzenden sprachen vorfindlicher demente zu erklären vermag. Nachweislich sind diese demente freilich nicht mehr, da die Wörterbücher der untergegangenen sprachen fehlen. Ungeachtet des einflusses dieser altitalischen demente ist die italienische spräche unzweifel- haft unter den romanischen die am wenigsten gemischte. Dies gilt aber nur von den mittleren dialecten, welche das lateinische erbtheil am reinsten in sich begreifen. Die südlichen lassen manches griechische und einiges arabische erkennen, das den andern abgeht. Durchmustert man aber, über die gränzen des alten Italiens hinausgehend, die nördlichen, die cisalpi- nischen mundarten, so glaubt man sich in eine andre weit versetzt: in dieser weiten landschaß, zumal in der großen ebene zwischen den Alpen und dem Po, hol die gewaltige römersprache die volksmundarten nicht be- wältigen, sich des einflusses andringender barbarensprachen nicht erwehren können. Der zufluß deutscher, zum theil recht merkwürdiger Wörter kann hier nicht überraschen; wer aber celtische reste von einiger erheblichkeit erwartet, wird sich bald getäuscht sehen: das gesammte italienische gebiet möchte deren nur wenige aufweisen, die Schriftsprache enthält vielleicht nicht ein einziges wort dieses Stammes, welches sich nicht auch im proven-

XII VORREDE.

edlischen oder französischen vorfände. Eine sorgfältige etymologische Untersuchung besonders der zunächst an den Alpen oder in denselben liegenden dialecte würde der Sprachgeschichte reichlichen gewinn zuführen: Monti's comaskisches Wörterbuch liefert für einen (heil derselben schon ein treffliches material, das in Verbindung mit dem ertrage churwälscher und andrer Wörtersammlungen die linguistische Bedeutsamkeit jener dialecte hinlänglich übersehen läßt

Wenn in Italien die alten landessprachen so weit ausgerottet wurden, daß keine von ihnen in ihrem selbständigen dasein auch nur das Au- gustische Zeitalter erreichte, so lebt in Spanien die iberische Ursprache dagegen bis auf den heutigen tag im baskischen fort. Aber auch diese Sprache kann Zeugnis ablegen, wie weit die zerstörende gewalt der römischen sich erstreckte, da wo es galt eine nationalität zu vertilgen. Denn daß es jener gelang, in einer entlegenen gebirgsgegend ihr dasein fortzusetzen, sagt wenig gegen die allgemeine niederlage. Man weiß, daß schon Sträbo (3, 2 extr.) den Turdetatiern, einem gebildeten südspanischen volke, das eine einheimische litteratttr aufweisen konnte, den gänzlichen Umtausch ihrer spräche gegen die lateinische nachrühmt; dass der spätere Columdla viele provincialismen des bereits über das platte land der halbinsel verbreiteten lateins anführt; daß aber auch andrerseits Cicero (de divin. 2, 64) des daseins einer hispanischen spräche gedenkt; und daß nach Tacitus (annal. 4, 45) ein landmann aus dem diesseitigen Spanien vor gerieht die spräche seiner väter redete. Aber seit der erwerbung der römischen civität wurden die spanischen Völkerschaften wie die italischen sehr bald in Römer ver- wandelt. Sehen wir jedoch näher zu, ob sich in der spanischen mundart nicht noch irgend ein baskischer zug entdecken läßt. Als einen solchen führt Larramendi in seiner grammatik (p. 10. 11) die mit der endung ez gebildeten patronymica an, Rodrigo Rodriguez, Fernando Fernandez nach dem bask. berun blei, berunöz von blei. Aber verdacht gegen diesen Ur- sprung erregt die von seinem Verfechter selbst eingestandene thatsache, daß sich die Basken dieser form für patronymica nicht einmal bedienen, daß sie z. b. Manuel de Garagorri sagen statt Garagorriez. Vielmehr scheint ez, ursprünglicher ix, nichts anders als die gofhische genitivendung ig, wobei filius zu supplieren: Roderiquiz in Urkunden, später Rodriguez ist = goth. Hröthareikis, Fredinandiz Fernandez = goth. Frithanantis. Diese endung wird denn auch auf unpassende fälle angewandt: statt Flori, Fortuna, Pelagii, Petri, Sanctii sprach man Floris Florez, For- tunez, Pelaez, Perez, Sanchez, genau wie man in den tagnamen die genitive Miercoles = Mercurii, Lunes = Lunae (dies) der grammatik abtrotzte. Was Larramendi sonst noch hervorhebt, das ableitungssufßx eria (sp. porqu-eria von puerco = bask. ero-querfa von erö, p. 262), oder in der conjugation die Umschreibung mit habere (p. 48), zerrinnt von selbst in

VORREDE. XIII

nichts. Sollte aber das span. lautsystem, vornehmlich da wo es sich vom lateinischen oder dem der schwestersprachen lossagt, nichts vom iberischen Charakter verrathen? Zu vergleichungen sind hier besonders die lippen- buchstaben geeignet. Anlautendes lat. p wird im baskischen nicht selten zu b (botherea = sp. poder, lat. posse) und dies ist ganz unspanisch. Der Baske hat eine nicht zu verkennende scheu vor dem f ; nicht so der Spa- nier, wenigstens ist die ihm eigene Verwandlung des anlautenden f in h etwas später entwickeltes, seiner ältesten spräche noch fremdes. V fehlt dem Basken gänzlich: seine stelle versieht b, ja selbst m, letzterer Über- gang dem Spanier ganz unbekannt. Das unlateinische im spanischen ein- heimische ch ist allerdings auch ein sehr üblicher baskischer laut, der aber etymologisch mit dem spanischen buchstaben wenig berührung hat, indem er häufig spanischem g, c, z, j, x entspricht; auch haben die schwester- sprachen ihn eben so wohl entwickelt. Doch wäre es nicht unwichtig zu wissen, ob dieses polatale ch nebst ts, z, tz, wie Humboldt voraussetzt, wirklich alte iberische laute gewesen: darüber konnte erst die entzifferung des einheimischen alphabetes aufschlug bringen. Ein andrer unlateinischer laut, das aspirierte g oder j, fehlt im baskischen, dafür sieht y (sprich wie itai. j), d. h. die spräche beharrte bei dem erweichten oder halbvoca- tischen g, woraus, wie aus dem latein. j, die span. ausspräche nachher eine aspirata machte (Born. gr. i*, 268 9), z. b. bask. yendea = sp. gente. Ohne mühe lassen sich noch andre nicht minder scharfe Wider- sprüche in beiden sprachen auffinden, z. b. das im baskischen vor anlau- tendem t vorschlagende a oder e (arraza = sp. raza, erribera = ribera). Dagegen treffen sie zusammen in dem ganz unlateinischen gebrauche, das anlautende s impurum auf ein vor gefügtes e zu stützen; auch darf noch ein punct, worin sie sich beide zu begegnen scheinen, erwähnt werden. Der Baske, dem zusammentreffen von consonanten überhaupt nicht hold, schiebt gerne zwischen muta und r oder auch zwischen muta und 1 einen vocal ein: apirilla (aprilis), guiristinoa (sp. cristiano), liburua (libro), khumtzea (crutz), poroganza (probanza), pulumpatu (pr. plombar). Das- selbe thut auch der Spanier und Portugiese, z. b. sp. engarrafar (für engarfar), taragona (draco), pg. caranquejo (pr. cranc), bara$a (bra^a), coro^a (croca), sp. coronica (chronica), pg. gurumete (neben grumete) gurupa (neben grupaj, sp. filibote (neben flibotej u. dgl.; doch ist dabei nicht unbemerkt zu lassen, daß auch andern roman. mundarten dies aus- einanderhalten der consonanten nicht fremd ist, wenn sie auch einen mäßigeren gebrauch davon machen, überblickt man solche thatsachen, so wird man sich überzeugen müssen, daß sich unter dem eisernen joche der latein. spräche von den naturanlagen oder den grammatischen eigenheiten der iberischen in der spanischen wenig hat behaupten können. Nicht ein- mal läßt sich eine irgend erhebliche anzahl baskischer Wörter in den an-

XIV VORREDE.

grunzenden rotnan. sprachen nachweisen: sie werden sich, manche zweifel- hafte mitgerechnet, noch nicht auf hundert belaufen. Freilich ist dies nur der ertrag einer bloß auf die Oberfläche gerichteten prüfung; ihn zu ver- mehren, wird dem tiefer eindringenden äuge des kenners sicher gelingen. Ohne zweifei aber hat das von fremden sprachen eingeengte baskische gebiet einen großen theil seines alten Wortschatzes eingebüßt. Eben darum ist die Untersuchung des Span, sprachstoffes so schwierig. Wörter baskischen Ursprungs hat unter andern Larramendi in großer zahl zusammengetragen und gedeutet. Seine deutungen aus aneinandergefügten oft unscheinbaren dementen rechtfertigt allerdings die natur der baskischen spräche; wenn aber aus dieser Zergliederung ein dem warte nicht wesentlich zukommendes merkmal hervorgeht, so können sie höchstens nur auf den ersten blick täuschen. Span, lona heißt Segeltuch, vom bask. lo-ona d. i. guter schlaf, weil es sich zu zelten eignet, und in zelten schläft sichs gut. Solcher etymologien finden sich hunderte bei ihm. Ich habe indessen aus seinem Verzeichnis, mit wenigen ausnahmen, alles was mir auch nur leidlich haltbar schien, in gegenwärtiges buch eingetragen. Wichtig ist hier die frage: soll man alle spanische Wörter, die man außerdem nur in jener Ursprache bemerld, daraus herleiten? Soll man letztere in so weit gleich- stellen mit der arabischen oder deutschen? Mir scheint bei der starken mischung des baskischen mit romanischem die baskische herkunft eines Wortes nur da annehmbar, wo .sich seine ursprünglichkeit auf diesem boden nachweisen läßt, eine f orderung, welche auf die nicht romanisch versetzten sprachen keine anwendung findet. Aber wo dieser forderung genüge ge- schieht, mag der baskische Ursprung bei partiell spanischen Wörtern dem gothischen vorangehn, nicht eben dem arabischen. Wie kommt es aber, daß so viele baskische im spanischen vorhandene Wörter, fast zwei drittel von allen, dem Portugiesen fehlen, ohne daß er eines ähnlichen Schatzes ihm ausschließend eigner Wörter aus jener spräche sich rühmen kann? Waren die Iberier, wie auch Humboldt in seinen Untersuchungen über die urbewohner des landes feststellt, in Lusitanien weniger verbreitet, so daß ihre spräche daselbst einen geringeren eindruck zurückließ, oder drangen jene Wörter erst später aus dem baskischen in das nahe spanische gebiet ein, ohne das entlegenere portugiesische gebiet zu erreichen?

Die wichtigste der Ursprachen Frankreichs ist die celtische. Ich habe, als ich die bestandtheile der romanischen sprachen untersuchte, dem cellischen demente wenigstens nach allgemeiner Schätzung sein recht wider- fahren zu lassen mich bemüht und die zweifei an seinem Vorhandensein bestritten; ein genaueres eingehn in die sache durfte ich mir bei mangelnden Vorstudien nicht erlauben. Seit jener zeit aber sind wir durch eindringliche forschung über den grammatischen bau und zumal über den Zusammenhang der celtischen sprachen mit den indo-germanischen besser aufgeklärt worden

VORREDE. XV

und diese beobachtungen dürfen auch an der romanischen etymologie nicht ohne erfolg vorübergehn. Das Stammverhältnis der neueren celtischen Völker, der Iren, Gaden, Kymren und Bretonen zu den alten wird von den ge- schichtschreibern zwar sehr verschieden und oft in ganz entgegengesetztem sinne beurtheilt; wie aber diese fragen einst gelöst werden mögen, für die beurtheilung des celtischen dementes in den aus dem latein entstandenen sprachen scheint diese lösung nicht von großem belang. So viel darf als thatsache, gewiß keine unerhebliche, ausgesprochen werden, daß die franz. und prov. spräche, auf die es hier am meisten ankommt, der kymrischen naher stehen als der irisch- gaelischen sowohl in betreff der menge als auch der gestalt der dem celtischen und romanischen gebiete gemeinsamen Wörter. Auch die westromanische scheu vor anlautendem s impurum findet sich nur in dem kymr. zweige wieder. Manches gewährt die bretonische mund- art, was die übrigen verweigern, und wohl darf man acht celiisches, vielleicht selbst altgdllisches, darunter vermuthen, allein die erstaunliche mischung derselben mit französisch macht diese quelle, wo sie für sich allein fließt, für die kritische etymologie fast unbrauchbar, fast nur zur verglekhung noch tauglich. Dagegen vergönnt diese mundart der roman. Sprachforschung einen andern vortheil, der den etymologischen wohl noch überwiegen dürfte: sie ist nicht allein eine fundgrübe altfranzösischer Wörter und bedeutungen, sie liefert auch zur geschickte der französischen ausspräche schätzbare aufUärungen.

Die art des Übertrittes aus der celtischen in die romanische sprach- form hat nichts besonderes, so weit sich bei der geringfügigkeit des Stoffes bestimmte gesetze aufstellen lassen. Das was dem etymologen manches bedenken macht, ist die collision des celtischen Stoffes mit dem germanischen, und hierüber jemals ganz ins reine zu kommen d. h. zu bestimmen, welcher von beiden Sprachfamilien der Romane ein in beiden vorhandenes wort zunächst schulde, ist kaum zu hoffen. Doch gilt dies nur in einzelnen fällen, denn nicht selten läßt sich aus inneren oder äußeren gründen die frage zum vortheil der einen oder der andern dieser sprachfamüien ent- scheiden. So wird man bei gleichen formdien ansprüchen ausdrücke für naturgegenstände als alteinheimische lieber zum celtischen als zum germa- nischen demente rechnen. Die Verbreitung eines Wortes durch mehrere sprachen des einen gebietes gegenüber dem vorkommen desselben in einer dnzdnen spräche des andern wird für seine ursprünglichkeit in dem ersteren Zeugnis ablegen, wo nicht besondere anzeichen für das umgekehrte Verhältnis sprechen. Entscheidender aber sind gewisse formelle kennzeichen, wie denn die form dem etymologen überall den sichersten, von subjectiver auffassung unabhängigsten anhält bietet. Solche kennzeichen liegen unter andern in einzdnen spuren der deutschen lautver Schiebung, wenn z. b. das itcd. tetta auch citta, cizza lautet, cdtisch aber nur teth. Sodann in dem

XVI VORREDE.

deutschen ableitenden i oder j mancher Wörter, wie itcd. boriare, althochd. burgan, altgael. aber schlechtweg bor. Wo es aber an allen inneren und äußeren henneeichen gebricht, da ist in betracht des unverhältnismäßigen übergewichtes der deutschen besfanätheüe die Wahrscheinlichkeit für diese spräche, für die celtische nur die möglichkeit. Dieses übergewicht des deutschen dementes über das alteinheimische ist eine unläugbare thatsache und jedes sträuben gegen seine anerkennung eine thorheit. Wahrlieh, die Römer müssen reine arbeit gemacht haben, als germanische Völker sich in Gallien festsetzten! Es wird kaum übertrieben sein, wenn man behauptet, daß der einzige buchstabe H im französischen nicht viel weniger deutsche als alle buchstaben zusammengenommen celtische Wörter in sich begreifen. Erinnert man sich freilich des umstandes, daß die Franken mitten unter den Romanen ein halbes Jahrtausend hindurch die spräche ihrer väter fortredeten, daß in demselben maße wie die deutschen Wörter im franzö- sischen zunahmen, die ceitischen abnehmen mußten, denn jede spräche sucht sich ihres Überflusses zu entledigen, so erklärt sich diese er scheinung auf die natürlichste weise.

Sollte es aber auch dieser Ursprache nicht gelungen sein wenigstens ein fünkchen ihres geistes im französischen fortglimmen zu sehen? Es mangelt in der that nicht an zusammentreffenden zügen. So das genus, welches in beiden sprachen nur zweierlei ist, männlich und weiblich, früher dreierlei war. Aber der Untergang des neutralen geschlechtes im fran- zösischen ist sicher älter als im ceitischen und zum theil von andern um- ständen begleitet, indem dort zahlreiche neutra in ihrer pluralform zum feminin, hier alle zum masculin übertraten. Giengen doch auch die ver- schwisterten mundarten denselben weg ohne rücksieht auf die sitte altein- heimischer oder später eingebrachter sprachen: überall ward das masculin und feminin festgehalten, das neutrum aufgegeben. Nicht anders wird es sich mit einem andern gemeinschaftlichen zuge, der präposüionalen decli- nation, verhalten. Selbst die altfranz. oder prov. Unterscheidung des casus rectus und oHiquus (nom. sg. amic-g, acc. amic, pl. amic, acc. amic-sj, worin man einen wiederschein der gadischen einrichtung (nom. sg. bard, gen. baird, nom. pl. baird, gen. bard) zu erblicken glaubt, schmiegt sich innig an das lat. Verhältnis, so daß sie sich gar wohl ohne äußere ein- wirkung entwickelt haben kann, wie denn auch die gaelische einrichtung in einem erheblichen puncte von der romanischen abweicht, da sie den dativ sing, dem nominativ gleichbildet. Offenbar celtisch aber ist im französischen das zählen mit zwanzigen, welches neben der lateinischen methode in an- Wendung blieb: altfranz. treiö yinz (60), treis vinz e dis (70) u. s. f. Auch scheinen in der syntax einige celtische spuren durchzublicken: an eine fremde Wortfügung, wobei es auf eine völlige verläugnung des ein- gesogenen Sprachgefühles ankommt, gewöhnt man sich minder leicht als an

VORREDE. XVII

fremde Wörter und flexionen. Dahin dürfte man etwa rechnen, daß es im hymrischen dem genitiv vergönnt ist, ohne präposition hinter dem regierenden nomen platz zu nehmen wie im franz. hötel dien; daß, gleich- falls im hymrischen, das possessive Verhältnis eines Substantivs durch die präp. i = roman. a = engl, to bezeichnet wird wie im cdtfranz. la gent an roi, engl, servant to bis master; daß im gaelischen die Bedeutung ge- wisser adjectiva durch ihre Stellung vor oder hinter dem Substantiv bedingt ist wie im franz. hoimSte homme und homme honnete; daß daselbst gleichnamige personen durch cardinalzahlen unterschieden werden wie im franz. Henri qnatre ; und wieviel der Meinen züge sonst noch sein mögen, auf die man sich hier berufen könnte.

Aber edles was fremde sprachen beigetragen haben, wiegt noch nicht den zehnten theil des lateinischen bestandtheiles auf. Ihm fallen fast sämnUliche grammatische Wörter (partikeln, pronomina), ohne die es kaum möglich ist auch nur einen salz zu sprechen, ihm die wichtigsten begriffe zu, die das leibliche und geistige leben berühren. Darum ist dem Romanen latein gleichbedeutend mit spräche, mundart, und lateinisch gleichbedeutend mit deutlich, leicht, bequem. Bei weitem die meisten stamme der alten spräche behaupteten sich in der neuen, und um den vertust zu ersetzen, spalteten sich viele Wörter in mehrere formen mit eignen bedeutungen, welche die stelle selbständiger Wörter einnahmen. Daß diesem bestandtheüe sein recht gewahrt werde, gehört zu den grundsätzen der romanischen Wortforschung: unfehlbar wird demselben bei aufmerksamer Beobachtung noch manches miskannte wort wieder zugeführt, manches neue gewonnen werden. Dazu muß man alle quellen der lateinischen spräche benutzen, denn die roma- nische birgt mehr dÜerthümtiches oder verschollenes in sich, als man ihr obenhin angesehen zutrauen möchte (man lese Potts inhaltreiche abhandlung Plattlateinisch und romanisch), und in so fern kann sie auch der latei- nischen Sprachkunde, was von den pflegern derselben noch nicht in rechtem maße erkannt worden, hülfreiche hand leisten.

Einige gegenstände von praktischem belang lassen sich besser hier als in dem wörterbuche selbst anbringen.

Die etymologie hat ihre wissenschaftliche grundlage in der lautlehre: bei jedem schritte, den der etymologe thut, muß er sie im sinne haben. Es kommt indessen vor, daß die spräche in der büdung oder ausprägung der Wörter von ihren eigenen gesetzen abweicht und sich ganz von dem gefühle des Wohllautes oder der Zweckmäßigkeit leiten läßt, indem sie z. b. die Wiederholung eines buchstabens entweder meidet oder herbeiführt, oder indem sie verwandte begriffe formell zu nähern, unverwandte oder weniger verwandte zu trennen sucht. Diese kleinen gefühlsäußerungen der spräche kann die lauÜehre allenfalls unberührt lassen, sie fällen aber recht eigent- lich der etymologie anheim und dürfen hier nicht unerwähnt bleiben. Es

B

XVffi VORREDE.

sind hauptsächlich folgende. 1) Assimilation getrennter conso- nant en. Sie setzt die Organenverwandten (zuweilen selbst unverwandten) anlaute zweier auf einander folgenden silben gleich, z. b. it. Giciglia für Siciglia, fr. chercher für cercher, picard. chorchier für sorchier (fr. sorcierj, champ. chouche für souche, sp. salchicha für salsicha, aUcat. xixanta für sixanta, it. zezzo für sezzo, pipistrello für vipistrello, fan- faluca für panfaluca, sp. nono für nono, limous. mamela für lamela, neupr. founfoni für symfoni. 2) Dissimilation (Potfs Forschungen II, 66 ff.). Vermöge derselben wird ein consonant, der sich in einer der folgenden silben wiederholt, in einen andern desselben Organs umgesetzt: it. veleno für veneno, fr. nomble für lomble, pr. namela für lamela, it. pelle- grino für peregrino, fr. flairer für frairer, sp. sastre für sartre, altfr. varvassor für vasvassor, veron. lolpo für polpo, fr. vague für gague und zahlreiche andre. Die Verwandlung trifft zuweilen auch den zweiten consonant en: it. filomen»/ur filomela, fr. crible für cribre, gencive für gengive. Nicht selten muß einer der anstößigen consonanten weichen, gewöhnlich der erste: sp. postrar für prostar, pr. penre für prenre, ital. cavicchia für chiavicchia (ch = cl), fr. foible für floible, it. ghiado für ghiadio (i = l), sp. cribar für cribrar. 3) Vereinfachung schein- barer reduplication. Auf die unter 1. bemerkte weise entsteht für das gehör eine art reduplication. Dagegen wird, wenn die erste und zweite silbe eines Wortes mit demselben consonanten anheben, worauf derselbe vocal folgt, die erste sübe als ob sie eine unnütze reduplication wäre, zu- weilen abgestoßen: it. cenno wohl von cincinnus, zirlare von zinzilulare, neap. tellecare von titillicare, fr. gourde von Cucurbita, pr. paver von papaver, ähnlich sp. Santa Cilia (ortsname) von Sancta Caecilia. Die der spraclie der kinder abgelernte getnination (fr. bobo, dodo) hat nur in volksmuhdarten würzet gefaßt. 4) Auch die vocale unterliegen eupho- nischen eintoirkungen. Beachtenswerth für die etymologie ist die begün- stigung des a in erster unbetonter silbe in der art, daß e und i häufig in diesen vocal verwandelt werden. Es geschieht dies am liebsten, wenn die betonte zweite silbe ein a enthält, aber auch ohne dies oft genug. Einige beispide sind: it. baleno, bardosso, ciascuno, danaro, ganascia, guareuto (alt), lattovaro, laveggio, magrana, marangone, inaraviglia, margotto, marmaglia, racchetta, salvaggio, sampogna, tanaglia, taradore, tramaglio. Am häufigsten kommt dies vor im franz., welches sonst a in e zu schwächen geneigt ist: balance, barlong, barette, calandre, carcan, carmin, chacun, craanter (alt), cravanter (alt), dauphin, falaise, farouche, garant, garou, ganache, jaloux, marchand, marcotte, panacke, paresse, rangon, raquette, sarcelle, sauvage, tarin, tariere, tramail u. dergl. 6) Ein andrer dieser züge ist die anbüdung} vermöge welcher ein wort} sei es nun ein vorhandenes oder ein erst zu schaffendes, einem andern,

VORREDE. XIX

begriffsverwandten in seiner gestalt angenähert, gewöhnlich in seiner endung gleichgesetzt wird. So ist alt fr. octembre gebildet nach septembre, no- vembre, decembre, fr. mensonge nach chalonge, chapuiser nach menuiser, ältfr. boisdie nach voisdie, it. böffice nach söffice, sdrucire nach cu- cire, neap. Carella (Carybdis) nach Scella (Scylla). Ital. greve ist eine anbildung an seinen gegensatz leve, pria mit seinem a an poscia. 6) Durch mischung der stamme einigen sich zuweilen zwei begriffsver- wandte in einem und demselben warte, es wird gewissermaßen ein reis auf einen fremden stamm geimpft. An fr. rame z. b. haben remutf und ramus theil ; an selon secundum Und longum, an haut altus und unser hoch, an refuser sowohl recusare wie refutare, an it. carcame sowohl arcsftne wie carcasso. - 7) Wie in dem letzten feile zwei Wörter in eins zusammen- fließen, so kann auch um der begriffsunterscheidung wüten, ohne rücksicht auf die lautregel, ein wort in zwei auseinandergehe z. b. it. manco mangelhaft, monco verstümmelt, beide von maneus; rifutare widerlegen, rifiutare verschmähen, von refutare ; sp. calar niederlassen, eallar schweigen, von yaXtfv; fr. däsigner anzeigen, dessiner zeichnen, von designare. Weit häufiger geschieht dies vermittelst erlaubter formveränderungen wie im it. rio schlimm, neben reo schuldig, pesare wägen, neben pensare denken. Eine andre art dieser scheideformen ist, wenn ein wort, um nicht mit einem andern, gleichlautenden zusammenzufallen, eine mehr oder weniger starke formveränderung annimmt: so it. pioppo von pöpulus pappd, wegen popolo volk; melo von malus apfelbaum, wegen malus böse; pigliare nehmen, von pilare, wegen pillare stampfen, von plla; sp. cerrar schließen, von sera, wegen serrar sägen, von serra; pr. monestar mahnen, von monitare, wegen raontar steigen, von mons; fr. ätang teich, von stagnum, wegen 6tain zinn, vom altlat. stagnum. 8) Nicht selten wird ein in seinen Bestandteilen unverständliches wort durch theilweise ver- tauschung oder Übersetzung mit einem ähnlichen romanischen gedeutet, ein sinnreiches mittel fremdlinge ganz heimisch zu machen. Beispiele dieser umdeutung sind: it. battifredo, badalisco, guiderdone, Gibilterra (Gi- braltar), malvagio, sp. malenconico, it. manovaldo, altfr. mainbournir, candelarbre, nfr. choucroute, orange, worin man leicht die mit battere, badare, dono, terra, male, mano, arbre, chou, or vollzogene umdeutung erkennt. Im fr. main de gloire (für mandegliere aus mandragora) be- schränkt sich die umdeutung nicht auf einen theil des wortes. Span. Sierra morena (schwarzes gebirge) soll aus mons Marianus abgeändert sein. Be- kannt sind Longobardus und baccalaureus.

Dem naturausdruck als bildungsmittel der neuen spräche ist kein zu weites fdä einzuräumen: manches wort, das man auf diesem wege ent- standen wähnt, kann sich noch als Sprößling eines alten Stammes aus- weisen. Doch hat dieses mächtige bildungsmittel hier, wie überall, reichlich

XX VORREDE.

gewuchert und seine fruchte können ihre Herkunft so wenig verläugnen, daß mir ihre vollständige aufnähme überflüssig schien. Viele dieser natur- producte lassen sich mit ähnlichen in fremden sprachen zusammenstellen, aber nicht mit Sicherheit daraus herleiten.

Es wären noch manche für die etymologie nicht gleichgültige beob- achtungen zur spräche zu bringen. Da sie aber alle in das gebiet der grammatik gehören, so lasse ich sie hier unberührt; nur einigen dringenden fragen aus der Wortbildung kann ich die erwägung auch an dieser stelle nicht versagen. Die latein. spräche sieht unbedenklich adjectiva aus verbal- stammen durch bloße anfügung nominaler suffixe: fidus, parcus, vivus, congruas entstehen aus fidere, parcere, vivere, congruere. Rom. gramm. [1. ausg.] II, 235 hatte ich diesen Vorgang in den neuen sprachen als einen höchst seltenen zugelassen: er ist aber gar nicht einzuräumen: die spräche erfreut sich eines solchen Überflusses ausdrucksvoller adjectiv- suffixe, daß sie neuen bildungen jener art ganz entsagen durfte. Allerdings gibt es mehrere romanische adjectiva, die sich zu verbis zu verhalten scheinen wie die eben genannten lateinischen. Es sind etwa folgende: sp. furo, verbum lat. furere; it. folle, fr. fou, vb. lat. follere; pr. clin, vb. clinare; fr. mundartl. gonfle, vb. gonfler; fr. morne, vb. goth. maür- nan. Furo und folle lassen sich von den Substantiven für und follis her- leiten; clin und gonfle sind abgekürzte participien = it. chino, gonfio; für morne endlich wird man ein deutsches adjectiv muthmaßen dürfen. Etwas bedenklicher ist eine andre, ganz verwandte frage. Werden substantiva persönlicher bedeutung auf eine eben so einfache art, ohne syllabisches sufßx, aus verbis gezogen wie substantiva sächlicher bedeutung? Die latein. spräche ist mit solchen bildungen sehr sparsam: scriba, coquus, dux, rex sind beispiele, andre bemerkt man in cofnpositis. Es ist der mühe werth, die romanischen falle, die eine solche entstehung zu fordern scheinen, mit einiger Vollständigkeit zusammenzustellen. Masculina sind it. furbo, vb. forbire ; it. mundartl. lecco, vb. leccare ; it. allievo, fr. 61eve, vb. allevare, elevare; sp. trasgo, vb. trasegar; fr. juge, vb. jnger. Furbo und lecco können in gleichlautenden ahd. Substantiven ihren grund haben; allievo und 61dve verhalten sich nach ihrer bedeutung mehr wie sächliche als persönliche Wörter und dürfen darum beseitigt werden; trasgo ist zweifelhaft, da trasiego zu erwarten stand; unläugbar aber ist juge, das jedoch nicht ohne grund aus juger gezogen ward, s. IL c. Was die aus verbis gezogenen masculina auf a betrifft, so hatten sie früher wohl eine rem sächliche bedeutung und wurden nachher auf personen übertragen, wie das nicht verbale boja die bedeutungen fessel und henker ausdrückt: so denn auch sp. boga rüderer, von boga, in derselben bedeutung auch feminin (eigentl. rüder, wiepg. voga), so it. spfzzeca knicker (hneipzange?) von pizzicare; bei andern wie sp. farfulla Stammler, von farfullar, pg.

VORREDE. XXI

beberrica trinket, von beberricar, ist dies weniger ersichtlich. Die aus verbis gezogenen feminina sind ursprünglich abstracta gewesen und in concrete persönliche bedeutung übergetreten: so it. ascolta schildwache (aufhorchung), scorta begleiter (begleitung), pr. bada Wächter (obacht), uca ausrufer (ausruft crida schreiet (schrei), it. gonfia glasmacher (auf- blasung); bei it. trecca höfierweib, vb. treceare betrügen, mag diese be- griffsenttcicklung zweifelhafter sein. Aus dem allem ergibt sich aber doch die ungewißhext dieser ableitungen, mit deren annähme also der etymologe vorsichtig verfahren muß. Bonn im juli 1853.

II. In der vorliegenden zweiten ausgäbe habe ich einen großen theil der in der ersten enthaltenen artikel einer neuen prüfung unterzogen, welche nicht selten auf andre ergebnisse geführt hat. Zu dieser prüfung gaben die seit der herausgäbe des buches in etymologischen Schriften jeder ort erschienenen sehr zahlreichen bemerkungen, so weit sie zu meiner kenntnis gelangt sind, den hauptsächlichsten anlaß. Die meisten derselben wurden schon vor einigen jähren in einer kleinen schrift 'Kritischer an- hang zum etymologischen wörterbuche genauer von mir besprochen; einen theil ihres ifüialts habe ich den betreffenden artikeln dieser neuen ausgäbe entweder in klammern beigefügt oder in den text einfließen lassen. In- dessen trat die nothwendigkeit dieser ausgäbe so rasch und unerwartet ein, daß ich nicht im stände war, auf alle ausgesprochenen deutungen und einwürfe, selbst nickt auf alle diejenigen, welche zu meiner kenntnis- nähme bestimmt schienen, einzugehen. Sofern ich sie unberührt lasse, konnte ich ihnen auf meinem standpuncte allerdings nicht beipflichten, bin aber weit entfernt, ihr verdienst in abrede zu stellen, überdies habe ich das buch mit einigen hundert artikeln vermehrt, viele andre, wo es wünschenswerth schien, etwas genauer ausgeführt.

Bonn im September 1861.

III. Da man in etymologischen dingen nicht überall zu unwiderruf- lichen resultaten gelangt, so tritt auch diese dritte ausgäbe nicht unver- ändert in die öffentlichkeit. Auch ist ihr ein Zuwachs von neuen artikeln zu theil geworden. Das register hat mit rücksicht auf einen vielfach aus- gesprochenen wünsch eine mehr praktische einrichtung erhalten.

Bonn im october 1869.

VORREDE ZUR VIERTEN AUSGABE.

Alle diejenigen, welche nicht nur Diezens lehre hochhalten und pflegen, sondern auch seine eigenart, was methode und darstellung betrifft, zu würdigen wissen, werden dem Verleger des Etymologischen Wörterbuchs dank wissen, daß er diese vierte aufläge in unveränderter gestalt erscheinen läßt. Sie werden mit ihm es , für gerathen, ja von den pflichten der pietät für geboten halten, die werke des uns entrückten meisters so lange einer um- oder Überarbeitung zu entziehen, als im kreise der schüler und nach- eiferer der hauch seines genius noch lebendig empfunden wird. Man hüte sich ebensosehr davor, dem worte eines edlen todten, der großes ge- schaffen, eine unantastbare atäorität beizulegen, als seine persönliche arbeit unter noch so preiswürdigem flickwerk zu verwischen.

Wenn es jedoch den Verleger drängte, unser buch, so wie es zuletzt aus der feder des Verfassers geflossen, auf den markt zu geben, lag es ihm nicht minder daran, dem unaufhaltsamen f ortschritte der Wissenschaft rechnung zu tragen und die abnehmet der vierten aufläge für die diesmal ausbleibenden Zusätze und Verbesserungen des autors einigermaßen dadurch zu entschädigen, daß die wichtigeren ergebnisse der etymologischen forschung, so weit sie seit dem erscheinen der dritten ausgäbe zu tage getreten und den speziellen inhalt des Dicz' sehen Werkes berühren, in einem Anhang zusammengestellt würden.

Daß ich auf sein ersuchen diese aufgäbe bereitwillig übernahm, möge damit entschuldigt werden, daß es sich ja weniger ury eigenes schaffen und urtheilen als um das sammeln, sichten und darlegen fremder arbeit handelte und daß mir dadurch eine erwünschte gelegenhext geboten wurde, dem dahingeschiedenen altmeister, in seinem geiste wirkend, den tribut meiner Verehrung zu entrichten.

Ich habe zur erfüllung des mir gewordenen auftrags alles, was mir in meiner isolirten Stellung zu Brüssel an Zeitschriften, commentaren, Wörterbüchern und einschlägigen sonderarbeiten zu geböte stand, sorgfältig durchmustert und dasjenige ausgezogen, was irgendwie für oder gegen die

VORREDE. XXIII

Dias* sehen aufstellungen verwerthet werden konnte. Selbstverständlich habe ich nur solches aufgenommen, wozu sich ein berufener, mehr oder weniger auf der hohe der wissenschaß stehender gewährsmann aufweisen ließ. Einige wenige streng berücksichtigte notigen ausgenommen, fand sich im nachlaß des seligen Verfassers kein tnaierial zur Vorbereitung einer -neuen aufläge vor; nicht einmal ein zu diesem behufe annotirtes handexemplar konnte ausfindig gemacht werden.

Sei der druck-revision des Diez'schen Werkes hatte ich manche ver- anlassung, druckfehler, die sich in die früheren ausgaben eingeschlichen hatten, zu beseitigen. Bei genauer nachträglicher prüfung haben sich im ersten theile noch einige f eider als übersehen eruriesen; dieselben sind unten angegeben. Das register habe ich erheblich, etwa um ein viertel der Wörter vermehrt, so daß dasselbe bei dem gebrauche des Werkes als ausreichend befunden werden wird.

Brüssel, im august 1878.

A. Scheler.

ABKÜRZUNGEN.

abl. ableüung.

ags. angelsächsisch.

ahd. althochdeutsch.

aJban. albanesisch.

altn. altnordisch.

alts. altsächsisch.

andal. andalusisch {nach dem wb. der

span. Äkad.). arag. aragoncsisch. bearn. bearnesisch (nach Honnorat). bergatn. bresc. bergamaskisch und bres-

dänisch (nach G. Rosa), berr. mundart von Berry (nach Jaubert). bret. bretonisch, bürg, burgundisch d. i. bourgognisch (nach

De la Monnoye, Mignard, dem Vocab.

langrois, dsgl. nach Monnier Vocab.

du Jura in den Mim. des antiq. de

France VI.), cot. catalanisch. champ. champagnisch (nach Saubinet Vo-

cabulaire rhnois und Tarbe). chw. churw. churtcälsch (nach Conradi

und Carisch). cimbr. eimbrisch, spräche der sieben und

dreizehn gemeinden (nach Schmeüer). com. comask. comaskisch (nach P. Monti). cremon. cremonesisch (nach Peri). dauph. dauphinesisch (nach ChampoUion). flor. florentinisch (nach verschiedenen

werken), fr. französisch, frs. friesisch*

gaüic. gaüicisch, in Spanien, gase, gasconisch (nach Honnorat u. a.). gen. genuesisch (nach Olivieri, ausg. von

1851). genf. genferisch (nach dem Dict. gene- vois), hd. hochdeutsch, henneg. hennegauisch oder rouchi (nach

Hecart).

it. italienisch.

Um. limous. limousinisch (eigentl. nieder- limousinisch, nach B&ronie). lomb. lombardisch, lothr. lothringisch (nach Oberlin. dem Dict.

patois par L. M. P., Nancy 1842, und

Jaclot, Par. 1854). mail. maüändisch (nach Cherubim. 2. ausg.

1839—43. IV.). mhd. mittelhochdeutsch, mlat. mittellateinisch, mnd. mittelniederdeutsch, mndl. mittelniederländisch, moden. modetiesisch (nach Muratori u. a.). ndd. niederdeutsch, ndl. niederländisch, nds. niedersächsisch, neap. neapolitanisch (nach Galiani). nfr. neufranzösisch, nhd. neuhochdeutsch, norm, normannisch (nach E. und A. Du

Mtrü). npg. neuportugiesisch, npr. neuprovenzalisch. nsp. neuspanisch, obd. oberd. oberdeutsch, occ. occit. oecitanisehy mundart von Iam-

guedoc (nach Sauvages, dem glossar zu

Goudelin u. a.). parm. parmesanisch (nach Peschieri und

Malaspina), pg. portugiesisch.

pic. picardisch (nach H&cart und Corblet). piem. piemontesisch (nach ZaUi u. Ponza). pr. provenzalisch.

romagn. romagnolisch (nach Morri). sard. sardisch (nach Porru, Spanu und

den gedienten Purqueddu's). 8 chw 2. schweizerisch. sie. sicil. sicüianisch (nach M. Pasqualino

und Biundi). sp. spanisch.

ABKÜRZUNGEN.

XXV

trient. trientinisch und roveretanisch (nach

AzzoUni). val. valencianisch.

ren. venez. venezianisch (nach Patriarchi). veron. veronesisch (nach Angeli). vrlt. veraltet, wal. walachisch.

teald. waldemisch (bei Raynouard, Hahn

u. a). waUon. wallonisch (nach Eemacle und

Grandgagnage), zsgs. zusammengesetzt, zsgz. zusammengezogen, zss. Zusammensetzung, Zusammensetzungen.

Agol. Agolant, im Ferabras. Alex. Alexandre, ed. Michelant. Alexs. Alexis, ed. Gessner. Alx. Alexandro, p. p. Sanchez. Anal, gramm. s. App. ad Prob. Antioch. Chanson d'Antiochc, p. p. P.

Paris. Apol. Apokmio, p. p. Ochoa. App. ad Prob. Appendix ad Probum in

Analect. gramm. ed. Eichenfeld et End- licher, p. 444 ff. Archiv, stör. ital. Archivio storico italiano. Aubery, p. p. TarbL Aubri, im Ferabras. B. Bartsch, Denkmäler der provenzalischen

litter atur. Bari. Barlaam und Josaphat herausg. v.

Meyer und Zotenberg. Bc. Berceo, p. p. Sanchez (Mtl. Milagros

de N. Ä; MM. San Millan; SDom.

San Domingo cet.). Ben. Chronique de Benott, p. p. Michel. Bert. Berte, p. p. P. Paris. Bonves. Bonvesin, ed. Bekker. Brand. Brandaine, p. p. Jubinal. Briq. Briquigny et la Porte du Theü,

Diplamata Um. I. (ältere ausgäbe). Brt. Brut, p. p. Leroux de Lincy. Brun. Brunetti, Codice diplomatico, tom. I. Bth. Poeme sur Boece, p. p. Raynonard. Cal. e D. CaUla e Dymna, p. p. Gayangos. Canc. de B. Cancionero de Baena. Corp. Carpentier, Glossarium novum cet. Cos. litt. Casae litterar um, ed. Lachmann. Ccy. Histoire du chatelain de Coucy, p.p.

Crapelet.

C. d. Poit. Boman du comte de Poitiers, p. p. Michel.

Charl. Charlemagne, p. p. Michel. ChCyg. Le Chevalier au cygne, p.p. Beif-

fenberg. ChLy. Le chevalier au lyon, ed. Holland. Chr. d? Esel. Chronique deBernat d'Esclot,

p. p. Buchon. Chx. Choix cet. p. p. Baynouard. Clas8. auet. Classici auetores, ed. Ang.

Majus. CNA. Cento novelle antichc, Torino 1802. Cont. Ultram. La conquista de Ultramar.,

p. p. Pascual de Gayangos. DC. Ducange, Glossarium mediae latini*

tatis.

D. Din. Cancioneiro del rei D. Diniz, p. p. Lopes de Moura.

Dief. gloss. lat. germ. Diefenbach, Glos- sarium lattno-germanicum. DMce. Doon de Maience, p. p. Pey. Dolop. Dohpathos, p. p. Brunei et Mon-

taiglon. Eracl. EracU, ed. Massmann. Er. En. Erec et Enide, ed. Bekker. Esp. sagr. Espaiia sagrada, p. p. Florez

y Bisco. FBej. Foros de Beja. FC. Fabliaux et contes, p. p. Barbazan,

id. de Mion. Fer. Ferabras, ed. Bekker. FGrav. Foros de Graväo. Fier. Fierabras, p. p. Kröber et Servois. FJ. Fuero Juzgo, Madr. 1815. Flam. Flamenca, p. p. Meyer. Fl. Bl. Flore et Blanceflor, ed. Bekker. Form. Formulae. FSant. Foros de Santarem. Fumag. Fumagalli, Codice diplomatico. GAlb. Guerre des Albigeois, p. p. Fauriel. Gar. Garin, p. p. P. Paris. Gaufr. Gaufrey, p. p. Guessart et ChabaiUe. Gayd. Gaydon, p. p. Guessard et Luce. GBourg. Gui de Bourgogne, p. p. Gues-

sard. G. d'Angl. Guillaume d'Angleterre, p. p.

Michel. Gest. reg. Fr. Gesta regum Francorum,

Bouquet t. I. G. Gaim. Geoffr. Gaimar, s. Chron. an- glonorm. p. p. Michel.

XXVI

ABKÜRZUNGEN.

Gl. Glos8ae (Gl. erford. erfurter glossare,

ed. Öhler). Gloss. vet. Glossarium vetus, Classici auc-

tores VI. GNev. GSrard de Nevers, p. p. Michel. GO. Glossaire occitanien, p. p. JRochegude. GProv. Grammaires provencales, p. p.

Guessard (Gramm, rom. 2. H.). Grog, dialogues de St. Grigoire, p. p.

Du MSrü. Greg. Tur. Gregorii Turonensis Historia

ecclesiastica. GRiq. Giraud Riquier, ed. Pfaff. GRoss. Girart de Rossüho, ed. Hofmann. GVian. GSrard de Viane, im Ferabras. GVic. Gil Vicente, Hamburgo 1834, III.

dsgl. in Bolus Teatro espanol. HBord. Huon de Bordeaux, p. p. Gues- sard et Ghrandmäison. II Lang. Histoire generale de Languedoc,

preuves. HPMon. Historiae patriae monumenta,

chartarum tom. I. JFebr. Jaume Febrer, Valencia 1796. Jfr. Jaufre, in Lex. rom. I. Inf. VInferno di Dante. L. Lex. L. de Guitt. (LG.) Lois de Guillaume le

ConquSrant, ed. Schmid. Leys dfam. Leys d'amors, p. p. Gatien-

Arnauld. LJ. Livre de Job, in den Livres des Bois. LR. Lexique roman. p. p. Raynouard. LRs. Livres desrois, p.p.Le Boux de Lincy. M. Gedichte der Troubadours, ed. Mahn,

1856—57. Mabiü. annal. Mabülon, Annales ord. S.

Benedicts, Lucae 1730. Mabiü. dipl. Mabülon, Bes diplomatica,

Par. 1709. Marc, hisp: Marca hispanica, ed. Marca. Mar. Egipc. Maria Egipciaca, p. p. Ochoa. Marin. Marini, Papiri diplomatici. MFr. Marie de France, p. p. Roquefort. MGar. Mort de Garin, p. p. Du Meril. Murat. ant. ital. Muratori, Antiquitäten

italicae, Mediol. 1738. NFC. Nouveaux fabliaux et contes, p. p.

Mion. NF. Jub. Nouveau recueil de fabliaux,

p. p. Jubinal.

Nicot. Dict. francois-latin recueilli des

observations de M. Nicot cet. Par. 1573. Og. Ogier de Danemarche, p. p. Techener. Par. II Paradiso di Dante. Parton. Partonopeus, p. p. Crapelet. Pass. d. J. C. Passion de Jesus-Christ,

p. p. ChampoUion. PC. Poema del Cid, p. p. Sanchez. PDuch. Parise la duchesse, p. p. Guessard

et Larchey. PO. Parnasse occitanien, p. p. Roche gude. PPS. Poeti del primo secolo. Purg. II Purgatorio di Dajite. QFAym. Les quatre fite Aymon, im Fe- rabras. BCam. Raoul de Cambrai, p. p. Le Glay. Ren. Renard, p. p. Meon. RFlor. Roi Flore, p. p. Michel. RMunt. Ramon Muntaner, ed. Lanz. Rol. Roland, p. p. Michel. Rom.fr.Romancero francais, p. p. P. Paris. Rom. gramm. Romanische grammatik

4. ausg. Roq. Roquef. Roquefort, Glossaire de la

langue romane. Rou, p. p. Pluquet. Ruteb. Rutebeuf, p. p. Jubinal. Rz. Ruiz, p. p. Sanchez. Sax. Chanson des Saxons, p. p. Michel. SBern. Sermons de St. Bernard, in den

Livres des Bois. SLeg. Vie de St. Leger, p. p. ChampoUion. SRos. Santa Rosa, Elucidario. SSag. Sept sag es, ed. Keller. TCant. Thomas de Ganterbury, ed. Bekker. TFr. Thidtre frangais, p. p. Monmerque

et Michel. Tirab. Tiraboschi, Storia della badia di

Nonantola, vol. II. Trist. Tristan, p. p. Michel. Trov. Trovas e cantares, Madr. 1849

(Cancioneiro ineditö). , Trucch. Trucchi, Poesie inedite. Ughell. Ughelli, Italia Sacra. Voc. Vocabularius, z. b. duacensis, opti-

mus, S. Galli. Wack. Altfranz, lieder und leiche, her ausg.

von Wackernagel. Yep. Yepes, Cronica de la orden de S.

Benito.

ERSTER THEIL.

GEMEINROMANISCHE WÖRTER.

A.

A und ad it., sp. pg. &, pr. a u. az, fr. k, wod. a, präposition, vom lat. ad, vornehmlich auch als casuspartikel angewandt. Ob das rom. a in gewissen fällen nicht vielmehr aus apud abgekürzt sei, darüber s. Born. gramm. III, 160, 161. Eine zss. ist it. da, churw. dad, von de ad, be- reits in Urkunden des 7. und 8. jh. vorhanden t (Born, gramm. II, 25), entsprechend dem ahd. fona, nhd. von, atis af ana, nach Grimm IV, 782. üeber das diesem ital. da begegnende oskisciie dat sehe man Bugge, Ztschr. für vergl. sprachf. III, 419. Für da sprach man dltsardisch daba, nach Delius nicht von de ad, sondern von de ab, s. dessen schrift Ober den sard. diaiect p. 4.

Ab ig so it., pr. abis und abisme, fr. abtme, sp. pg. abismo, sard. abismu abgrund, hoUe; vb. it. abissare und sobbissare, pr. abissar, sp. abismar, fr. abimer, in den abgrund versenken u. dgl.; von abyssus (aßvcoog). Wir haben, tote es scheint, in abisme, abismo einen substan- tivischen Superlativ wie etwa in dem üblichen mlat. dominissimus vor uns, man wollte damit den tiefsten abgrund, den der hölle, stärker bezeichnen; übrigens ist aßvooog von hause aus ein adjectiv, mithin zur gradation berechtigt. Abyssissimus konnte in abyssimus zusammengehn wie metip- siraimus in metesme. Man hat auch an abyssismus gedacht, aber das suffix ismus gibt in den Jüngern sprachen nur abstracta, höchstens collec- tiva. Andre vermuthen eine accusativform darin, aber wäre alsdann das franz. wort nicht abisson gewesen, wie suum son, Carolum Gharlon er- gab? Zu merken die ital. nebenform nabisso aus der üblichen Verbindung in abisso wie ninferno aus in inferno entstanden (ininferna in einer alten messe, Mone p. 20), daher das dtsche nobis, s. Qtrimm, Myth. 766, Hoff- mann, Hör. bdg. V, 38.

Abrigo sp. pg., pr. abric, fr. abri schütz; vb. sp. pg. abrigar, pr. abrigar, abriar, fr. abriter (für abrier mit eingeschobenem t wie oft) schützen, decken. Umsonst hat man sich bemüht, dem lat. apricus den sinn des rom. Wortes zu entlocken: was die sonne bescheint, ist und bleibt unbedeckt. Läßt sich letzteres aus keiner andern spräche nachweisen, so darf als etymon ein ahd. bi-rfhan decken (ant-rihan enthüllen findet sich) vermuthet werden. Für abriter sagt man in Berry abrier, im Jura ayriller, was wohl nur diminutivisch ist. Die bearn. mundart spricht mit temiis aprig&. [Gegen Mahn und Littre, welche diese herleitung ange- fochten haben und für apricus eingetreten sind, bemerkt der Krit. anftang

4 L ABRIGO-ACABAR.

folgendes. 'Man deute an dem worte, wie man will, in den neuen sprachen bleibt schütz, obdach der grundgedanke, nicht bloß der schütz vor regen und Mite, sondern auch der vor der sonne, denn man sagt z. b. ce Heu est ä Tabri du soleil (Dict. de Trev.). Se mettre ä Tabri de la pluie ist darum dasselbe wie se mettre ä couvert de la pluie5, und schon ein iroubadour sprach: m'abric sai on sol non fer ich bin hier unter dach, wo keine sonne hin scheint. LR. c Wem fallt dabei nickt das horazische quidquid in occulto est, in apricum proferet aetas ein, wo apricum ge- rade das gegentheil aussagt von occultum, also ungefähr auch das gegen- theil der roman. bedeutung? Solche Übergänge mögen allerdings in den sprachen vorkommen, sie müssen sich aber schritt vor schritt verfolgen lassen, was wenigstens mir bei der fraglichen etymologie nicht gelingen wül\ Der schatten schützt, nicht die sonne, das sagen die sprachen selbst: lat. umbra, it. ombra, sp. sombra ist schatten und schütz. * Verdächtig wird die lat. herkunß des Wortes schon dadurch, daß es (mit ausnähme der sardischen mundart, die bekanntlich viele Wörter aus Spanien bezogen) dem ital. gebiete abgeht, denn aprico ist ein dem latein abgeborgter poe- tischer ausdruck mit lat. bedeutung, und apricare fehlt ganz. Die eigent- liche heimath von abrigo scheint Spanien; hier wenigstens hat es nicht wenige ableitungen und Zusammensetzungen entwickelt, wie abrigada, abri- gano, abrigamiento, abrigador (pg.), desabrigo, desabrigar cet. Larra- mendi verweist auf das bekannte in städtenamen vorkommende briga, allein daraus wird das wort nicht Mar, Auch aus sp. abra (bucht) läßt es sich nicht gewinnen, da mit ig nicht abgeleitet wird. Ich stellte darum das ahd. rfhan (decken) auf, zsgs. birihan, ags. bevrthan (bedecken); man setzte a vor, was zumal in Spanien sehr häufig geschieht. Nicht unmerkwürdig ist die altfr. bed. bedecken in einer stelle bei Guill. Guiart Roq. app.: la tres precieuse corone que Jhesu Crist ot en sa teste, si com li Juis Ten abrierent (damit bedeckten, nicht: schützten/. Und in einer noch älteren stelle: si ot d'une chape forr6e abri6 et vestu son cors R. de la rose, s. P. Paris, Dict histor. p. 30. 'Aber auch zu erwägen ist das in allen deutschen sprachen vorhandene bergan, präs. birgu (bergen, in Sicher- heit bringen), mit versetztem r, wie oft. Dem subst. berc, geberc (ver- steck, Zufluchtsort) würde abric von Seiten der bedeutung ein gut theil näher liegen als dem lat. apricum*.] Das cot. abrig wird gradezu mit sp. albergue übersetzt. Sichtlich von bergan ist das altfr. em-berguer lcouvrir, mettre ä Vabn Roq. Wenn R. Stephanus in seinem wörter- buche sagt: ung abri ou le soleil frape tousjours apricus locus, so muß er um der etymologie willen dem franz. worte eine demselben nicht zu- kommende bedeutung aufgedrängt haben. Denn wenn Livet, Gramm, frang. 476, ihn damit entschuldigt, daß das wort später diese bedeutung geändert haben könnte, so stehen die prov. Zeugnisse damit im Widerspruch, Man vgl. übrigens Mahn p. 113 ff.

Acabar sp. pg. pr., achever fr. ausführen, vollenden; von caput, roman. nicht nur den anfang, auch das ende eines dinges bezeichnend.

I. ACCATTARE-ACERO. 5

Accattare it., ultsp. acabdar, altpg. achatar SRos. ein gut erwerben, attfr. acater verschaffen Alexs. 8, neufr. acheter kaufen, so auch altit. neap. accattare; jsbst. it. accatto, pr. acapta, acapte, fr. achat. Es ist von ad-captare (mlat. accapitare) an sicJi nehmen, kaufen, eine erst im franz. entwickelte Bedeutung, welcher Festus stelle emere, quod nunc est mercari, antiqui accipiebant pro sumere zur Unterstützung gereichen kann. Eine zss. ist it. raccattare, pg. regatar, fr. racheter loskaufen; wofür sp. rescatar, pg. resgatar uus re-ex-captare, sbst. rescate, resgate.

Acceggia it., sp. arcea, fr. mundartl. acäe Schnepfe, tnlat. accia, acceia; soll in acies oder äxrj spitze (vogel mit spitzem Schnabel) seinen Ursprung haben, s. Menage und Carpentier. Ein altes Zeugnis für dieses wart enthalten die erfurter glossare p. 259b accega 'holtana,' Variante acega 'holthana d. i. ags. holt-hana (holz-hahn= Schnepfe), vgl. Haupts Ztsehr. V, 197b.

Accia, azza it., sp. hacha, pg. facha, acha, pr. apcha für acha, fr. hache (h asp.), daher mhd. hätsche und hasche, axt, beil; vb. it. acciare, fr. hacher klein hacken. Gegen lat. ascia als etymon sprechen die formen; wohl aber stimmt die franz. zum nhd. ndl. hacke Werkzeug zum hauen, ein in der alten spräche nicht vorfindliches, aber durch das masc. hacco (haken) und das ags. vb. haccan = engl, hack gestütztes wort. Die deutsche keMtenuis erhielt sich im picard. vb. h&juer holz hacken = fr. hacher. Aus dem franz. werte aber flössen die übrigen, unter welchen das pg. facha mit seiner lippenaspirata die reine aspirata nachzubilden sucht, s. unten arpa. Davon zu trennen ist it. ascia, pr. aissa, vom lat. ascia; span. aza oder axa fehlt, aber eine abl. altsp. axada, nsp. azada, pg. enxada, dsgl. sp. azuela haue, hacke, ist vor- handen.

Acciajo it., sp. acero, altpg. aceiro, neupg. a$o, pr. fr. acier, wal. otzel (ungr. atz£l), mlat. aciare, aciarium stahl (s. z. b. Class. auct. VI, 502h); von acies sc. ferri härteres eisen. Eine andre, gleichbed. abl. ist it. acciale, ven. azzale u. s. w., ahd. ecchil, mhd. eckel.

Accidia it., altsp. acidia, pr. accidia, altfr. accide fahrlässigkeit, Verdrossenheit; vom mlat. accidia, acedia, gr. äyirjdla, dass.

Acciuga it., sp. anchoa, pg. anchova, enchova, fr. anchois Sar- delle. Aus aphya (acpvrj) oder besser am apya (zu schließen nach apua) konnte mit dem sufßx ug unzweifelhaft das it. acciuga (zunächst aus apj-uga) entstehen, woraus denn die andern Wörter verderbt sein müssen. Mundartliehe formen sind piem. sie. anciova, veron. ancioa, gen. anciua, ven. anchioa. [Mahn erkennt darin ein iberisches wort = bask. antzua trocken, denn die Sardelle ist ein getrockneter (eingesalzener) fisch, s. seine Etym. Untersuchungen p. 5.]

. Accordo it., sp. acuerdp, pg. acordo, pr. aecort, fr. aecord über- Hnstimmung, vertrag; vb. aecordare u. ff.; gebildet nach concordare, dis- cordare, also von cor, nicht etwa von chorda.

Acero it., pg. acer, altsp. asre, neusp. umgestellt arce, cat. ars

6 I. ADDOBBARE-AERE.

dhorn; von acer aceris. Der Franzose nennt denselben bäum 6rable (m.): aus lat. acer wäre are oder aire, ftre geworden; um dem worte mehr um- fang ,zu geben, sagte man acer arbor, zsgz. esrarbre 6rarbre, dissimiliert 6rable, neuprov. in Grenoble aber noch izerablo. Menage nimmt dafür eine hier ganz unpassende büdung acerabulum an. [Die hier ausge- sprochene deutung wird unterstützt durch die florentinische glosse Ecc. 986b acer arbor cgundereba vel mazziltira d. i. mafiholder. Man hatte sich in den schulen an die Verbindung beider tbörter gewöhnt, die alsdann in das leben übergieng.]

Addobbare it., altsp. adobar PC. u. s. w., cdtpg. adabar SRos., pr. adobar, aUfr. adouber ausrüsten, nsp. npg. zubereiten, würzen. Das wort kommt von ags. dubban, dltn. dubba einen streich geben (watton. in Namur dauber schlagen) und ward vorerst vom ritterschlag gebraucht, ags. dubban riddere zum ritter schlagen (a. 1085, s. Bosworth), fr. addubber ä Chevalier Havelok p. 28; demnächst hieß es die mit der feier- , lichkeit verbundene ausrüstung, vgl. Raoul l'adoube qui estoit ses amis: Premiers li chausse ses esperons massis e puis li a le branc au costel mis, en col le fiert si con il ot apris DG. v. adobare; daher adouber richement herrlich ausrüsten, se douber sich waffnen ChCyg. 1628 (diese einfache form selten). Man sehe Wächters glossar. germ. p. 22, Grimms Rechtsalt p. 333, überdies Scheler s. v. adouber, E. Müller s. v. dub. Sousa's und anderer herleitung des Wortes aus dem arah. ist sieher verfehlt.

Aere, aire, it., sie. ariu, sp. aire, pg. ar, pr. aire, air, fr. air, wal. aer (alle masc.) lüft, wind; von aer. Das üblichere ital. wort aber ist nicht aere, sondern das fem. aria, welches entweder im mlat. plur. aera (s. Schneider, Lat. gramm. II, 92), oder im adj. aerea seinen grund haben muß; doch ist erster es selbst in den mundarten heimisch und wird auch im altsp. und prov. in seiner buchstäblichen form aör hier und da angewandt. Dasselbe roman. wort hat noch andre nah zusammenliegende urdat. bedeutungen, die mit luft gar nichts gemein zu haben scheinen, näm- lich üal. (aria) äusseres ansehn, sp. pg. dass., auch art und weise im be- nehmen, dsgl. anstand, anmuth, Zierlichkeit, franz. gleichfalls art und weise des benehmens, haltung, miene. Auch weise in der musilc, modus, melodie bedeutet es. Adj. it. arioso luftig, wunderlich, hübsch, ansehnlich, sp. airoso luftig, zierlich, auch siegreich, fr. aireux fehlt. Wie kam man von luft auf haltung, anmuth, melodie u. dgl.P Vielleicht schlug aer in den tochtersprachen einen ähnlichen weg ein wie in der grundsprache spiritus die bewegte luft, ton, stimme, geist, hoher geist, stolz; an geist zunächst konnte sich wesen, art des benehmens knüpfen; airoso, sofern es eitel heißt, trifft sogar mit aerius zusammen. Ferner, in den alten mundarten Frankreichs heifit aire auch famäie, geschlecht, z. b. Amors nasquet en un gentil aire LB.; tot mon linh e mon aire vei revenir cet. ds.; et as plus bomes morz non sai retraire, e lor ers apovris e tot lor aire GBoss. Mich. 358; il fu estrais de gentil aire (stammte aus edlem geschlecht) PMousk. s. Gachet. Auf dieses wort hat aer keine

L AFFANNO. 7

Sollte es aus ager agrum stammen, g in i aufgelöst wie in flairar aus {ragrare? Ager hei fit acker, haus mit acker, in weiterem sinne flur, fddmark, und letzteren sinn vertritt das ndat. arum oder arus, z. b. in der stelle in pago Arvenica, in aro, quae vocatur cet., anderswo in pago 6., in agro S. (DC. v. arum u. arva). Arum, ager war also ein (heil des pagus. Aus der engeren bed. haus und hof konnte die bed.familie, geschiecht erfolgen wie anderwärts, vgl. gr. olxog, lat. domus, sp. solar. Gleichberechtigt mit ager ist wohl auch atrium als der platz im hause, wo das hochzeitbett stand. In den bekannten Verbindungen de bon aire, de mal aire, de gentil aire, de put aire bedeutet aire die ort, das heifit das geschlecht, wie lat. genus, sp. linage. Die itcd. spräche entnahm der prov. ihr di bon aire, das sie nachher in di baon' aria abänderte. End- lich ist hier noch des specieU frans, aire (f.) hörst des raubvogels eu ge- denken. Afe'ria latinisiert es eine Urkunde v. j. 1215 DC, aber die be- zekJmung wäre viel eu allgemein; eben so wenig verträgt es sich mit aire tenne, dem es die akademie euweist. Dieses aire ist wiederum nichts anders als- das zum feminin gewordene pr. aire geschiecht (vgl. z. jb. pr. aise m., fr. aise f.), und noch jetzt sagt man im iaucon de bonne aire ein faUce aus gutem neste = von guter herkunft. Zu erwähnen ist noch Menage s nicht ungeschickte deutung von aire aus dem derivatum vei-aire gesichtsbildung, miene, woraus es abgekürzt wäre, und auffallend, dafi auch das sp. aire mit einem derivatum don-aire in der bedeutung (an- stand) zusammentrifft. Diese etymologie würde alle Schwierigkeiten des Wortes in seinem abgeleiteten sinne lösen, allein die abkürzung scheint zu stark.

Äff anno it., sp.pg.pr. afan, altsp. afaüo kummer, angst, ermüdung, fr. ahan saure arbeit ; vb. it. affannare (trans.) bekümmern, sp. afanar, fr. ahaner (intr.) saure arbeit verrichten, pr. afanar (trans. intr.) ermüden, sich abmühen. Altfr. oder mtat. wird das wort gerne von der fddarieit gebraucht, terram ahanare, daher ahans angebaute fdder, ahanables, noch henneg. ahan bestdlung des feldes; allein die erreichbar älteste be- deutung ist körperliche pein: so in der Passion Christi 1. 4. 123 (afans), 73 (ahanz), im Leodegar 1 (aanz), so auch im Alexiusliede, aber im Boe^ Ünusliede 72. 108 kann es kummer bedeuten. Carpentier bemerkt auch ein einfaches altfr. haner arbeiten, woraus die häufig vorkommende zss. enhaner, z. b. an cortil einen garten bearbeiten. Da Frankreich das ein- fache wort aufzeigen, kann, so ist dieses land wohl auch die eigentliche heimath des weder im latein. noch im deutschen vorhandenen Stammes: das fr. h konnte in den schwestersprachen als i auftreten. An herkunft aus it. afa (beängstigung) ist wenigstens nicht zu denken, da kein roman. suffix ann bekannt ist, vielmehr scheint afa aus affanno abgezogen. Du- eange u. a. lassen es aus einer interjection entstehen, worin sich eine den athem beengende körperliche anstrengung ausspricht (han), einer interjec- tion, die auch, wie man weiter bemerkt, in dem henneg. e-han-cer 'ausser athem sein enthalten ist, vgl. ven. afanä keichend, Dante con lena affannata

8 I. AFFAKE-AGIO.

mit erschöpftem athem. Ahan wäre einer der vielen naturausdrücke, welche die spräche sich selbst verdankt und die Untersuchung konnte geschlossen sein, wenn nicht die celtischen sprachen ähnliche Wörter darböten. Zwar gael. fann müde, fainne müdigkeit, welchen das gleichbed. kymr. adj. gwan entsprechen muß, scheint wenig rücksicht zu verdienen, da gael. f = kymr. gw romanisch durch v wiedergegeben wird, nicht durch f ; aber in dem kymr. afan streit, .unruhe, auf rühr, welches Owen aus einem dem bar den Taliesin zugeschriebenen gedickte anführt, liegt die ganze büdung vor und es ist nur zu erwägen, ob dies auf eine der cdt. mundarten eingeschränkte, auf keine einheimische würzet gegründete wort nicht selbst ein fremdling ist oder überhaupt mit dem roman. zusammenhängt. Weiteres über altfr. ahain bei Gachet s. v.

Affare it. (m.), pr. afar, afaire (m.), fr. af faire (f, altfr. m.), daher cdtsp. afer Alz. angelegenheit ; entstanden aus dem präpositionalen infinitiv in phrasen wie avere a fare con uno; in der romagnol. mundart dafe d. i. da fare. Ein zweites Beispiel dieser Zusammensetzung ist it. awenire, fr. avenir sbst. Zukunft = il tempo a venire.

Affrontare it., sp. afrontar, afrentar, pr. afrontar, fr. affronter angreifen, beschimpfen; von frons stirne, eigentl. einem ins gesicht hinein sprechen oder handeln. Daher sbst. tf.affronto, fr. affront, sp. afrenta beschimpf ung. Franz. effrontä, pr. esf rontat, it. sfrontato unverschämt, von effrons bei Vopiscus.

Agazzare it., agacer fr. (auch pg. agastar?) reizen; vom ahd. hazjan, nhd. hetzen, mit vorgesetzter roman. partikel a, wodurch h inlau- tend ward und sich um so leichter in g verdichten konnte. Seltsam ist fr. agacer les dents die zahne durch eine säure stumpf machen, eine bedeu- tung, in welcher es manche für eine dbleitung aus lat. acere (sauer sein) halten. Folgendes stehe hier als anspruchlose vermuthung. Unser nhd. ätzen heißt 'durch säuren auf einen gegenständ einwirken : war ein älteres gatzen (= ahd. ga-azjan) schon dieser bedeutung fähig, so ist demfranz* worte geholfen.

Aghirone it., pr. aigron, cat. agrö, sp. airon^ altfr. hairon, nfr. höron (h asp.), in Berry egron ein vogel, reiher; dimin. fr. aigrette (mit abgestoßenem hauchlaut) kleiner weißer reiher; nicht vom gr. iQiodwg, es ist vom ahd. heigir, heigro, wozu alle laute passen.

Agina, gina it. geschtoindigkeit, stärke; adverbial aina PPS. II, 250, a grande aina Dante De vülg. eloq. 1, 11, altsp. agina FJ.} auch ahina, altpg. aginha eilig, geschwind. Ein ndat. glossar hat agina ct. q. festinancia et inde agino festinare. Mit lat. agina bei Festus (scheere an der wage, worin die zunge spielt) kann es nickt identisch sein: es gieng aus agere wie ruina aus ruere hervor, wie es denn auch der bedeu- tung von agitatio sehr nahe tritt. Der nordwesten kennt dies wort nicht, doch möge das neupr. agis s. v. a. fr. actions erwähnt werden.

Agio it. {selten asio), pr. ais, aise (m.)9 fr. aise (f.), pg. azo ge- mäcldichkeit; adj. pr. ais, fr. aise (schon in der alten spräche, s. TFr.

I. AGRESTO-AGUGLIA. 9

p. 612) fröhlich, engl, easy; adverbial it. ad agio, pr. ad als, altfr. ä aise, nfr. äl'aise bequem, dahersbst.it. ad agio, altfr. aaise (ahaise LRs.66), altpg. aaso SRos. bequemlichkeit; vb. it. agiare, ad agiare, pr. aisar, altfr. aisier, aaisier versorgen, pflegen, part. it. agiato, fr. ais6, behaglich, wohlhabend. Die prov. spräche hat der ableitungen noch mehr hervorge- bracht: aisir ins haus aufnehmen, aisi wohnung, aisina leichtigkeit, gc- legenheit, aizinar einrichten u. a., vermutlich ist das wort von hier aus- gegangen. Seine herhmft ist unsicher. Menage deutet es aus otium, Ferrari ganz ungeschickt aus adaptare, Frisch nicht besser aus dem dtschen behagen. Es verlangt ein etymon ais oder asi. Nach Perion De ling. galL p. 45a ist es vom gr. atowg glück verkündend, dsgl. erforder- lich, gehörig, woraus sich auch das adjeetiv gut erklären würde ; xdaioiov wäre das gehörige, passende, bequeme. Andre, wie Junius, Schilter, Casti- glione, erkennen darin eine nur der goth. spräche bekannte in dem adj. azets leicht, bequem, sbst. azeti annehnüichkeit, enthaltene würzet, eine vermuthung, welcher auch J. Grimm, Wien, jahrbb. XLVI, 188, nicht abhold ist, vgl. auch seine Gesch. der d. spr. 352, wo das goth. wort zu ags. eadhe, ahd. ödi gestellt wird. Prov. viure ad ais ist gleichbed. mit goth. vizön in azetjam in annehmlichkeiten, in luxus leben. Freilich müßte man alsdann ein gothisches subst. azi annehmen dürfen, was nicht ohne bedenken ist, wiewohl die seltensten deutschen Wörter ihren weg ins roma- nische fanden. Oder ist für ais baskischer Ursprung anzunehmen? in dieser spräche heißt aisia ruhe (labort.), aisina mufie. Aber aisina ist seiner ganzen bildung nach so acht provenzalisch, es geht überdies nach einer häufig hervortretenden prov. sprachsitte mit einem synonymen mos- ctdin so sicher hand in hand (aisi aisina wie plevi plevina, trahi trahina), daß dem bask. derivatum besser prov. Ursprung zukommt, wodurch denn auch der bask. Ursprung des primitivs verdächtig wird: aisia kann dem pr. aise, wofür sich eine ältere form aisi vermuthen läßt, sein dasein danken, wie das adj. aisa zum pr. ais stimmt. Eine zss. ist fr. malaise mgemaeh. Das mit doppeltem g geschriebene it. aggio (aufgeld) ist eine bloße scheideform von agio: in der piem. mundart z. b. vereinigt letzteres beide bedeutungen.

Agresto it., sp. agraz, pg. agra^o, pr. agras, altfr. aigret lien., dauph aigrat, wal. agris unreife traube, saß davon, eigentl. Säuerling; von acer, altsp. agre, fr. aigre, mit dem suffix as u. s. f., im ital. mit est vertauscht. Agraz entspricht in seiner bildung genau dem lat. von Hieronymus gebrauchten piracium birntrank.

Aguglia it., sp. aguja, pg. pr. agulha, fr. aiguille nadel. Nicht von aculeus: die ital. nebenform agocchia verlangt lat. aeueula, in wel- ches acicula, während c. noch guttural lautete, abgeändert ward, vgl. ge- nuculnm für geniculum Rom. gramm. II, 326; aeueula aber findet sich in der thai in mehreren handschriften des Codex Theodos., sonst auch nüat. acncla. Abgel. ist sp. aguijar, pg. aguilUar stacheln, das sicli dem fr. aiguille nähert.

10 I. AJUTO— ALBERCOCCO.

Ajuto it. hülfe, von adjutus bei Macrobius; sonst fem. sp. ayuda, pg. pr. ajuda, altfr. aüe, pie. aYude, in den Eiden adiudha, aiudha; vb. it. ajutare, sp. ayudar, pg. pr. ajudar, wal. azudä, von adjutare. Da- neben entsprang noch eine verkürzte form it. alta, pr. ahia, altfr. aYde {getvöhnl. al'e), nfr. zsgz. aide; vb. it. aftare, pr. aidar, fr. aider. Beide letztere lassen sich aus syncopiertem aj'tare deuten, nicht so attare, präs. aito rrtit betontem i.

AI altsp. altpg., pr. al (als), altfr. al, el, neutrales pronomen, zu- weilen mit einem Substantiv verbunden (al ren, ren al). Es bedeutet aliud; aber dessen i konnte nicht spurlos untergehn, vielmehr verlangte das laut- gesetz sp. allo oder ajo, pr. alh: will man nun nicht annehmen, die spräche habe dem i oder seiner Wirkung entsagt, um der Verwechslung mit allium (sp. ajo, pr. alh) auszuweichen, so sieht man sich auf das alt und volks- mäßig lat. alid, neutr. von alis, verwiesen, das zuerst bei Lucüius, dann bei Catull, endlich bei Lucrez, später aber nicht mehr vorkommt (worüber Ritschi De declinatione quadam latina reconditiore, 1861).

AI ab ar da, labarda it., sp. pg. alabarda, fr. hallebarde (h asp.) eine waffe, die den spieß mit dem beil vereinigt, hellebarte; vom mhd. helmbarte, helnbarte, über dessen Zusammensetzung sehe man Frisch I, 442* , Schmeller II, 182, Grimm III, 442, Weigand I, 496: es ist eine barte d. h. ein breites beü zum durchhauen des helmes. Die getreueste form ist churw. halumbard.

Alano it. sp., pg. aläo, altfr. alan dogge, bullenbeißer; gewiss von einem völkernamen. Menage zeigt, daß man Alanus für Albanus gesagt habe, und so ist ihm alano ein hund aus dem heutigen Albanien = Epirus s. v. a. lat. molossus, gleichfalls aus Epirus.

Alba it. sp. pr., pg. chw. alva, fr. aube morgenröthe; von albus hell, heiter, wie in Stella alba, wal. zioej albe heller tag: vgl. lux albescit, coelura albet, bei Dante il sol imbianca i fioretti die sonne färbt die blümchen weiß. Aber Ariost gestellt dem morgenroth mehr färben zu: poi che Faltro mattin la bella Aurora Taer seren fe' bianco e rosöo e giallo 23, 52. Wal. aurore3, das volksübliche wort aber ist zörile (Clemens worterb. 334), das aus zi tag und oare zeit zusammengesetzt scheint.

Alb an pr., dsgl. albanel, it. albanello, fr. aubrier ein stoßvogeh Das entsprechende pg. alväo (Constancio, fehlt bei Moraes) soll einen andern vogel bezeichnen. Die etymologie betreffend, so erklärt das Dict. de Trevoux aubrier aus aubfere weiß und gefleckt, von albus.

Alberare it., sp. arbolar, enarbolar, fr. arborer aufrichten (wie einen mastbaum), von arbor, it. albero, altit. albore u. s. f. Das verbum drückt hier eine thätigkeit aus in der weise seines primitivs: so lat. vitu- lari springen wie ein kalb, it. piombare fallen wie blei, brillare glänzen wie beryll, braccare umherspüren wie ein brocke.

Albercocco, auch albicoeco und bacoco it., sp. albaricoque, pg. albricoque, fr. abricot, neugr. ßeQVAoxov eine frucht, aprikose; von prae-

I. ALBERGO-ALCUNO. 11

coquus frühzeitig, weil sie früh reif wird, früher zumal als ihr nächster verwandter der pfirsich. Im mittelgr. nqar/.6niuov, nQanöxxiov hat das lat. wart sein sorgfältigstes abbüd gefunden; auf die rom. formen aber hat das arab. al-berqüq, worin das dem Araber fehlende p zu b werden mußte, denn es ist ein fremdes wort (Freyt. I, 112b), sichtbarlich einge- wirkt. Im neapolitanischen haftet noch das aus dem griechischen gebil- dete crisuommolo (xqvo6-iit}Iov). [S. dazu Mahn p. 49, Engelmann 13, Dozy, Oosterlingen p. i.]

Alb ergo it. altsp., nsp. pg. albergue, pr. albere, dltfr. herbere (helberc Jlexs.65), dsgl. fem. pr. alberga, altfr. herberge das. 116 und überall oft, nfr. auberge wirthshaus; vb. it. albergare, sp. albergar, pr. albergar und arbergar, fr. höberger (ohne asp.) altfr. herbergier; vom ahd. heriberga (f.), altn. herbergi (n.), vb. ahd. heribergön. Das altfr. bewahrte noch die alte bed. Icriegslager: ses herberges et ses foil- lies zdte und hätten des heeres Brt. II, 160, les herberges de Tost das. p. 163. Das schwanken im genus mag in der gleichen erscheinung der deutschen Wörter seinen grund haben.

Aleali it. sp. u. s. f., vom arab. al-qali aschensedz Freyt. III, 494".

Alchfmia it., sp. pg. alqufmia, pr. alkimia, fr. alchimie, mittelgr. dgxtyua die hunst gold zu machen, dsgl. it. sp. pg. ehimica, /r.^chimie scheidekunst; vom arab. al-k!mi& Freytag IV, 75h, das aber aus keiner einheimischen tcurzel herrührt; gr. x^ula erst bei Suidas. Das genaueste darüber hat Mahn p. 81—85 geliefert, welcher unter den verschiedenen herleitungen der aus gr. fvn6$ (flüssigkeit, soft) den Vorzug zuerkennt.

Alcohol reinster Weingeist; vom arab. al-kofhl einpülver die äugen- brauen zu schwärzen, $. Golius 2007, Freytag IV, 15* : wegen der fein- heit dieses pulvers ward der name auf den Weingeist übergetragen, eine der arab. spräche unbekannte bedeutung. So Pihan gloss. des mots frang. tires de Varäbe. [Genaueres bei Mahn p. 107.]

Alcöva it., sp. pg. alcoba, fr. alcöve (f.) nebenzimmer. Grimm III, 429 und andre Sprachforscher halten es für deutsch, indem sie ein ahd. alah-kovo annehmen (alah heißt tempel, kove wäre das nhd. kofen). Da es indessen erst aus der span. in die übrigen mundarten eingeführt und darum auch nicht ins mitteUatein aufgenommen ist, so werden es die Spanier wohl aus dem arabischen geschöpft haben: hier bedeutet al-qobbah gewölbe oder zeit Freyt. III, 388* und kommt auch (in der form Alcoba) als name eines portugies. dorfes vor, s. Sousa. Im prov. findet sich über- dies aleuba GO, Flam., im altfr anz. aueube, welche derselben herkunft sein müssen und die arab. bed. zeit bewahrt haben, wie sich z. b. aus der stelle tendre les aueubes de lin die leinenen zelte aufschlagen Er. En. 4102 klar ergibt.

Aleuno it., sp. alguno, pg. algum, pr. aleu, fr. aueun, unbestimmtes pronomen, zsgs. aus aliqui unus. Es gibt ein altfr anz. ursprünglich bur- gundisches pron. alquen, auquen, alcon masc. (fem. aueune), bei welchem zu untersuchen bleibt, ob es aus aliqui homo (alc'uen alc'on) zusammen-

12 I. ALENARE-ALLODIO.

gesetzt ist, wiewohl es übrigens auch adjectivischen gebrauch erlaubt: ju querroie aucuen solaz SB. 572 ; mit sp. alguien kann es wenigstens nicht identisch sein. Die norm, mundart kennt auch das parallele cascons für quisque s. Wright, Anecd. p. 88, chescon Ben. app. IIL, 471; überdies ascons (aliquis horao?) LG. 50, ascun Wright, Polit. songs p. 137.

Alenare it., pr. cot. alenar athmen, fr. halener (h asp.) tcittern; sbst. it. alena, lena, pr. aleua, fr. haieine (ohne asp.) atJiem. Das ver- bum ist umgestellt aus lat. anhelare keichen, bei späteren auch athmen: it. anelare, sp. anhelar (letzteres bei Pougens, Arch. fr. I, 50); das sbst. entsprang aus dem verbum, wenigstens steht seinem- ableitung aus halare die Seltenheit und Unsicherheit des suffixes ena entgegen. Über sp. aliento s. IL b.

Alf ido, auch alf iere it., sp. alfil, arfil, pg. alfil, alfir, ältfr. aufin lauf er im schach ; vom pers. fil elephant, mit arab. artikel al-fil, s. Du- cange y. alphinus, vgl. dagegen Pott in Lassens Ztschr. IV, 12.

Algebra it., sp. älgebra, fr. algöbre buchstabenrechnung; vom arab. al-gabr Wiedereinrichtung zerbrocJiencr dinge, eine dem Span, worte noch anhängende bedeutung, daher Vereinigung zu einem ganzen, darstellung verschiedener Operationen mit wenigen zeichen. S. Golius 462, Freytag 7, 239b. . Es ist gegen die regd, daß in diesem worte der accent auf dem arab. artikel ruht.

Algo sp. pg., pr. alque, alques, altfr. auques (noch jetzt lothr. öque, champ. yauque u. dgl.) neutrales pronotnen; von aliquod, aliquid. Dsgl. sp. alguien, pg. alguem, vom acc. aliquem.

All arme it. (m.), sp. pr. alarma, fr. alarme, wal. lärme, lärm, lärmschlagen; vb. allarmar e ff. ; von dem ausruf all1 arme! zu den waffen! Daher occ. alarmo interjeetion der Verwunderung, it. arm' arme! Buom- mattei trattat. 18, 3.

Allegro it., sp. pr. alegre, fr. alfegre munter, nebst vielen ableitun- gen; von alacer alacrem, mit fortgerücktem accent alacrem. Das wort scheint in betracht seines aus a entstandenen Umlaufes e ursprünglich französisch, wenigstens war ältfr. halaigre ein sehr üblicher ausdruck und hat sich auch als geschlechtsname Aligre fortgesetzt. Die ursprünglichste form zeigt das bask. alaguera.

Allevare it., pr. alevar fr. elever aufziehen, erziehen, von alle- vare, elevare ; eigentl., nach einer alten sitte, ein kind vom boden aufheben um es zu erziehen, lat. tollere puerura in gleichem sinne. Es hängt also nicht zusammen mit dem religiösen gebrauche des hebens aus der taufe, mlat. levare de sacro fönte, der sich nur auf den pathen bezog. Daher sbst. altsp. alevo täufling, it. alievo, fr. öleve zögling.

Allojlio it., sp. alodio, pr. alodi und aloc, alo, fr. alleu freies erblehcn. Sämmtliche formen passen in das mlat. alodium, selbst das pr. aloc, dessen auslaut aus derselben Verhärtung des di = dj entstand, wie der von fastic, lat. fastidium ; zu aloc aber verhält sich fr. alleu wie zu foc feu, zu loc lieu. Alter als alodium ist alodis in der L. Säl. und diphthong statt des langen vocals alaudes in westgoth. Urkunden. Grimm,

L ALLODOLA— ALMIRANTE. 13

Rechtsalt. p. 493. 950, verfnuthet in diesem wort ein deutsches composi- tum al-öd cganz eigen \ Müllenhoff zur L. Sal. p. 278 wendet einen for- mdien mangel ein, da ahdeutschem 6t salisches aut (alaudis für alodis) entsprechen müßte und nimmt lieber fremden Ursprung an. Von roman. seite läßt sich nur erinnern, daß die form alodis besser befriedigt, daß alaudis regelreckt pr. alau (alauc), altfr. aloi erzeugt hätte (vgl. pr. And-oart = westgoth. oder bürg, aud —), daß also die roman. formen genau zu der salischen stimmen. ' Wenn das spätere mlatein alödium scandierte (alodium fundum dicas, fundum raaris imum s. Ducange), so ist dies für die etymologie ohne bedeutung.

Allodola, lodola, it., bei Dante Par. 20, 71 alodetta, sie. lodana, altsp. aloa J. Manuel ed. öayangos p. 250h, aloeta (aluda Canc. de B.), nsp. alondra, pr. alauza, alauzeta, altfr. aloe (davon altn. 16a nach Grimm, Reinh. Fuchs p. 370), nfr. alouette, mlat. laudila Gl. lind., laudula Nyerup. 268, Hoffm. Sumerl. 10*, 27b ein vogel, lerche. Von alauda, gallisch nach Plinius und Sueton, daher Gregor v. Tours 4, 31 sagt: avis corydalus, quam alaudam vocamus (wir Gallier). J. Grimm über MarceUus Empir. findet das gallische wort im Tcymr. uchedydd schweben- der vogel, lerche, andre verweiseti auf das bret. alc'houöder, Tcymr. alaw- adar vogel der harmonie, s. Le Gonidec Dict. fr. bret. p. p. Villemarque p. rtt. Man sehe die neueren Untersuchungen von Mahn p. 22, Diefenbach, Orig. europ. p. 219. Den äußersten westen und osten des gebietes hat dieser fremdling nicht erreicht: der Portugiese sagt dafür cotovia, der

Wdlache ciocerlän.

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Almanacco it., sp. almanaque, fr. almanac kalender. Man hält es, von der silbe al verführt, für arabisch und erklärt es aus dem vb. mana'ha zählen, welches aber nicht arabisch, sondern hebräisch ist An- dre, auch Jos. v. Hammer, denken an al-mana'h (oder, wie Mahn in seiner gelehrten Untersuchung berichtigt, al-minhat) gesehen!: vom verb. manarha schenken Freyt. IV, 213a, der kalender wäre ein geschenk. Aber auch dies ist sehr zu bezweifeln, da die kalender der Araber sich durchaus nicht zu geschenken eignen, ihr name auch ein ganz andrer ist, taqutm. So bleibt die herkunft des Wortes noch unentschieden; s. Dozy., Oosterl. p. 11.

Almirante it. sp.pg., pr. amiran, altfr. aiuirant, dsgl. pr. amirat, entsprechend altfr. amirö und oft amiraut (nom. aus, aux), ferner it. almiraglio, ammiraglio, pr. amiralh, alt- und neufr. amiral und admiral (so noch bei Nicot und weit späteren), mlat. amiratus, admiratus, adini- raldus, admiralins, admirabilis (altfr. amirafle) fürst der Sarazenen, be- fehlshdber einer flotte; vom arab. aintr fürst, befehlshaber Freyt. I, 59*. Erst durch die Sicilianer und Genuesen soll das wort seine specielle jetzt noch gültige bedeutung empfangen haben, s. Ducange v. amir. Die mit al anhebenden formen danken diese silbe der einmischung des arabischen artikels. Nach Mahn p. 7 und Engelmann p. 54 ist das fr. amir-al die dem original am nächsten kommende dar Stellung, insofern sie nämlich den arabischen £tfcJanifr-al-bahr d. i. befelilshaber des meeres, allerdings nach

14 L ALMÜSSA-AMALGAMARE.

dbfall des letzten Wortes, buchstäblich wiedergibt. Vergleicht man indessen almir-ante, worin eine anbädung an command-ante oder imper-ante nicht zu verkennen ist, so fühlt man sich gedrungen, auch in amir-al eine solche und zwar etwa an Wörter wie general (fddherr), oficial (officier) u. a. an- zuerkennen, während die sufßxe anderer formen gar keine oder wunder- liehe bedeutungen ausdrücken. Im prov. und (üt franz. heifit unser wort ohnehin niemals seebefehlshaber, sondern beherrscher der ungläubigen ; ein troubadour nennt selbst den belierrscher der Deutschen mit diesem namen: dels Alamans, s'ieu fos lur amiratz LR. LL, 72. Bekannt ist aus den spa- nischen romanzen der titel almirante de la mar, dessen letzte worte den sinn Ergänzen müssen. [Dieser ansieht ist auch Dozy, Osterl. p. 5, beigetreten.]

Almussa pr., fr. aumusse, altfr. aumuce {daher mnett. almutse, amutse), sp. almucio (Seckendorf), pg. mursa; dimin. pr. almucela, attpg. almucella, almocella, sp. almocela, in Urkunden almucella, almo- $ala, dsgl. altfr. aumucette, sp. muceta,#. mozzetta. Diese Wörter bedeu- ten eine bis auf die schultern herabfallende kopfbedeckung zumal der geist- lichen, oder auch, in den diminutiven formen, ein kurzes mäntelchen. Der arab. spräche gehören sie nicht, wenn sie auch, wie viele andre, zum theä den arab. artikel an sich gezogen haben: sie sind offenbar identisch mit unserm mutze, ndl. mutse, das man aus dem vb. mutzen (abstutzen) er- klärt. Vgl. unten mozzo.

Alna, auna, alla it., altsp. dltpg. pr. alna, nsp. ana, fr. aune eUe. Zunächst gewiss vom goth. aleina, ahd. elina, wozu auch das genus stimmt, aleina aber nach Grimm III, 559 aus dem lat. ulna geformt. Ziemlich vollständig spricht sich das deutsche wort aus im ndat. alena Eist, du Dauphine II, 283.

Altresi it., sp. otrosf, pg. outrosim, pr. altresi, atresi, altfr. au- tresi, adverUum der vergleichung; von alterum sie.

Altrettale it., sp. otro tal, pg. outro tal, pr. altretal, atretal, altfr. autretel, pronomen; von alter talis. Prov. atrestal von alterum-sic talis.

Altrettanto it., sp. otro tanto, pg. outro tanto, pr. altretan, atre- tan, altfr. autretant, pronomen; von alter tantus. Prov. atrestan von alterum-sic tantus.

Alzare it., sp. alzar, pr. alsar, ausar, fr. hausser (h asp., vgl. baut IL c), wal. inaltzä erhöhen; von altus, gleichsam altiare. Erwäh- nung verdient das franz. compos. exbausser (pr. eissausar, sp. ensal- zar), weil es in exaucer eine besondere form mit der bed. 'eine bitte er- hören angenommen, denn dieu a exauce mes prieres heißt ursprünglich 'gott hat mein gebet erhöht, begünstigt*.

Amäca it., sp. hamaca, umgestellt amahaca, pg. maca, fr. hamac (b asp.) hängebett; vom ndl. hangmat, hangmak. Das wort findet sich auch im karaibischen und soü nach einigen durch die westindischen See- räuber verbreitet worden sein, s. Pott, Doppelung cet. p. 83.

Amalgamare it. u. s. w. verquicken d. h. ein metall mit Queck- silber verbinden; vom gr. fidkayfia erweichung.

I. AMARICARE-AMBASCIATA. 15

Amaricaretf., auch amareggiare, sp. pg. pr. amargar bitter machen, erbittern von amarus, das verbum bereits im frühsten nilatem, s. Ducange undClass. auct. VI, 606b ; adj.sp.pg. amargo, cal. amarg, dsgl. amar- g0 80, spätlateinisch amaricosua Quicherat Add., sbst. amargo r, letz- tere durch eintcirkung des verbums so gebildet. Zsgs. it. rammaricarsi sich beklagen, ramm&rico klage, verdruß, vgl. adj. amaro kränkend, beschwerlich^ sie. amaru betrübt, wal. amar interjeetion des Schmerzes, ebenso attpg. amaro de mi! GVic. II, 465.

AmsitTSLYsp.pg., amarrer fr. ein schiff festbinden; sbst. amarra, amarre das dazu dienende tau; dsgl. fr. dämarrer ein schiff losbinden. Nach Pougens, Trisor I, 56, vom arab. marra ein seil drehen, marr seil Frei/tag TV, 163k. Es fehlt allerdings nicht an arab. schifferausdrücken im roman.; nähere ansprüche aber hat sicher das ndl. marren, merren, mhd. merren anbinden, befestigen, ags. merran zurückhalten = ahd. marr- jan, vgl unten marrire.

Ambasciata und imbasciata it., sp. embaxada, pr. ambaissada und masc. ambaissat, fr. ambassade, it. auch ambasceria, botschaft, gesandtschaß; it. ambasciadore ff. botschafter. Ambasciata stammt vom mlat. ambactia dienstverricktung , auftragt si in dominica ambactia (cd. ambaxia) fuerit oecupatus L. Sah, auch in der L. Burg., bei Colum- banus (um 560) u. a.; dies muß eine abteitung sein aus dem von Caesar De bell. galt. 6, 15 für dienstmann gebrauchten ambactus: (equites) cir- cum se ambactos clientesque habent, und zwar eine noch in römischer seit, wenigstens vor festsetzung des romanischen sprachcharakters, ent- standene ableüung, da der Romane das Substantivsuffix Ta zu neubüdun- gen nickt zuläßt. Ambactus also gab das abstractum ambactia, welches man, seit t vor tonlosem i zum Sibilanten geworden, d. h. im ersten mittd- atter, in Frankreich ambaesia aussprechen, ambaxia schreiben mußte: hieraus erst das it. ambasciata, welches nicht zu ambactia passt, denn scia aus ctia wäre beispiellos; denselben durchgang durch das fr. ambaxia muß auch das sp. embaxada genommen haben. Auch das vb. ambasciare eine botschaft verrichten war dem früheren mtatein bekannt, woraus sich die an der spitze dieses artikels stehende participialableitung zunächst er- klärt; das prov. mascuUn findet sich schon im Capittdare de vülis (am- baseiatum) vorgebildet. Ambactus, bemerkt Festus, apud Ennium Lingua gallica' serrus appellatur. Hiernach ist es ein gallisch-lat. wort, und da- bei kann die romanische etymologie stehen bleiben. Bekanntlich erkennen Zeuß und Glück darin das kymr. amaeth ackersmann, werkmann, für ambaeth, J. Grimm das goth. andbahts diener9 ahd. ambaht; man sehe darüber Diefenbachs neue Untersuchung des Wortes, Orig. europ. p. 226. Zu ambasciata gesellt man auch das it. am ba scia angst, beklemmung, bei Dante zweimal infernale ambascia höllenpein, vb. ambasciare keichen, athendos sein, angst empfinden, zsgs. trambasciare und strambasciare. Daß die Vollziehung eines auftrages beschwerlich sein kann, versteht sich, aber beklemmung ist keine nothwendige begleiterin derselben; selbst tra-

16 I. AMBIARE— ANCA.

vaglio ist nie zu dieser höhe der bedeutung hinaufgestiegen, Erich (Ericus) in seiner wenig bekannt gewordenen ldv&Qio7voyXioTToyovia Venet. 1697 §. 417 zieht dies wort darum aus dem gr. dqxxola Sprachlosigkeit, stumm machende angst; ist nun die Variante duqxxoia nicht eine bloß poetische dem metrum zu gefallen geschaffene, so verdient diese deutung alle rück- sieht: die lat. betonung war amphäsia, it. amfascia (vgl.ayoQaaia, it. gras- cia), durch einen tausch des labials, vielleicht um die erinnerung an fas- cia wegzuräumen, ambascia. Daß es den schwestersprachen versagt ist, gibt der herleitung aus dem griech. einige berechtigung. Hierzu abait II. c.

Ambiare it., sp. pg. pr. amblar, fr. ambler den pass gehen (von pferden), mlat. ambulare, in dieser ausschließlichen bedeutung unclassisch und erst etwa seit dem 9. jh. im gebrauch. Dem wal. umblä fehlt diese bedeutung, t dagegen ist es in der ursprünglichen ganz volksüblich geblieben.

Ambra it. (f.), sp.pg. ämbar und alambar, alambre (m.), fr. ambre (m.) bernstein, mhd. amber, ämer, nhd. ambra, ein harziger stoff aus dem Orient; zunächst von dem arab. canbar (zugleich name eines Seefisches), das aber in dieser spräche selbst keine würzet hat, s. Freytag III, 227b.

Ämido it., pg. ämido, amidäo, sp. almidon, fr. amidon stärke zum steifen der wasche; von amylum (afivlov) kraftmehl. Es ist das einzige beispiel eines gemeinrom. Überganges von 1 in d, mlat. am i dum Dief. Gloss. lat. germ.

Ammainare it., sp. pg. amainar, fr. amener (Jes voiles) die segel einziehen.

Amonestar sp. pr., pg. amoestar, altfr. amonester, nfr. admon&er warnen, ermahnen, prov. auch monestar; altfr. sbst. monneste TFr. p. 446; weder im italienischen bekannt noch im mütellatein. Doch wohl von monitare bei Venantius Fort., aber mit eingeschobenem 8, um nicht mon- tar zu sprecJien, wie vantaf aus vanitare ward; also eine scheideform, aber eine der seltsamsten. Darum gebührt der folgenden deutung eines französischen etymologen genaue erwägung. Der Romane muß admönere gesprochen haben, wie er summönere (semondre) sprach: jenes verbum gewährte ihm ein partieip admonestus, daher admonestare, admon^ter. S. Littre, Hist. d. I. I. fr. I, 34. Genau erwogen, gewahrt es ihm ein pari, admost nach dem muster von somost, vielleicht selbst admonst, da die substantiva somosta* und somonsa vorkommen, daher denn das verbum admonstar, zur tilgung der härte admonestar. Diese hülfeleistung des e vor s scheint aber nicht minder bedenklich als die des s vor t.

Ananas it. sp. fr. eine südamericanische staude sowie deren frucht, pg. ananaz in letzterer, ananazeiro in ersterer bedeutung) der name mit der sache nach Europa gekommen.

Anappo, nappo it., pr. enap, altfr. hanap, henap (h asp.); vom ahd. hnapf, früher hnap, im munde der Romanen hanap (so bereits in den Casseler glossen), nhd. napf. Eine ableitung ist altfr. hanepier hirn- schale, eigentl. gefäß, in beziehung auf ihre form, wie testa.

Anca it. sp.pg.pr., hanebe fr. (h asp.), daher engl, hauneb, hüfte,

L ANCHE. 17

plur. sp. pr. ancas kreuz der lastthiere; zsgs. it. sciancato, fr. 6hanch6 lendenlahm. Zwei etymologien liegen vor: vom gr. ayxt] bug, biegung, und vom dtschen anke, ahd. ancha genick, eigentl. wohl einbiegung. Den griech. stamm hat die roman. spräche auch sonst benutzt (vgl. anco II. b) und Festus erwähnt selbst ein lat. ancus (gui aduncum brachium habet ut exporrigi non possif. Aber das deutsche Wort lag7 zumal in seiner speciellen anwendung (gelenk), dem Romanen näher als das griechische und das su den alterthümern der spräche gehörige lateinische. Entschieden aus dem ahd. ancha in der bed. tibia, crus ist fr. anche röhre, wovon banche durch die aspiration (vgl. dazu fries. hancke, hencke KU.) geschieden ward. Anche, anco it., chw. aunc, aunca, partikel s. v. a. lat. etiam (auch, noch), pr. anc, altfr. ainc s. v. a. unquam, wai. ince s.v. a. adhuc. Im Leodegar trifft man hanc in itdl. bedeutung: hanc la lingua auch die zunge 27, et hanc en aut merci si grand er hatte auch so große gnade mit ihm 31. Dazu die Verbindungen pr. anc mais, anc sempre, ancse. Die entstehung dieser partikel läßt sich auf verschiedene weise denken. Prov. anc z. b. könnte aus fr. onc (unquam) entstanden sein etwa wie ara aus ora ; es wird ebenso nur verneinend gebraucht und nur auf die Vergangenheit bezogen: anc non fo hom = onc ne fut hom, und so ist auch anc mais = fr. onc mais, it. unque mai. Aber es ist nicht rath- sam, das prov. wort von seinem ital. gefährten zu trennen, mit dem es in einem alten denkmal gleichbedeutend erscheint. Zu erwägen ist femer adhuc, dessen sinn (bis jetzt, noch dazu, sogar) das rom. wort vollkom- men ausdrückt: auf diese weise würde sich auch das sp. aun (wofür der Portugiese ainda setzt) damit vereinigen lassen. Dessen herkunft aus ad- huc ist unzweifelhaft: mit eingeschobenem n entstand ädunc äunc, mit apocopiertem c dun, welches von den Alten noch zweisilbig gesprochen und darum auch ahun geschrieben ward, s. Tierceo p. 154, 320. 203, 172. 368, 628; denselben Vorgang zeigt aitsp. nin = lat. nee, pg. assim = sie, allin GVic. 93* = illic. Darf man ein solches rhinistisches adunc annehmen, das auch durch das altfr. ainsinc aus aeque sie unter- stützt wird, so konnte dies im itdl., worin d zwischen vocalen nicht leicht ausfällt, kaum anders lauten als ad'nc ai\p anche. Damit trifft das pr. anc zusammen, wiewohl a hier vielleicht aus au vereinfacht ist, vgl. anta aus aunta. Es ist noch eine dritte etymologie gedenkbar, aus hanc sc. horam {vgl. wegen des zu supplierenden Substantivs it. issa sc. hora), von seiien des buchstabens geunss die einfachste, von Seiten des begriffes aber in so weit minder genügend, als außer horam auch noch ad suppliert werden muß. Für altfr. ainc wird zuweilen mit beigefügtem s ains gesetzt, z. b. Alexs. 66, 3, was von ains = sp. antes zu scheiden ist. Hier kommen noch zwei composita in erwägung: pr. anc-ui, altfr. enc-ui, altit. u. mdartl. anc-oi heute; pr. anca-nuech, altfr. enque-nuit, diese nacht. Das darin enthaltene anc konnte unser rom. wort sein, im zweiten compositum euphonisch erweitert in anca (vgl. chw. aunca); der eigent- liche sinn wäre alsdann *noch heute, noch diese nacht3.

2

18 I. ANCINO— ANDARE.

Ancino it., sp. anznelo, pg. anzol, fr. hameQon haken, angel; sämmtlich aus hamus abgeleitet

Andana com.piem. 1) gang d. i. Haltung im gehen, auch lebensweise, 2) räum, den der mäher mit einem schritt durchmißt, fr. andain (m.) in der zweiten bedeutung, norm, andain (m.) schritt, in Berry läge des ab- gemähten grases, sp. andana, pg. andaina überh. läge, reihe. Nahe liegt andare gehn, wiewohl das franz. wort nicht mit aller zusammentrifft; die grundbedeutung wäre schritt, woran sich der räum eines Schrittes in dem bemerkten sinne, endlich läge, reihe knüpfte: auch unser Schwaden be- zeichnet sowohl den von der scnse bestrichenen räum als auch die reihe oder läge der abgemähten Halmen. Dazu kommt noch ein wort mit un- gewöhnlichem nicht sicher zu beurtheilenden suffix, altsp. andamio Hal- tung im gehn, mlat. andamius (aera 1036) gang, Zugang, cdtpg. andamo mit ders. bed., vgl. henneg. andame = fr. andain; auch sp. andamio, pg. andaimo, andaime, bask. aldamn gang auf dem wall oder der mauer, dsgl. baugerüste, in welcher bedeutung man es für arabisch hält, kann hieher gehören.

Andare it., sp. pg. andar, cot. pr. anar, wäld. annar, lomb. anä gehen. Der Franzose hat ein anderes wort, aller; dem Churwälschen und Walachen fehlt das eine wie das andre: jener setzt sich ein verbum zusammen aus ire, vadere und meare (doch hat man neuerlich in einem theile dieses gebietes auch amnar entdeckt, Zeitschr. für vergl. sprachf. VIII, 231), dieser braucht mearge, dessen starke flexion (mearsei, mers) latein. Herkunft verräth, also etwa auf emergere (hervorkommen) zurück- zufuhren ist, wenn nicht das alban. mergönem 'ich entferne michy auf seine bedeutung eingewirkt hat Im span. und port. ist das verbum voll- ständig, im ital. war es ehemals gleichfalls vollständig und ist es noch in mundarten z. b. der sardischen,' ergänzt oder mischt sich aber jetzt in der art mit vadere, daß jenes die flexionsbetonten, dieses die stammbetonten formen hergibt: vo, vai, va, andiamo, andate, vanno; andava; andai u. s. f. Der grund dieser mischung liegt ziemlich nahe. Schon im latein steht rädere defectiv da, es entbehrt des peffects nebst den daher abge- leiteten Zeitformen; nur der späte ^Tertullian sagt einmal vasit. Für dies fehlende tempus konnte die neue spräche das umfanglose ivi, das noch dazu in ii zusammenschwinden mußte, nicht brauchen; sie schuf sich ein bequemeres verbum, andare, das nicht nur in das perfect und imperf. conj. (andai, andassi), sondern, da es im infinitiv flexionsbetont ist, allmählich in alle flexionsbetonte stellen des Schemas eintrat, während das stammbe- tonte vadere in den stammbetonten stehen blieb. Es findet also hier ein Wechsel statt, dem sich der zwischen esco von exeo, und nscire, das sich an ostium anlehnt, vergleicJten läßt: esco, esci, esce, usciamo, uscite, escono. Was nun den Ursprung von andare betrifft, so könnte man die sache kurz abthun: es wäre umgestellt aus lat. adnare Her schwimmen, welches Papias gradezu mit venire übersetzt, die prov. form würde sich gut aus annare erklären; ward ja doch auch arrivare durch eine ähnliche

I. ANDARE. 19

ansehauung aus adripare anlanden. Doch ist es rathsam sich weiter um- zusehen. Vor allem ist ein lat. verbutn von ähnlichem klänge, ambulare, zu erwägen, das um so mehr berechtigt scheint, als das frühste mlatein sich dessen ganz im sinne von andare bediente (letzteres erst in Urkunden v. j. 972 u. 986, s. Muratori s. v. andare), wie z. b. ein longob. gesetz in der phrase ad maritum ambulare = it. andare a marito; es macht sich sogar der eben berührte Wechsel zwischen diesem verbum und vadere bemerklich, der freilich nicht regelmäßig sein kann, da die Volkssprache selbst noch das vollständige andare besaß. So liest man z. b. ambulando ubi voluerit . . . vadat ubi voluerit Brun. 532 (v. j. 749); qui ad ma- ritum ambulaverint ... et postea vadant Lup. 646 (v. j. 806). Allein dieser nüat. brauch zeigt nur, daß man ein bekanntes lat. wort einem ähnlich lautenden roman. unterschob, wie man z. b. corte, fr. cour, häufig mit curia wiedergab; er beweist nichts für den Ursprung von andare. In der (hat ist seine entstehung aus ambulare wenigstens auf ital.' gebiet gegen alle analogie; auf spanischem kann sie sich auf einen einzelnen ähnlichen fall, sendos aus singulos, sing los berufen, aber das formell nähere amylum gab doch amido, nicht ando. Vollständiger genügt ein aus ambire abgeleitetes verbum, ambitare, entsprechend dem lat. itare aus ire, zsgs. ambtare amtare, mt aber ward zu nd wie in conde, duendo, lindar, senda aus com'tem, dom'tum, lim'tare, sem'ta. Der Frovenzale sagt anar mit syncopiertem d; da aber seiner mundart diese syncope sonst nicht zusagt, so ist einfluß des cat. anar, das sich verhält wie manar oder fonar aus mandar, fondar, anzunehmen. Indessen steht dieser etymologie die ital. form andare im wege, indem diese mundart mt niemals durch nd wiedergibt, einfuhrung aber eines Wortes dieser ort aus Spanien ganz unwahrscheinlich ist. Muratori räth, vielleicht nach Ferraris schwankender andeutung, auf lat. aditare und ohne zweifei hat er das richtige getroffen. Ennius braucht es einmal (ad eum aditavere) ; seine bedeutung ist coft hinzugehen, also chin und hergehen, und grade diese bedeutung spricht sieh noch in verschiedenen roman. ableitungen aus wie im sp. andante hin und hergehend, daher caballero andante ein irrender ritter, andorro hin und herschweifend, sard. andareddu mit derselben bedeutung. Die form macht nicht die geringste Schwierigkeit: n ward vor d eingeschoben um dem warte auf roman. weise mehr umfang zu geben wie in rendere aus reddere, ein verfahren, das sich mit dem Substantiv desselben Ursprunges it. sp. ändito aus aditus belegen läßt, mlat. v. j. 800 cum viis et aquis et anditis suis, s. Muratori und Ducange, und was den Schluß des Wortes betrifft, so ist altsp. altit. renda aus reddita zu vergleichen, der tägliche gebrauch verkürzte anditare endlich in andare. Günstiger für Muratori's etymologie wäre freilich antare gewesen, indessen erweicht sich nt wenig- stens im span. oft in nd, im ital. kommt dies seltner vor, aber es kommt vor (endivia, polenda, lomb. anda = fr. tante u. a.) Andare hat etwas merkwürdiges in seiner flexion, indem das perf. altit. andiedi, an- detti, altsp. andide, andude lautete. Diese formen bewogen J. Grimm

20 L ANDARE.

das räthsdhafte verbum aus dem deutschen herzuleiten: andettero (3.plur.) entspräche einem altern goth. ididedun, prät. von gaggan gehn, dessen stamm in der longob. mundart and lauten mochte. Diese herleitung leidet an zu großer künstlichkeit und entbehrt alles historischen anhaltes. Andare und stere geben der roman. spräche zwei ganz parallele hülfsverba ab: ist es ein wunder, daß diese spräche auch ihre flexionen in einMang zu brin- gen suchte? Solche anbüdungen sind ja nichts seltenes. Sp. anduve ist daher = estuve, andido = estido, andudo = estudo, beide letztere ver- altete perfecta; ältit. andetti = stetti, andiedi = stiedi. Auch andre verba erster conj. wagte der Spanier so zu flectieren: entrido von entrar, catido von catar, demandudo von demandar. Sonst wird andare auch vom deutschen wenden, wandern, wie aller von wallen hergeleitet; wer dies thut möge aber vorher den abfall des deutschen anlautes w als etwas auch nur einigermaßen übliches nachweisen. Span. Andalnz, Andalucia, wenn -es, was nicht ganz sicher ist (s. Bios, Lit. esp. II, 10), von Wan- dolus kommt, wäre freilich ein beispiel, allein dieses wort gieng durch den mund der Araber, welchen die roman. ausspräche des w wie gu in Guan- dalnz, Guandalucfa nicht zusagte und so findet sich auch impla für guimpla in einem mozarabischen missal. Wenden, goth. vandjan, ward richtig guandir, wallön hätte fr. ganler werden müssen. Mit besserm rechte könnte man ein celtisches verbum, kymr. athu, ir. eath (gehen) in anschlug bringen, genügte die herleitung aus der nächst berechtigten spräche

nicht vollständig. Die franz. mundart hat weder ander noch aner,

doch kommen in alten werken unzweifelhafte spuren des letztern vor: in der Chron. de Benoit I, p. 92 si qu'en exil nos en anium (wofür frei- lich auch aujum gelesen werden könnte), im Tristan (Chx. VI, 300) que vosanez por moi fors terre. Dafür bietet sie aller, altfr. aler (aber allar bereits Pass. de J. C. 114), das sich*ebenso mit vadere mischt wie das it. andare, nur daß es das ganze präs. conj. von dem eigenthümlich roman. verbum, das futur von ire entlehnt; eine volksmundart soll (für irai) vrai von vadere brauclien, s. Fuchs, Zeitwörter p. 311 (wenn dies nicht aus viendrai zusammengezogen ist). Was aller betrifft, so kann jenes veraltete nur vom norden des franz. Sprachgebietes eine Zeitlang fest- gehaltene aner kein bloßer provenzalismus, es muß ein achtes franz. wort sein; aner und aler, dieses aus jenem entstellt, können neben einander ge- golten haben wie venin und velin (venenum), orphenin und orphelin, so daß alle drei formen, andar, anar, aler, auf ein und dasselbe wort der lingua rustica zurückleiten, daß also auch hier ein zusammentreffen der mundarten statt findet, wie oft in noch abweichenderen gebilden. Vielleicht lassen sich noch reste ursprünglicherer formen von aditare hervorziehen. Comask. aitöe s. v. a. andato, ist es nicht unmittelbar aus aditato mit syncopiertem d entstanden, oder wie erklärt es sich sonst? Venez. aida s. v. a. vanne (imperat.), ist es nicht genau das gleichfalls syncopierte adita? Ja das walach. dem gr. devQO, devti, dem goth hin, hirjitb entsprechende defectiv aide, aidatzi (bei Clemens), passt es nicht ebenso

I. ANGOSCIA-ANZI. 21

zu adita, aditate, oder wäre es fremdes Ursprunges, da auch der Serbe ajde, äjdate spricht? Aus dem primitiv adire aber entstand vielleicht das bürg, sii (aYr) s. v. a. aller, in der mundart des Jura. Von aller leitet sich das sbst. alläe gang, baumgang, das Ducange aus la 16e (laie IL c) entstanden wähnt, vgl. it. andata. ~ [Die Wichtigkeit des verbums andare hat später noch andre deutungsversuche hervorgerufen, die aber an dieser stelle nicht auseinandergesetzt werden können. Nur soviel werde bemerkt, daß man der oben zuerst aufgestellten deutung aus adnare den preis zuerkannt hat, ohne sie jedoch mit neuen argumenten zu unter- stützen.]

Angoscia it., allsp. angbxa, pr. engoissa, fr. angoisse angst; vb. angosciare, angoisser ängstigen; von angustia enge, noth. Der neusp. ausdruck ist congoxa, auch pg. cot. congoxa, worin das vermeintliche präfix an mit con vertauscht ward, während der Provenzaie es sich durch en verdeutlichte.

Anima it., pr. anma JBth., altfr. anme, nfr. äme, dsgl. mit 1 it. sp. pg. alma (in ersterer spracJie nur poet.), chw. olma, mit r pr. arma, altfr. arme, airme seelc, weil, inime seele, auch herz im physischen sinne; von anima athem, leben. Das masc. animns fehlt franz. und prov. und wird in einer seiner bedeutungen mit courage, coratge ersetzt.

Ansia it. sp. pg., pr. aissa, altfr. ainse, aisse (s. glossar zu JBenott) angst, ängstliches verlangen, mlat. anxia Dief. Gloss. lat. germ. ; vom adj. anxins. Abgd. it. sp. ansioso, pr. aissos, altfr. ainsos ängstlich, sehn- süchtig. Die prov. mundart besitzt noch ein masc. ais, welches Widerwille zu bedeuten scheint: tant es cortesa senes ais M. 39, 5; no tem lo seig- nor del Bais, anz en mou contr1 el tal ais LR. III, 610 (mit aide über- setzt): ob es = sp. asco ist, wie Raynouard meint LR. II, 41, steht da- hin: man müßte eine Umstellung acs annehmen.

Antano sp., altpg. antanho, alt- und npr. antan, altfr. antan, en- tan adverbium für nähere Vergangenheit, im gegensatz zu hogano (s. ngu- anno) : pr. antan aic d'amor ses falha, mas non ai ognan sonst hatt9 ich liebe genug, jetzt haV ich keine mehr Chx. III, 268. Von ante annum. Abgd. altfr. antenois, lat. annotinus.

Anzi it., sp. pg. äntes, pr. cot. ans, altfr. ans, ains präposition und adverb 1) vor. ante, 2) vielmehr, potius; von dem in den meisten sprachen noch fortdauernden ante mit angefügtem adverbialen s, so daß die ital. form eigentlich für ansi stefd, vgl. diesen wandet des s bei vor- hergehendem n in senza, manzo u. a. Der herleitung aus antea wider- spricht die span. form und selbst im ital. war alsdann anza (vgl. poscia) zu erwarten, dagegen ist i eine bevorzugte endung der partikeln. Nur ist bei anzi zu erinnern, daß ein paragogisches s dem ital. Sprachbau wider- spricht: man müßte also hier die silbe zi als paragogisch annehmen, wie bei senza die sübe za. Menage stimmt für das unvorhandene, aber leicht einzuräumende antius, als comparativ von ante, welches sowohl anzi wie ains befriedigt, antes aber aus dem spiele wirft. Und doch muß es ein

22 I. APE— ARANCIO.

leitender grundsatz der Wortforschung sein, sofern der buchstabe nickt entschieden widerspricht, am gemeinsamen Ursprung gleichbedeutender und formell nahliegender Wörter verschiedener schwestersprachen festzuhalten. Eine dbleitung unmittelbar von ante ist it. anziano, sp. anciano, pr.' ancian, fr. ancien alt. Zss. mit präpositionen: it. avanti, pr. abans, avant, fr. avant, von ab ante, letzteres schon auf einer röm. inschrift; vb. it. avanzare, sp. pr. avanzar, fr. avancer fordern; sbst it. vantaggio für avantaggio, pr. avantatge, fr. avantage, sp. ventaja, pg. ventagem vortheil. Dsgl. it. d avanti, altsp. devant, pr. davans, fr. devant, von de ab ante; vb. pr. davancir, fr. devancer. Ital. innanzi, innante, altsp. enante, pr. enan, enans; vb. j?r.#enantar, enantir. Ital. di- nanzi, sp. denante, delante, pg. diante, pr. denan; it. dianzi u. a. m.

Ape it., altfr. pic. es für eps biene, von apis; it. pecchia, sp. abeja, pg. pr. abelha, fr. abeille, von apicula, dimin. norm, avette. Da- her ferner it. apiario, pr. apiari, fr. achier (vrlt.) bienenhaus, lat. volks- mäßig apiarium nach Gellius, s. Born, gramm. I, 8. Auf waiachisch heißt das thierchen albine. von alvus bienenkorb.

Appena it., sp. pg. ap&ias, fr. ä peine, adverb für lat. vix, von poena, wörtlich 'mit pein, mit noth\ also ungefähr wie lat. aegre oder ahd. kfimo mit beschwerlichkeit. Vix, das sich im sp. av6s erhalten, s. IL b.

Appo it., präposition; von apud. Desselben Ursprunges ist pr. ab, amb, am, npr. emb, bearn. dap, cat. ab, wald. au (neben cum Ghx. II, cxlii), altit. am, altfr. ab (nur in den Eiden), sonst auch a und mit rücksicht auf das ursprüngl. d od, verkürzt o, im Leodegar auch ob. Schon im ältesten mlatein ward apud, später ab, für cum gebraucht (beisp. Born, gramm. III, 174), aber die erste bedeutung behauptet noch ihr recht, z. b. encusar ab alcun bei einem verklagen SLeg. 13, aprendre ab alcun bei einem lernen PO. 142; fud enseveliz od ses ancestres LRs. 304. Zsgs. ist fr. avec, s. dies wort II. c.

Ar ab es co it., üblicher rabesco, sp. arabescos, fr. arabesques Ver- zierungen mit laubwerk in der bildhauer- und malerkunst, meistens phan- tastischer ort; nach den Arabern genannt, deren religionsgesetze menschen oder thiere abzubilden verbieten.

Araldo it., sp. haraldo, heraldo, alt haraute, pg. arauto, fr. häraut für höralt (h asp), sp. pg. auch faraute herold; vom mlat. haraldus, he- raldus, dem ein ahd. hariowalt lieerbeamter entsprechen konnte; als eigen- name ist bekannt Chariovaldus, alts. Hariolt, altn. Haraldr.

Arancio it., mail. naranz, fem. ven. naranza, sp. naranja, pg. laranja (bask. larania), cot. taronja, wai.- neranze, mgr. vtQavtfyov, ngr. vBQctvrti, franz. aber orange, eine südliche frucht, pomeranze; zsgs. it. melarancia. Die alten nannten die äpfel der Hesperiden, sagt Scdma- sius zu Solin p. 955, aurea mala, das mittelalter vertauschte das ent- sprechende aurata mit dem pari. präs. aurantia um einen goldapfel zu benennen: hieraus entsprang fr. orange, und aus in -aurantia = inaurata das it. arancio. Allein aus aurantia, wenn man diese verirrung der

I. ARATRO-ARDIGLIONE. % 23

spräche zugibt, konnte nur orance werden, nimmer orange. Das wort kam vielmehr aus dem persischen durch das arabische nach Europa, wo es sich leicht einführte, weil ein bestimmter lat. ausdruck fehlte, pers. näreng, aardb. n&rang, Gol. 2346. Daß die frans, form aus einer um- deutung durch aurum entstand, ist unschwer zu erJcennen, rnlat. (ende des 13. jh.) schrieb man noch arangia. Von arancio ist das üal. adj. rancio, sofern es eine färbe bedeutet.

Arätro, aratolo it., sp. pg. arado, cot. arada (f.). val. aladre, pr. andre, altfr. aröre, südwal. aratru, aratu pflüg. Nicht alle sprachen sind dem lat. worte treu geblieben. Im neueren franz. sagt man dafür charrue, von carruca kutsche, tragsessel, die lat. bed. noch im prov. und im mlatein, s. b. carruca, in qua sedere consuevi Breq. n. 250 (v. j. 700), die franz. bereits in den legg. barb., z. b. si quis caballum, qui carrucam trahit, furatus fuerit L. Sal. Nicot hat noch araire, nennt es aber ein mot lion- nois. Das franz. wort gelangte nach Portugal, wo es die form charrua annahm und eine besondere art des pfluges, und, da pflüg und schiff etwas verwandtes haben, auch ein lastschiff bedeutet. Auch pflüg ist dem roman. gebiete nicht fremd. Die L. Long, hat: si quis ploum (cd. plouum) aut aratrum alienum . . scapellaverit DG.: diesem plo-um entspricht das lomb. piö d. i. plö (Biondelli 75), der Variante plou-um oder plov-um das wälschtyrol. plo! (Azzolini). Die nordwal. mundart hat plug aus dem slavischen. Hin andrer ausdruck ist piem. sloira, lomb. sciloira: ihnen würde ein altfr. silleoire, silloire entsprechen, von silier das meer durchfurchen = nord. slla. Piem. ar n aber ist wohl entstellt aus aratrum.

Arcione U., sp. arzon, pg. ar$äo, pr. arso, fr. argon Sattelbogen, sattel. Von arctio (zusammenziehung) ist logisch allzu künstlich. Es entstand vermittelst der ableitung ion aus arcus wie fr. cler^on aus cler'cus, oison aus auca, £cusson aus acutum, lat. gleichsam arcio arcionis, und bedeutet also etwas gebogenes, mhd. bogen.

Arcobugio, archibuso it., arcabuz sp., arquebuse fr. kugelbüchse; von arcus bogen und it. bugio, buso durchbohrt, also eine fait einer röhre versehene feuerwaffe, die den namen bogen behielt, weil sie in der neuern kriegskunst an dessen stelle getreten war. So Ferrari u. a. Aber ein durchbohrter bogen ist eine eben so unstatthafte auffassung wie die an- wendung eines in der alten kriegskunst nicht vorkommenden namens auf die neuere eine grundlose Voraussetzung ist. Besser erklärt man es darum mit hinsieht auf das ältere fr. harquebuse, wallon. harkibuse (h asp.), aus dem ndl. haakbus Hakenbüchse, s. Grandgagnage I, 266. 278.

Ardiglione it., fr. ardillon, pr. ardalho dorn in der schnalle; von ungewisser Herkunft. Ein altes glossar hat ardelio 'acutus* Class. auet. VI, 609", es wird aber wohl glutus zu lesen sein. Gegen Gasaubonus, der es aus dem gr. aQdig pfeilspitze ableitet, wendet Menage mit recht die unublichkeit dieses Wortes ein. Ihm selbst scheint es ein diminutiv von dard und unläugbar konnte sich dardillon, das im neuprov. noch vor- kommen soll, durch dissimilation in ardillon, oder, da ein consonantanlaut

24 ARDIRE-ARINGA.

nicht leicht wegfällt, in lardiüon, l'ardillon verwandeln. Das Span, wort für diese sache ist rejo spitze.

Ardire it. sich erkühnen, pr. ardir, cnardir, fr. enhardir kühn machen. Lot. ardere ist aus dem spiel zu lassen: man brennt vor leiden- schaft, nicht vor kühnheit, audacia ardere wäre wenigstens ungewöhnlich; doch ist dies der hauptgrund nicht gegen diese herleitung. Menage dachte anfangs an audere, it. aldire (aldace kommt vor), endlich ardire; dies ließe sich für Italien hinnehmen, nicht für die andern provinzen. Das fr. hardir (mit asp. h) weist auf deutschen Ursprung, der sich im ahd. hartjan stärken, kräftigen findet. Auf hart verwies später auch Menage, so Caseneuve, Wächter u. a. Das adj. ardito, ardit, hardi (kühn) läßt sich fast nur als particip dieses Zeitwortes begreifen, da adjectiva auf -it wie lat. auritus, pellitus im romanischen selten sind; an das particip von ardere, welches ars lautet, ist nicht zu denken. Im span. aber hat man ardido allmählich auf arder bezogen und ihm die bed. ' erhitzt beigelegt; altsp. f ardido <kühn führt aber mit seinem anlaut noch unmittelbar auf fr. hardi; vgl. Rom. gramm. I, 320. Ein artiges zusammentreffen ist es, daß die picard. mundart hardiment ganz wie das ahd. harto als adverb des grades verwendet: hardiment dur = harto herti. Daher auch sbst. pr. ardit, altsp. ardil kühnheit; aber sp. ardid listig, sp. pg. ardid list scheinen aus artitus herzurühren, s. unten artigiano; freilich ist als- dann assimilation des t (ardid aus artid) anzunehmen.

Ärgano it., sp. drgano, Organa und argtte (m.), cat. arga hebezeug, krahn, winde, pg. argao weinheber, fr. argue (f.) maschine in form einer schiffswinde zum durchtreiben der gold- und silberstangen (Trev.); abgel. it. arganello dimin., sp. arganel kleiner metallener ring, fr. arganeau eiserner ring auf den schiffen, durch welchen die seüe laufen. Ferrari gibt ergäta {eQyattjg) eine Vorrichtung lasten zu heben, Menage Organum (oQyavov) Werkzeug als etymon. Jenes trifft die bedeutung von argano besser: es konnte sich unter dem volke, welchem die endung ata fremd war, leicht in letzteres verwandeln; mlat. findet sich auch argata tannulus crassior Dief. Gloss. lat. germ. in Übereinstimmung mit arganel, arganeau.

Arg ine it. (m.) dämm. Dies aus agger entstandene wort (vgl. cecino aus cicer und die venez. form ärzare, worin sich das auslautende r erhielt) ist merkwürdig genug. Man weiß, daß die alten Römer ar für ad gebrauchten, daher arcessere für adcessere; da nun ägger eigentlich für adger von adgerere gilt, so vergegenwärtigt uns das roman. argine augenscheinlich ein lat. volksübliches arger. Nur so erklärt sich die form, nicht etwa durch rohe emschiebung eines r, die an dieser stelle ganz gegen den geist der spräche wäre. Das sp. drcen rand, brustwehr muß das- selbe wort sein, vergl. arcilla aus argilla. Ein anderes beispiel dieser art ist das venez. arfiare von adflare. S. auch Ferrari und zumal Pott, Plattlat. 326, der armessarius L. Sah und wäl. armesariu für admissa- rius anfuhrt, femer Mussafia, Über die ital. Grescentia.

Aringa it., sp. masc. arenque, pr. arenc, fr. hareng (h asp.), wal.

L ARINGO-ARMELLINO. 25

bering ein fisch; vom ahd. harinc, ags. nhd. hering, gewöhnlich aus lat. halec (salzfisch) erklärt

Aringo it. rednerplatz, tummdplatz, rennbahn, fem. aringa, sp. pg. pr. arenga, fr. harangue (h asp.) öffentliche rede; vb. aringare, arengar, haranguer eine öffentliche rede halten, feierlich anreden; it. aringhiera, ringhiera rednerplaJtz, rednerstuhl. Der frans, anlaut gibt den Ursprung des Wortes deutlich zu erkennen: es ist vom ahd. bring, mhd. ring, kreiß, Versammlung, schau- oder kampfplatz, gerichtsstätte u. dgl., daher die roman. bed. das vor einer Versammlung vorgetragene: arenga est apta et Concors verborum sententia etc. Breviloquus, s. Ducange, vgl. lat. concio 1) Versammlung, 2) rede vor derselben.

Arista it. rücken des Schweines, eigentl. börste, sp. aresta Sacklein- wand, fr. arete gräte, it. resta granne des kornes; von arista granne, gräte.

Arlecchino it., sp. arlequin, fr. arleqnin (früher auch harlequin gesehr.) eine komische maske der ital. bühne, überhaupt possenreißer, hans- wurst, sp. arneqnin gliedermann. Es ist ein späteres wort von unbekann- ter vielleicht gane zufälliger entstehung. Etymologien sehe man bei Flöget, Gesch. des grotesken p. 36; für ihre Wiederholung ist hier kein räum. Eine neuere, von GSnin, aus Ariecamps, name eines kirchhofes zu Arles, für Elycamps d. i. Champs-£lys6es, in nächster bedeutung gespensterchor, Hellequin, dann das haupt dieses chores auf maskeraden ins lächerliche entstellt, ist zwar sinnreich ausgeführt (Variat. du lang. fr.p. 461—469), bedarf al>er vor allem etymologischer rechtfertigung. Am leichtesten ist noch Zusammenhang zwischen harlequin und hellequin zuzugeben. Das älteste franz. zeugnis scheint das folgende, worin das mit schellen rasselnde gefolge harlekins erwähnt wird: ä sa siele et ä ses lorains ot eine cent eloketes au mains (au moins), ki demenoient tel tintin con li maisnie hicrlekin Ren. IV, 146. Das wort ist also ein so altes französisches, daß seine herkunft aus Italien noch sehr zweifelhaft erscheinen muß; es hat sogar niederländ. klang. Weiteres darüber findet sich bei Gachet 252. Arlotto it., sp. arlote, pr. arlot, aitfr. pic. arlot, harlot (herlot Trist. I, 173) fresset, müßiggänger, altengl. harlot, herlote lotterbube, neuengl. harlot wetze, s. E. Müller. Menage' s deutung aus helluo hat das gegen sich, daß die allerdings häufige einschiebung des r nur hinter, nicht vor consonanten statt zu finden pflegt. Ist das wort aus latein. stoff, so entwickelt es sich leichter aus ardalio müßiggänger, das in den Isid. glos- sen unter der form ardelio mit 'gluto3 übersetzt wird, so daß es grade die roman. bedeutungen umfaßt: die zusammenziehung von ardaliotto in ard- lotto arlotto scheint keine Schwierigkeit zu haben. Noch leichter würde es aus gr. agdalog entspringen, von dem man ardalio herzuleiten pflegt; aber dies liegt schon weiter ab. Der Portugiese hat ein vb. alrotar ver- spotten, verhöhnen, altpg. bettelnd umherziehen SRos., das aus arlotar umgestellt sein kann wie bulra aus burla.

Armellino und ermellino it., sp. armino, pr. ennini, ermin, alt fr. enne, ermine JRCam. 219, neufr. hermine (h stumm) eine wieselart, hermelin,

26 I. ARNESE-ARPA.

berühmt wegen seines feiles, nüat. hermellinus, herminiae oder arminiae pelles. Eine geschickte etymologie gab Ducange in seinem glossar zu Villehardouin v. hermine; sie ist die folgende. Die Römer nannten das hermelin mus ponticus, weil sein feit zunächst aus dem lande Pontus kam. Seit aber die Neueren es aus Armenien empfiengen, womit sie eine genauere handelsverbindung hatten, tauschten sie den namen und nannten das (hier armenius mit weglassung von mus, wie auch der spätere Grieche schlecht- weg 7iovTtxoQ sagte. Hiezu ist zu bemerken, daß die angegebene bedeu- tung von mus ponticus nicht ganz sicher, aber nicht unwahrscheinlich ist. Daß Armenien altfr. Ermenie heißt, käme Ducange' s ansieht zu statten. Ital. armellino müßte diminutiv und aus armenino abgeändert sein. Nach andern (z. b. Wackernagel) ist das wort nicht auf diesem umwege zu uns gelangt: es ist deutsch, wie auch das thier in Deutschland gefunden wird: ahd. harmo, dimin. harmelfn, mhd. hermelin, hieraus das rom. armellino, und dieses harmo antwortet buchstäblich dem lithauischen szarmu {zweifel- hafte form, sicherer szarmonys) wiesei. Vgl. Weigand I, 500.

Arnese it., sp. pg. pr. arnes, fr. harnois, harnais (h ctsp.) rüstung, geschirr; dsgl. altfr. harnas für harnasc, vb. nfr. harnacher, pr. arna- scar, arnassar anschirren; davon mhd. harnasch, nord. hardneskja. Von herleitung aus altn. iärn, järn (eisen) ist abzusehen, da sich der roman. anlaut anders gestaltet hohen würde, man erwäge fr. joli von jol. Den stamm des Wortes bildet vielmehr kymr. haiarn, altbret. hoiarn, ir. iaran eisen, die mit dem ätschen tsarn identisch sind, Zeuß I, 45. 63. 114. 120. 145; die Suffixe sind romanisch. Aber es liegt nicht in der natur der sprachen, aus fremden stammen, die sie nicht in sich aufgenommen, ableitungen zu ziehen, wiewohl einzelne ausnahmen vorkommen mögen; der Romane muß also das abgeleitete wort bereits vorgefunden und sich assi- miliert haben, auch muß dies erst spät geschehen sein, da es im altern mlatein keine spur hinterlassen hat. Möglich wäre es nun, daß sich aus dem kymr. haiarnaez eisengeräthe (s. Villemarque v. houarnach) zuerst das engl, harness, hieraus das roman. wort gebildet hätte. Das genaueste über den deutschen und celtischen wortstamm nebst ableitungen bei Diefen- bach, Orig. europ. p. 367 ff.

Arnia it., ama sp.cat. bienenkorb, fehlt pg. Unbekannter herhunft: etitsteMung aus alveare wäre zu stark. Einigermaßen erinnert es an gael. ärcan korkholz: beide bedd. korkholz und bienenkorb umfaßt auch sp. corcha und pg. corti^o. [Mahn p. 104 muthmaßt iberischen oder in beziehung auf das ital. wort selbst türkischen Ursprung. Eine befriedi- gende aufklärung bleibt noch zu versuchen.]

Arpa it. sp. pg. pr., harpe fr. 1) harfe, 2) sp. pr. neap. auch kralle, haken; vb. pr. arpar, altfr. harper, it. arpeggiare harfe spielen; SP» P9- Pr- arpar, nfr. harper packen, anhaken, zerreißen; it. arpi- care, iuerpicare klettern; fr. harpin haken, daher se harpigner und se harpailler sich raufen; it. arpignone großer haken, arpione thürangel; sp. arpon, pg. arpäo, fr. harpon lwrpune; dsgl.fr. harpeau

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I. ARRESTO-ARTICIOCCO. 27

enterhaken. Alle diese bildungen {franz. mit asp. h) haben ihren Ursprung im deutschen harte, ahd. harpha, altn. harpa, ags. hearpe: Venantius Forty bei dem sich harpa sturst findet, nennt sie ein barbarisches d. h. germanisches instrument: Romannsque lyra, plaudat tibi Barbarus harpa 7, 8. Zu ihrer hakenähnlichen gestalt passt die zweite der angegebenen bedeutungen. Das gr. ag/rrj (sichel) würde nicht leicht ein franz. aspirier- tes harpe hervorgerufen haben; eben so wenig ist das aspirierte harpon aus tat. harpago herzuholen, wie denn auch Icein altfr. harpaon, harpeon statt findet. Die bed. haken des sp. arpa vertritt pg. farpa, sicher dasselbe wort, worin, wie in anderrf fällen, h mit i vertauscht ward, daher denn auch farpäo neben arpäo, farpar neben arpar: sofern es, nebst sp. farpa, spieß oder spitze einer fahne bedeutet, erinnert es an aräb. 'harbah kurzer spieß Freyt. I, 36 lb. JfaZ.~frappa ausgeschnittene zacke im tuch, frappare auszacken, zerfetzen, sind sie aus dem letzterwähnten farpa? Auch pg. farapo (für frapo?), sp. harapo läppen, fetzen, müssen hier noch erwogen werden. Man sehe hierzu Dief. Orig. europ. p. 305.

Arresto it. altsp., aresto pg. aus dem fr. arret urtheü eines höhern gerichtshofes, wovon keine appellation statt findet; eigentl. Schluß der gerichtsverhandlung, von arrestare, arreter hemmen, einhalten, lat. ad- restare, vgl. unser beschlufs d. i. beendigung. Das zusammentreffen dieses tcortes mit dem gr. dgiovov ist zufällig, wiewohl Budaeus es daraus herleitet, s. ff. Stephani Thes. graec. ling. s. v.

Arrivare it., sp. pg. arribar, pr. aribar, fr. arriver anlanden, an- kommen; von ripa, nüat. adripare ans ufer treiben, it. arripare, daher auch noch altfr. arriver la nef (transitiv) das schiff anfahren lassen. Durch dieses neue verbum ward advenire aus seiner bedeutung verdrängt, s. unten awentura.

Arsenale und arzana it., sp. fr. arsenal zeughaus, mittelgr. aQO€- raA^*; dazu it. därsena, sie. tirzanä abgescKtoßner theil eines hafens, sp. atarazana, atarazanal, pg. taracena, tercena schuppen, fr. darse, dar- sine = it. darsena; vom arab. där^anah (dessen anlaut d frühe abfiel) haus der betriebsamkeit, haus, wo etwas gemacht wird, worunter man im dllgemeinen schiffe verstand (s. die Wörter Freytag II, 69n, 526a), pers. tarsanah. Vgl. über dieses wort auch Muratori, Antiqq. ital. II, 525, S. Rosa II, 341h, suppl 14", Cabrera I, 63, Pihan p. 42, Engelmann 64, Dozy Oost. 16.

Articiocco it., fr. artichaut eine frucht, artischoke, vom arab. ardt sohaukt d. i. erd-dorn Freyt. I, 27 a; dsgl. it carciofo, sp. alcarchofa, alcachofa, pg. alcachofra, nach Sousa vom arab. al-charschufa. [Dozy, Oosterl. 18, hat diese Wörter einer neuen prüfung unterworfen. Das arab. ardt schaukf besteht aus zwei adjeetiven und bedeutet erdartig-dornig, passt also schlecht zu einem substantivbegriffe. Die verschiedenen roman. ausdrücke müssen abänderungen desselben wortes sein. Auf arabisch heißt die bemerkte frucht harschet, woraus nachher charschof geworden, daher das sp. al-carchofa, it. carciofo. Neben letzterem brauchte man das, wie

28 I. ARTIGIANO-ASPO.

es scheint, daraus entstandene, bei dem Niederländer Dodonaeus (f 1575) vorkommende als italienisch citierte arciocco, welches sich leicht in arti- ciocco verwandelte. Dieses gieng durch den verkehr zu den Orientdien über und erfuhr im arab. ar di-scbauk! eine umdeutung, da die frttcht dornig ist und am boden wächst.]

Artigiano it., fr. artisan, sp. artesano, pg. artezäo künstler, hand- werkcr; muthmaßlich s. v. a. artitianus vom adj. artitus cbonis instructus artibus* Fest., <artibus edoctus Gl. Placid., ^rawax^og, daldalog' Gl. lat. gr. In diesem falle aber muß das span. wort aus artizano abgeändert sein. Nicht anders entstand partigiano Parteigänger aus partitus, s. Rom. gramm. II, 335.

Artiglio it. kralle, sp. artijo, pg. artelho glied, gelenk, pr. altfr. arteil (so noch in franz. mundarten z. b. zu Langres), nfr. orteil zehe; von articulu8 gliedchen. Vgl. ardigas 'zaehun Gl. cassdl.; articula 'zaehd Gl. Rhäban.

Artilha, pr. festungswerk, schanze (?); vb. altfr. artillier befesti- gen; pr. artilharia, altfr. artillerie, altpg. artelharia SRos. sppl. wurf- geschütz oder damit beladener wagen (artillerie est le charroi qui . . est chargte de quarriaus en guerre, d'arbalestes, de dars, de lances et de targes G. Guiart, s. DC), nfr. artillerie, it. artiglieria etc. grobes ge- schütz. Von ars artis kunst, kunstgriff, wie fr. engin von ingenium, vgl. vb. artiller in der bed. aussinnen, auf listen denken Antiöch. I, p. 88. Altfr. artilleux listig. Nach Borgnet, Chev. au cygnelll, p . *«, kommt das wort artillerie nicht lange vor dem gebrauche der feuerwaffen vor, d. h. nicht vor dem 14. jh., und zwar zuerst bei Joinville.

Ascella it., pr. aissela, cot. axella achsel; von axilla, woraus nach Cicero ala flügcl, achsel entstand, ersteres schon bei Isidorus in ascilla ver- dreht. Mundartl., z. b. genuesisch, bedeutet ascella achselhohle.

Ascla pr. cot. Splitter, vb. asclar spalten*; von astula (in manchen handschriften für assula, vgl. Dief. Gloss. 56r) spänchen, brettchen, wel- ches ast'la, euphonisch ascla ergab. Von demselben worte ist auch sp. astilla, altfr. astele Splitter, neu fr. attelle (/wrätelle) beinschiene, schon pr. astela in dieser bedeutung. Für aschia spricht die neap. mundart asca, die port. acha. Die occit. mundart hat die pleonastische Zusammen- setzung fendasclat = fr. fendu.

Ascoltare, scoltare it., altsp. ascuchar, neusp. escuchar, pg. escu- tar, pr. escoutar, fr. 6couter, altfr. auch ascouter hören, horchen; von auscultare, worüber Caper (Putsch p. 2247) bemerkt, man dürfe nicht ascultare sprechen, so daß ihm die roman. form schon bekannt sein mußte. Daher it. ascolta, scolta, sp. escucha wache, schildwache

Aspo und naspo it., sp. aspa, altfr. hasple, pic. haple garnwinde; vom ahd. haspa, haspel. Für aspo war, wie im span., aspa zu erwart en9 allein das getius richtete sich nach dem aus dem vb. in-aspare neu ge- bildeten naspo, welches romagnolisch sowohl naspa wie nasp lautet, sard. naspa.

I. ASSAI— ASTORE. 29

Assai it., altsp. asaz, pg. assaz, pr. assatz, fr. assez, adverbium, von ad satis, einem ähnlichen pleonasmus wie im mlat. adplene.

Aggaggino it., sp. asesino, pr. assasgi, angeggi, fr. assassin Meuchel- mörder, ffach Süvestre de Sacy's Untersuchung (Mem. de V Institut 1818. IV, 21 ff.) entstand das wort aus dem arab. 'haschigchin, womit man die glieder einer secte im Orient benannte, die durch einen aus der hanfpflanze bereiteten trank chaschisch (Gol. 613) berauscht jeden von ihrem ober- haupte, dem herrn des berges (schajch algabal), geforderten mord zu ver- üben gelobten: que van neyg, si era part Franga, tan li son obedien, aucire gos guerrierg mortals die, wenn es selbst über Frankreich hinaus wäre, so gehorsam sind sie ihm, seine todfeinde zu tödten gehn Chx. V, 10. Das wort kann nicht vor dem 12. jh. in Europa bekannt geworden sein: drum ist eine Urkunde v. j. 814, worin assassinium vorkommt Mural. Ant. Hol. III, 31, HPMon. n. 17 falsch oder verfälscht.

Assettare it. einrichten, ordnen, zieren, zu tisch setzen, pr. assetar in letzter bedeutung; zsgs. it. rassettare; sbst. it. assetto putz, pr. assieta einrichtung, fr. assiette läge, zustand, eintheüung, platz der tisch- genossen (s. Caseneuve), daher auch teller. ltal. assettare heifit über- dies verschneiden (castrieren) und muß in diesem sinne von secare sectus herstammen, aber selbst die bed. ordnen knüpft sich an die von secare abtheilen, ebenso ahd. skeran abschneiden, skara abschnitt, gkerjan abthei- len, ordnen. Das goth. gatjan (setzen) kann gegen das lat. wort nicht in betracht kommen. Ital. assetto brettchen ist von assis.

Aggo it., sp. pr. fr. ag, pg. az die zahl *elns auf würfeln oder karten; vom lat. ag, das eine einheit ausdrückt. Muratori ließ sich durch die redensart lasciare uno in aggo d. i. einen im suche lassen, zur deu- tung des Wortes aus dem mlat. absus cager incultus* verleiten, da diese redensart vielmehr, wie vielleicht auch die entsprechende deutsche (stich = punct, as), aus dem spiele entlehnt sein kann.

Agtore it., altsp. aztor PC, nsp. pg. SLZor,pr. augtor, alt fr. ogtor, nfr. autour habicht. Die übliche herleitung ist von astur asturischer vogel, bei Firmicus Matemus (4. jh.), allein die lautgesetze widersprechen : agtur konnte nur agtre geben. Der grammatiker Gaper (bei Putsch p. 2247, vgl. das. Beda p. 2778) kennt acceptor als einen volksüblichen ausdruck für accipiter (so auch in hss. der L. Sal. tit. 7) und hierzu stimmt der buchstabe, z. b. sp. azor = acceptorem wie rezar = recitare. Wohl mag die lingua rustica an acceptor von accipere gedacht haben, als sie das mit diesem verbum ganz unverwandte accipiter umformte, s. Pott, Etym. forsch. U, 54, Benfey, Ztschr. f. vergl. sprachf. IX, 78. Freilich ist pr. augtor unorganisch für astor, es verhält sich aber wie anstronomia zu agtronomia; besser neupr. astou. Von azor, nicht etwa von accipitrare zerfleischen, von Gellius cüiert, leitet sich das span. vb. azorar schrecken, verwirren, ursprüngl. von vögeln, die der habicht verfolgt, iperdiz azorada; nach Larramendi vom bask. zoratu den verstand verlieren, allein das ganz entsprechende sp. vb. amilanar schrecken, entmuthigen, von milano

30 I. ASTRO— ATTURARE.

hühnergeier, so wie das gleichbed. cot. esparverar von esparver sperber, erheben jene herleitung über jeden zweifei.

Astro it. sp. pg., astre pr. fr. gestirn, auch geschieh, glück; von astrum. Daher sp. pg. astroso unglücklich, bei Isidor astrosus 'quasi malo sidere natus', bei Papias astrosus 'quasi modo astro natus; altsp. astrugo Bc.j pr. astruc glücklich (welches Littre, Hist. litt. d. I. Fr. XXII, 36, ohne dem ende des Wortes rechnung zu tragen, mit Menage aus altfr. mal-estruit erklärt), zsgs. pr. benastre, benastruc, altsp. mal- astrugo Alx., pr. malastre, malastruc, altfr. inalostru für malastru, daher nfr. malotra, suffix -uc an die stelle von -os getreten, bei Rabelais malautru s. Gachet; dsgl. it. disastro, sp. desastro, pr. fr. däsastre Un- stern, vgl. alteat. per astre o per desastre Chr. d'Escl. 711*.

Astuccio it., sp. estuche (estui bei Berceo), pg. estojo, pr. estug, estui, fr. 6tui futteral, behältnis; vb. pg. estojar, pr. estuiar, estoiar, altfr. estuier verwahren. Estug, £tui fügen sich in das mhd. stäche stauche, futteral für den arm, schon nach Adelung; astuccio aber (veron. besser stuccio) würde sich genügend nur aus einer ahd. form stüchjo, wie guancia aus wankja, herleiten lassen. [Estui, £tui deutet Langensiepen (Herrigs Archiv XXV) aus Studium, von seiten der form vollkommen ge- nügend und selbst von Seiten des begriff es zu rechtfertigen: es hieße sorg- falt, sorgfältige aufbewahrung, it. studiato heißt sogar 'sorgfältig bewahrt*. Diese etymologie wird noch unterstützt durch die altfr. form estudier sich vorsehn, sich verwahren Gayd. p. 251, welches nach Borel (s. Bog.) für estuier gesetzt, ward. Aber mangelhaft ist, daß das etymon nicht die völlig gleichbed. ital. und span. werter umfaßt, sie müßten getrennt werden.]

Ataballo, taballotY., sp. atabal, pg. atabale maurische pauke, sonst auch it. timballo, sp. timbal genannt; vom arab. al-'tabl attabl Freytag III, 40*.

Ataud sp.pg., pr. taut, taüc, so altfr. taut, taüc, neap. tavuto lade, sarg; vom arab. al-tabüt attabüt mit ders. bedeutung (Sousa; fehlt bei Engelmann, der es also nicht als arabisch anerkennt).

Attillare it., sp. atildar, pg. atilar, pr. atjlhar niedlich putzen. Ital. titolo heißt der punet auf dem i, sp. tilde, pg. til ein nöthiger strich über gewissen buchst aben: daher konnte man mit attitulare (eigenÜ. wohl 'kein jota vergessen) die Sorgfalt im putze ausdrücken. Das mlat. verbum findet sich überhaupt für bezeichnen (schmücken?) : crucis signaculo fron- tem eius attitulans DG.

Atturare it. verstopfen, sp. pg. aturar aushalten in der arbeit {wohl für aturarse), cat. pr. aturar anhalten, aufhalten, refl. pr. s1 aturar sich stützen, sich anstrengen, sbst. atur anstr engung; mit vertauschter Präposition von obturare stopfen, daher hemmen, aufJuüten und, wie im deutschen, sich aufhalten bei einer sacJie, nicht davon abgehen, ausdauern. Das span. wort hört man noch jetzt in lat. bedeutung. Für atturare findet auch turare (daher tura dämm), sp. tu rar statt, worin nur eine abkürzung, nicht etwa das verlorene lat. simplex turare, zu erkennen ist.

I. AUGE-AVAMA. 31

Auge it., sp. äuge, pg. äuge höchster puyct; vom arab. aug, einem astronomischen ausdruck aus dem pers. auk, s. Freytag I} ß9a, Vullers I, 140-, 143".

Augur io it., sp. agüero, pg. agouro, pr. auguri, augur, agur, Vor- bedeutung, syncopiert pr. aür (ahur), altfr. etir, neufr. heur glück; vb. it. augur are, sp. augurar, pr. agurar, fr. augurer weissagen, pr. ahurat, altfr. heür6 beglückt, wal. urä glück wünschen; von augurium, augurare. Zsgs. pr. bonaürs. Honnorat, altfr. bonettr, neufr. bonheur; mal -aür, maletir, malheur und so altfr. bonetir^, bonetiretö; it. sciagurato, zsgs. sciaurato (dreisäb.), ältsp. xaurado, nsp. xauro elend, verlassen, von exauguratus; sbst. it. sciagura, sciaüra. Auch it. uria, pluralbildung von augurium, ist hieher zu nehmen. Bonheur und malheur erklärt man aus bona hora, mala hora, welche gleichfalls und zwar in ähnlicher be- deutung vorhanden sind, aber von den ersteren getrennt werden müssen. Ln altfr. etir ward durch synärese endlich zu eu wie in peur aus peür, und in dieser gestalt tritt es sehr früh neben auf. Für eur schrieb man oft heur, vermuthlich weil man an hora dachte. Wäre letz- teres aber das etymon, so müßte sich sein genus geändert haben, was hier, wo das fem. heure in jedermanns munde war, schwerlich angenommen werden dürfte; ferner müßte sich, die alten formen erwogen, langes lat. o (höra) gegen das lautgesetz als pr. oder fr. u dargestellt, und endlich der einfache vocal eu in den mehrfachen e-u gespalten haben, was unmöglich ist. So entspricht auch heureux dem cdtfr. eüreux = pr. atiros, it. auguroso, nUat. auguriosus; horosus kennt weder der Lateiner noch der Romane.

Aura, ora it., sp. pg. pr. chw. aura, altfr. ore (la ore LJ. 486», bone ore Rou II, 146, bon' ore eurent e suef vent MFr. I, 364) luft, sanfter wind; von aura. Abll. sind: pr. au rat, altfr. orö; pr. auratge, altfr. orage windeshauch (lo dous auratge zephyr, lo fer auratge Sturm- wind), nfr. orage, woher sp. orage, stürm; vb. sp. orear, cot. oretjar erfrischen, auslüften, daher sbst. or6o, oretj, dsgl. it. oreggio, pr. aurei frisches lüftchen. Verschieden von oreggio scheint it. orezzo {auch orezza), das auf eine abl. auritium weist, verkürzt rezzo küJde, schattige stelle; in einer andern form arezzo verflachte sich der lat. diphthong zu a wie in ascoltare, wenn hier nicht vielmehr aer eingegriffen hat.

Avania tt pg., avanie fr. Schabernack, plackerei, dsgl. kopfgeld der Christen unter türkischer herrschaft; soll ein türkisches oder vielmehr semitisches wort sein, neugr. aßavia, s. Ducange, Glossar, med. graecit.

Avaria it. pg., sp. averia, haberia, fr. avarie, ndl. avarij, haverij, dtsch. hafarei, havarie Seeschaden, schaden an schiff oder ladung auf der see; adj. sp. averiado, fr. avariä durch das seewasser beschädigt (von waaren). Daneben gelten noch andre bedeutungen: abgäbe der schiffe zur Unterhaltung des hafens (franz. dtsch.) oder abgäbe von waaren, die über see gehn (span.). Die gewöhnliche herleitung ist von hafen; sie nimmt also an, daß die zuletzt genannten bedeutungen vorausgiengen, wiewohl

32 I. AVOCOLO-AZZARDO.

das italienische und niederländische dieselben nicht zu kennen scheinen» Dozy, Oosterl. 22, hat dem wort im arabischen, und zwar im classisch arabischen, eine neue quelle eröffnet. Hier bedeutet cawär sbst. gebrechen^ auf waaren bezogen beschädigung : das wort kam mit dem handd nach den italienischen seeslädten, romanisiert avaria. In der niederl. Variante haverij stammt h aus dem arabischen laute ain, welches auch anderwärts vorkommt.

Avocolo, vocolo it., fr. aveugle blind; vb. it. avocolare, fr. aveugler, pr. avogolar blenden. Das gemeinromanische adjectiv ist caecus, auch im cdtfr. ciu vorhanden TCant. app., nur dem Dacoromanen ab- gehend, der es mit orbus ersetzt, s. unten, ltal* avocolo ist außer ge- brauch gekommen, avocolare dauert, selbst in mundarten, noch fort. Was das adjectiv betrifft, so muß man die erklärung mit ab-oculus, gebildet wie ab-normis, a-mens, so daß es 'ohne äugen bedeutet, gelten lassen, wie denn auch die mittelgr. spräche dno ofifuazcov oder d/io^fnarog für e£o/u- (xavog sagte; es mag aber eine erkünstelte bildung sein, da sie sich schlecht assimiliert hat. Die Gasseier glossen eiifhalten albios oculos * staraplinter \ nach Eckhart s. v. a. albioculus, qui nil nisi album in oculis habet; aber in albioculus ist wohl eher eine umdeutung denn eine alte form von aveugle zu suchen. S. Altrom. glossare p. 120.

Avoltore, avoltojo it., pr. voltor, fr. vautour geier; von volturius raubvogd; sp. buitre, pg. abutre, von vultur. Abgel. sp. buitron reö- hühnernetz, fischreuse; auch fr. öpervier hat die bedd. sperber und fischnetz.

A vor io it., pr. avori, evori, fr. ivoire (m.) elfenbein; vom ad- jectiv eboreus.

Avventura it., sp.pg. pr. aventura, fr. aventure (daher unser aben- teuer, mhd. äventiure f.) ereignis, seltsames ereignis, zufall, glück, gefahr (aventure de mort todesgefahr Ren. I, 46), besonders auch ritterlicher Zweikampf; von advenire ankommen, woraus die ausschließlich rom. bed. begegnen; ebenso einigt fr. arriver beide begriffe. Aventura vertrat auch die stelle der göttin Fortuna: de las grausas dels homes fo Aventura faita deuessa LR. III, 505.

Azzardo it., fr. hasard (h asp. mhd. hasehart), pr. azar, cot. atsar Wagnis, glücksfall, sp. pg. azar unglückswurf, unglückskarte, Unglück, im spätem nüat ludus azardi glücksspiel; vb. azzardare, hasarder aufs spiel setzen, wagen, miat. ludere ad azarum. Altfr. hazart bedeutet auch würfel- spieler, hazarder dem Würfelspiel ergeben sein, s. Garpentier. Anderswo dient es zur Verstärkung der negcUion, d. h. es drückt eine unbedeutende sache aus: ne valent pas un hasart NF. Jub. II, 90. Üblich ist der ausdruck geter hasart FC. III, 288, Ren. II 159. Vergleicht man die franz. form mit den übrigen, so scheint d zugesetzt wie in blafar-d, ho- mar-d u. a., it. azzardo aber daher entlehnt: das acht ital. wort ist augenscheinlich das veraltete zaro PPS. II, 255, jetzt fem. zara spiel mit drei würfeln (il giuoco della zara Purg. 6, 1), eigentl. wurf von drei assen. An versuchen, dem schwierigen worte auf die spur zu kommen, fehlt es

I. AZZÜRRO— BACCALARE. 33

nicht; Raynouard hatte sogar zu den nordischen Äsen seine Zuflucht ge- nommen. Gegen die beliebte herleitung aus dem lat. as in der bed.punct im Würfelspiel, geringster wurf, daher wagnis, gefahr (Le Duchat) streitet leider das rom. z, das sich als ts im cot. atsar zumal deutlich ausspricht. Besser nähme man azar für eine abl. aus dem altsp. auce (abce) Schick- sal (s. IL b), woher auch aci-ago unglücklicher zu fall; war aber alsdann nicht azi-ardo zu erwarten? Doch ließe sich zur Unterstützung dieser etymologie noch das gleichfalls auf einen stamm az weisende cdtfr. haz- eter (würfeln) geltend machen. Weder dem buchstaben noch dem begriff genügt arab. 'darr schade Freyt. HI, 10b. Besser in beiden beziehungen passt hebr. zarah bedenkliche sache: ihm ober würde eher ein roman. feminin entsprechen, das sich nur in dem erwähnten neuitäl. zara findet. Man erwäge daher noch arab. jasara würfeln, jasar Würfelgesellschaft, würfdpartie, dem man den Vorzug vor allen zuerkennen dürfte (denn arab. 8 [sin] kann roman. z werden), wäre der wegfdtt des anlautes so leicht hinzunehmen; in Jasmin findet er nicht statt. [Die bed. würfet befrie- digt vollkommen: da aber in jasara ein ansloß zu liegen scheint, so bietet Mahn p. 6 das vtdgär-arab. zehär Würfel, zsgz. zär, wie es auch türkisch heißt, mit artikel azzar. Eine andre vermuthung bei Jos. v. Hammer: sp. azar komme von arab. assr Schwierigkeit, was von Seiten des begriffes wenig zusagt Von einer würfelparthie erzählt das artige fabliau de S. Pierre et du jougleor FC. III, 282, woraus über die art und weise dieses spids einiges zu lernen ist.]

Azzurro, azzuolo it., sp. pg. azul, pr. fr. azur dunkelblaue färbe; vom pers. lazvard, daher lapis lazuli, der saphir der aiten, arab. läzvardt lazurähnlich Freyt. IV, 76b. Das anlautende 1, welches man, wie Bösler bemerkt, für den artikel halten mochte, fiel im romanischen ab.

B.

Babbäo, babbaccio, babbano, babbuasso it. schwachkopf, gimpd; pr. babau, pic. baba geck; it. bäbbole, fr. babioles kinderpossen. Denselben stamm fühlt man im synonymen lat. babulus Apulej., wozu man noch nehme baburrus ^stultus Gl. Md., baburra 'stv&titia Gl. Placid.y vgl. ir. Jcymr. baban Und, puppe, engl, babe, babby.

Babbuino it., sp. babuino, fr. babouin eine art äffen, pavian; augenscheinlich gleiches Stammes mit dem fr. b ab ine offen- oder kuhlefze, muthmafilich verwandt mit dem mundartl. deutschen bäppe maul; vgl. unten beffa.

Baccalare it., pr. bacalar, fr. bachelier, aus letzterem it. baccel- liere, sp. bachiller, pg. bacharel. Die eigentliche heimath dieses Wortes ist Frankreich und der span. nordosten, wo baccalarius zunächst der be- sitzer eines großem bauerngutes, einer baccalaria war (seit dem 9. jh. vorkommend). Sodami gieng der ausdruck auf den ritter über, der zu

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34 I. BACCHETTA— BADARE.

unvermögend oder noch zu jung war, um ein eignes ba/mer zu führen, und wohl einem fremden folgte; endlich, und dies ist die heutige bedeu- tung9 auf den der sich im besitz einer dem doctorgrade untergeordneten akademischen würde befindet, in welchem sinne es in baccalaureus umge- deutet ward: so bei Camoens do baccharo e do sempre verde louro Lusiad. 3, 97. Was die etymologie betrifft, so ist hier nur zu verneinen: bas- cavalier niederer rüter kann es nicht sein, das verbietet die geschickte des wortes und die grammatik, die für das verschwinden des s keinen grund kennt; auch baculus fügt sich nicht in die form, vollkommen zwar das mit baculus gleichbed. gad. bachall, ir. bacal, allein über den logischen Zusammenhang werden sich nur unsichere vermuthungen vorbringen lassen. [Eine neue Untersuchung theilt LUtre mit, s. den Kritischen anhang p. 14. Bachelier scheine aus vassal entstanden, mit dem es die doppelte bed. lehne- und kriegsmann gemein habe; das fem. bachelette, wofür sich auch baisselette finde, sei offenbar derselben herkunft; b aus v mache keine Schwierigkeit, auch ss könne in ch übergehn, daher das mlat. ca in bacalaria. Allein ch aus ss ist vorsichtiger weise nur da anzuneh- men, wo letzteres ein 9 repräsentiert: lest, faciam, fr. fasse, pic. fache. Ferner, sicher ist, daß wenn man ein franz. wort latinisierte, che in ca verwandelt ward; ob aber diese Verwandlung bei einem so früh vorkom- menden worte wie bacalaria anzunehmen sei und ob die prov. spräche ihr bacalaria aus lat. Urkunden geschöpft habe, ist eine andre frage. Später hat Gachet dieses wort behandelt Auch er bringt es mit vassal in Ver- bindung, tritt aber in betreff seiner herkunft Chevället bei, der diese im celt. bachan (klein) u. s. w. findet.]

Bacchetta it., baqueta sp., baguette fr. dünner stecken, gerte; von baculus mit verändertem suffix, s. solche fälle Rom. gramm. II, 280.

Bacino it., altsp. pr. bacin, fr. bassin becken. Die älteste spur desselben scheint bei Gregor v. Tours vorzuliegen: cum duabus pateris ligneis, quas vulgo bacchinon vocant, s. Ducange, worin bacchinon (bacchinos?) mit cch an Bacchus angeknüpft sein könnte, s. Wadcer- nagel, Umdeutschung p. 15. In den Isidor. glossen findet sich auch das einfache baeca €vas aquarium. Man leite es nicht aus unserm becken, dem nur ein it. bacchino, fr. baquin gerecht wäre, da deutsches k nicht in c ausartet, vgl. unten franco. Aus demselben gründe muß auch das ndl. bak napf, mulde zurücktreten. Das wort kann in früher zeit aus einem alteinheimischen stamme, z. b. dem celt. bac höhlung abgeleitet sein, so daß es anfangs bakinus (woraus ahd. bechin), nachher bacinus ge- sprochen ward. Muthmafilich desselben Stammes ist it. bacioecolo beckenartiges tonwerkzeug, dessen primitiv in bacioca 'patera* Gloss. er- ford. p. 278a vorzuliegen scheint. Vgl. bacia II. b.

Bacio it., richtiger, aber minder üblich bagio, sp. beso, pg. beijo, pr. bais kufi; vb. baciare ff. küssen, auch als Substantiv gebraucht; von basium, basiare, meist bei dichtem.

Badare it., pr. cot. badar, altfr. baer, beer, nfr. bayer, noch

L BADILE— BAGASCIA. 35

mundartl. (in Berry) bader. Es bedeutet 1) den rnund aufsperren, gaffen: so im prov. cat. franz., so im altitäl. boca badhadha Bonves., bocca badada Mur. Ant. ital. IV, 434, prov. auch verhöhnen (?), occ. badado hohngdachter ; 2) verweilen, harren, vergeblich harren (dastehn mit offnem maul), Hol. prov. altfr. ; 3) nach etwas verlangen, trachten, ital. altfr. (das maul darnach aufsperren, lechzen). Sbst. pr. bada schildwache, adv. de bada, en bada, altfr. en bades umsonst, it. stare a bada mit offnem maule dastehn, harren. Für dieses wort gibt es alte Zeugnisse, mit rück- sickt auf welche die bed. \das maul aufsperren an die spitze gestellt wer- den mußte, nämlich in den Isid. glossen badare 'hippitare, oscitare, in den Erfurter glossen p. 276" battat 'ginatti d. i. gähnt, besser batat 'ginath* in einer andern hs. Mone's Anzeig. VII, 137. Es ist von nicht ganz gesichertem Ursprünge. Die celtischen sprachen scheinen keine pas- sende würzet zu enthalten: bret. bada staunen wird wohl eben so gut romanisch sein wie badalein (l mouille) gähnen, das nicht aus ersterem herstammen kann, sondern das pr. badalhar sein muß ; doch läßt sich etwa altirisch bäith thor, pinsd (maulaffe) Zeuß I, 37 anmerken. Buch- stäblich genügend ist ahd. beitön, früher baidön, säumen, harren, doch hängt einiger zweifei daran, weil es der offenbar ältesten bedeutung von badare nicht genügt. Letzteres konnte selbst aus einem naturausdrucke ba, der das aufthun des wundes bezeichnete, entstanden sein, so daß man etwa ba-are ba-d-are zu gründe legen müßte. Abgeleitet ist it. badig- liare, sbadigliare, sbavigliare, pr. badalhar, altfr. baailler, nfr. bäiller gähnen; fr. badaud, jw. badau maulaffe, geck; ebenso pr. badoc, baduel, badin; auch fr. badin scherzhaft, badiner scherzen, indenwbb.desl6.jh. mit ineptus, ineptire übersetzt; it. baderla einfältiges weib, vb. com. ba- derlä die zeit verlieren, chw. baderlar schwatzen, plaudern.

Badile it., badil, badila sp. feuerschaufd; von batillum.

Baga sp. packseü, pr. bagua, altfr. bague bündd, vgl. lomb. baga icemschlauch; daher abgel. it. bagaglia, pr. fr. bagage gepäck. Das unlat. wort, über welches Diefenbach, Goth. wb. 1, 343. nachzulesen ist, findet sich wieder im gad. bag, kymr. baich, bret. beac'h last, bündd, vb. gad. bae hindern, nord. baga dass.

Bagascia it., sp. bagasa (umgestdlt gavasa), pg. bagaxa, pr. ba- gnassa, altfr. bagasse, bajasse u. s. f. feile dirne. Eine bedeutung wie diese ist so verschiedenen auffassungen unterworfen, daß die ausdrücke oft schwer zu ergründen sind. Stellt die endung assa das roman. suffix = lat. -acea vor, ital. in ascia verwandelt, so müßte das wort aus baga (pack) abgeleitet sein, was keinen befriedigenden sinn gäbe. Vielleicht ist es cdtiseh: kymr. baches bedeutet weibchen, von bach klein; oder ardb., b&gez schändlich Freyt. I, 139", worauf schon Muratori vermuthete, oder bagf metze Freyt. I, 140*. Vom altfr. wort, das gleich dem arab. bagl auch dienerin heißt (NFC. I, 104), bildete sich das dimin. baisele dienstmädchen, auch bachele, wofür man ein primitiv bagache ver- mufnen mu/*.

36 I. BAGATELLA-BAILO.

Bägatella it. Kleinigkeit, taschenspielerei, daher sp. bagatela, fr. bagatelle in ersterer bed., der alten prov. spräche noch nicht bekannt. Muratori zieht es aus dem modenes. vb. bagattare pfuschen, hudeln, das er aus dem arab. bagata (mischen) entstehen läßt. Eigentlich aber setzen beide Wörter, nebst bagattino kleine Kupfermünze, ein subst. bagatta oder baghetta voraus, das etwa aus dem alten rom. baga (s. oben) abgeleitet eine geringe habseligkeit ausdrücken mochte; im parmesan. ist bagata in dieser bedeutung vorhanden.

Bagno it., sp. baüo, pr. banh, fr. bain bad; vb. bagnare ff., fr. baigner; von balneum mit ausgestoßenem 1, da balgno nicht zu sprechen war (daraus auch das bask. mainhua). Das weil, bae (fem. plur.) ent- stand aus dem lat. bajae, von dem die übrigen sprachen keinen gebrauch gemacht haben.

Bagordo und bigordo it., altsp. bohordo, bofordo, altpg. bofordo, bafordo (in Urkunden bufurdium), pr. beort, biort, zsgz. bort, altfr. bo- hort, bouhourt, behort ein ritterliches spiel, dsgl. die waffe dazu; vb. it. bagordare ff. lanzen brechen. In Frankreich rannte man einzeln zu pferd mit der lanze nach der quintaine (s. Ducange v. quintana, Aubri im Ferabr. p. 158—162, Alex. 14, 30J, in Spanien schleuderte man den bafordo nach dem tablado (Jlx. 666, vgl. bornaren [bordaren?] etiraren a taulat Chr. d'EscL 587b), in Deutschland war der bühurt ein kampf- spiel, wo schaar gegen schaar stand. Daß bohorder, denn von der franz. form ist auszugehn, ein ursprünglich deutsches wort sei, lehrt fast mit gewißheit die aspirata, die sich im spanischen als f (man erwäge faraute von höraut), im ited. als g (gufo für huette) darstellt. Offenbar ist es ein compositum, das zweite wort führt natürlich auf hurten stoßen, allein dies letztere gestaltete sich im roman. so verschieden (altfr. hurter, nicht horder), daß man davon abgehen und sich an das deutsche hürde, ahd. hurt, altfr. horde, vb. horder, halten muß, auch stimmt hordeYs Um- zäunung formell genau zu bohordeYs ritterspiel. Hourdum bedeutet tnlat. s. v. a. das erwähnte sp. tablado gerüste s. Garpentier, noch jetzt im Hennegau hourd. Ganz zweifelhaft bleibt das erste wort der Zusammen- setzung. Ist die waffe die grundbedeutung, so könnte es aus botar her- rühren: bot-hort bohort (t schwand vor der aspirata) würde etwas nach dem gerüste stoßendes bedeuten. Einen weiteren beürag zur deutung dieses Wortes liefert Gachet p. 60b.

Bailo, balio it., sp. bayle, pg. bailio, pr. baile, altfr. bail pfleget, er 'zieher ', Verwalter, amimann, fem. it. baila, balia, pr. chw. baila amme; it. balia, sp. pr. bailia, altfr. baillie Verwaltung, vogtei; it. balivo, pr. bailieu, fr. bailli landvogt; vb. it. balire, pr. bailir, altfr. baillir ver- walten, dsgl. pr. bailar, altfr. bailler darreichen, wal. beiä pflegen, er- ziehen, daher b?iat Knabe (pflegling). Lat. bajulus heißt träger, tnlat. (z. b. bei Lupus Ferr.) erzieher, hofmeisier, eigentl. wer kinder trägt oder leitet, ganz deutlich im fem. baila ausgesprochen, daher pfleget, land- pfleg er. Aus bajulus baj'lus ward das roman. bailo; lat. bajulare tragen

I. BAIRE— BALCO. 37

erhielt sich buchstäblich im altfr. und tndaril. bailler, vgl. sard. baliai ertragen.

Baire it. erstaunen; altfr. adj. baYf, henneg. bahi erstaunungsvoll; zsgs. it. sbaire, pr. esbahir, fr. äbahir, s. v. a. baire, wohl auch sp. embair einem ein blendwerk vormachen, eigenfl. in erstaunen setzen, be- täuben? Man hält es für einen naturausdruck, indem man das darin vor- kommende bah als eine bezeichnung des erstaunens nimmt und wirklich kommt eine solche interj. im neuprov. vor, s. Honnorat: es wäre also mit badare von verwandter entstehung. In dem von einem etymologen heran- gezogenen ahd. abahön verabscheuen widerstrebt vornweg die bedeutung.

Baja it., sp. pr. sard. bahia, fr. baie bucht, hafen. Isidorus führt dieses dtroman. wort als ein lateinisches an: hunc portum veteres a ba- jtüandis mercibus vocabant baias. Frisch findet seinen Ursprung im fr. bayer den mund offen haben, klaffen, wie denn auch baie überhaupt für ettcas offen stehendes gebraucht wird, und diese erklärung scheint sich durch die catal. form badia von badar (öffnen) zu bestätigen, deren d im span. schon vor Isidors zeit ausgefallen wäre. Andre erblicken in bahia ein bask. wort, daher der name Bayona zsgs. aus baia hafen und adj. ona gut; andre ein cdtisches, gael. bädh oder bägh, wozu die verschiedenen roman. formen recht wohl zu stimmen scheinen.

Baja it., sp. pg. vaya, fr. baie posse, fopper ei; davon it. bajuca posse, JÜeinigkeit. Stammt es aus Italien, so dürfte man an gr. ßaiog (klein, gering) denken; aus Frankreich, so könnte es identisch sein mit baie beere d. h. unbedeutende sache. Der specielle sinn des Wortes aber verträgt sich besser wohl mit pr. bada, dem das altfr. baie entspricht, vergebliches harren, adv. en bada umsonst; zur posse, fr. donner la baie, sp. dar vaya einem etwas nichtiges vormachen, einen anführen, vgl. oben badare mit seinen ableitungen.

Bajo it., sp. bayo, pr. bai, fr. bai braun (von pf erden); von dem seltnen tat. badia s, das Varro gleichfalls von der färbe der pferde braucht. Eine abl. ist fr. baillet bleichroth (wieder nur von pferden), latinisiert badiolettus; pr. baiart s. v. a. bai; eine andere it. bajocco eine kupfermünze, von der färbe benannt wie das fr. blanc, das dtsche wei&pfennig.

Balascio it., sp. balax, balaxe, pg. balais, balache, pr. balais, balach, fr. balais ein eddstein, genannt nach seinem fundorte, dem chanat Badakschan (Balaschan, Balaxiam) in der nähe von ßamarkand. Man sehe Ducange v. balascus, Ritter7 Erdkunde von Asien V, 789.

Balaüstro it., balaüstre sp., balustre fr. Meine säule eines gelän- ders; daher it. bai aust rata u. s. w.; von balauetium (ßahxvariov) Uüthe des wilden granatbaumes, it. balaüstra, wegen einer ähnlichkeit der form (Crusca, Caseneuve).

Bai co und palco it. gerüst, Stockwerk, von letzterer form das sp. pg. palco; abgel. it. balcone, sp. balcon, pg. balcäo, fr. balcon erker. Sämmtlich aus dem ahd. balcho, palcho balken, ndd. balke kornboden,

38 I. BALDACCHINO -BALISA.

vgl. altn. bälkr v er zäunung. Die pic. mundart besitzt das deutsche wort in seiner eigentlichsten Bedeutung, bauque poutre. Andre finden den Ur- sprung von balcone im pers. balkan zinne der mauer (Vutters I, 260*).

Baldacchino it., sp. baldaquin, fr. baldaquin thronhimmel; vom ital. Baldacco Bagdad, woher ursprünglich der dazu gebrauchte aus gold- fäden und seide gewebte stoff kam; diese Bedeutung zeigt noch das aitfr. baudequin, z. b. lors veissiez genz acesmer de samiz, de dras d'outremer, de baudequins d'or ä oiseaus Bomvart p. 582, und altsp. balanquin: balanquines e purpuras, xamit et escarlata Bc. p. 276, 21. Vgl.Frisch I, 61c.

Baldo it., pr. baut, altfr. aiUcßt. baud keck, üppig, fröhlich; pr. baudos dass.; sbst. it. baldore, pr. altfr. baudor übermuth, fröhlichkeit, it. baldöria freudenfeuer; vb. altit. sbaldire PPS. I, 66, pr. altfr. esbaudir heck, üppig, fröhlich werden; vom goth. balths (bei Jemandes und im adv. balthaba), ahd. bald u. s. w. kühn, freimüthig, vb. goth. balthjan ff. sich erkühnen. Die südwestlichen sprachen besitzen einen gleichlautenden stamm in folgenden und einigen andern Wörtern: baldo leer, entblößt, de balde und en (em) balde vergebens, unnütz, baldio unbenutzt, brach, balda unnütze Sache, mangel, schwäche, baldar hin- dern, lähmen (unnütz machen), bald od, baldao beschimpfung (eigentl. wohl unnützlichkeit, vgl. altsp. en baldon = en balde, daher werthlosig- keit, schimpf), baldonar, baldoar beschimpfen. Sind diese werter gleich- falls germanischer herhmft, so gieng der begriff der keckheit in den der eitdkeit über, wie z. b. das ahd. gemeit übermüthig und vergeblich zugleich bedeutet. Dieser Vorgang ist aber nicht wahrscheinlich, theils weil der grundbegriff 'kühn im span. nirgends vertreten ist, theils weü die span. derivata von den Übrigen ganz verschieden sind. Man hält sich also besser an die herleitung aus dem arab. ba tala unnütz sein Gol. 287, das sich in batla balda verwandeln konnte wie spatnla in espalda, rotulus in rolde.

Balicaretf. (nur balica lonib.), altfr. baloier sich hin und herbe- wegen, schwanken, flottem, cat. balejar, sp. pg. a-balear gäreide schwing gen; etwa von ballare tanzen? oder entstellt aus banicare? s. banda. Prov. balaiar flattern, peitschen läßt sich formell nicht damit vereinigen.

Balla it., sp. pr. bala, fr. balle kugel, runder pack; augm. it. ballone, sp. balon, fr. ballon. Da die ital. spräche für balla, ballone auch palla, pallone erlaubt, so ist die nächste herkunft des roman. Wortes aus dem gleichbed. ahd. balla, palla, mhd. bal, altn. böllr (von Benecke aus einer deutschen würzet erklärt) fast unzweifelhaft, welche formen sich dem Italiener unmittelbarer darbieten mußten als gr. ßctlletv, ndkkeiv, sbst. nakla.

Balisa sp.pg., balissa cat, balise fr. pfähl, reisbündd, tonne u. dgl. zur bezeichnmg gefährlicher stellen am eingange der häfen (Dict. de VAc. fran$.), ndd. bake. Ein it. baligia fehlt, daher die franz. -ital. Wörter- bücher balise umschreibend übersetzen, der prov. ausdruck ist gaviteou.

I. BALLARE-BAMBO. 39

Es ist nicht zu ermitteln, ob das wort nur den zweck der bemerkten gegen- stände, also z. b. merkeeichen, warnung, oder ob es einen dieser gegen- stände selbst ausdrücken soll. Indem man von der letzteren ansieht aus* gieng, haben einige es aus palus pali abgeleitet, palitia, wiewohl sich das anlautende p gerade im sporn, und franz. fast niemals zu b herabläßt: dem qp. paliza (prägel d. h. schlage) ist diese abkunß nicht zu bestreiten. Chevallet entgeht dieser Schwierigkeit, indem er es aus dem ndl. balie (zuber) leitet; aber ein zuber ist nicht mit tonne zu verwechseln, abgerech- net daß der Niederländer sein balie nicht in dem sinne von balisa an- wendet. Der herkunft des seemännischen Wortes ist also noch nachzuspüren.

Ballare it., sp. pg. bailar, pr. balar, altfr. baier tanzen; sbst. it. ballo, sp. pg. baile, pr. fr. bal tanz. Schon im ältesten tnlatein trifft man choreis et ballationibus Gl. Isid., wofür ein kritiker helluationibus vorschlägt (Jahrb. f. phü. XIII. suppl. p. 238), wiewohl es diesen glossen an unlat. Wörtern nicht fehlt. Ballare scheint abgeleitet aus dem roman. balla kugd, ball, daher ital. auch pallare wie palla; das sp. bailar ruht auf einem ursprünglichen balear (vgl guerrear, manear) mit Versetzung des e baelar bailar, altsp. noch bailar, pg. balhar. 'Das ballwerfen war im Mittelalter wie bei den Griechen ein mit gesang und tanz verbundenes spiel, daher in den romanischen sprachen ballare tanzen. So Wacker- nagel, Altfr. lieder p. 236. Wie das ballwerfen auf das tanzen über- getragen ward, so im altsp. bailar auf das singen; im walach. erfolgte das tanzen, zucare, aus dem spielen. Eine abl. ist it. ball ata ff. tanzlied.

Balzare it. hüpfen, springen, in die höhe prallen, pr. balsar? Fer. 275; sbst. it. balzo, cot. bals, altfr. bausiüCaw. 320 prall, Sprung, ital. auch Hippe, wofür überdies fem. balza; verstärkt it. sbalzare schleudern, sich schwingen, sbst. sbalzo. Die heimath des Wortes ist sieht- barlich Italien, wo es sich am meisten ausgebreitet (vgl. noch balzellare, balzelloni): um so wahrscheinlicher Ast herkunft aus gr. ßaMdfyiv hüpfen, springen, tanzen.

Bambagio, bambagia it. baumwolle, maü. bombäs; von bombyx (ßopßvt;) seide, baumwolle, mittetgr. ßajußaxiov, mlat. bambacium. Daher it. bambagino, sp. bombasf, fr. bombasin, basin baumwollner stoff, lat. adj. bombyemus.

Bambo it. kindisch, einfältig, sp. bamba einfältiger mensch (nach Covarruvias) ; abgel. it. bambino, b&mbolo und b&mbola, bamboccio (hieraus fr. bamboche), sp. bambArria (m.) Und, puppe, kindischer mensch u. dgl., Ostreich, bams fand, bützel. Der stamm dieser bildungen ist der des lat. bambalio bei Cicero, des gr. ßafißalog, vb. ßafußall&iv, ßaftßaiveiv stammeln. Auchimsp. bamba schaukel, bambolear schau- keln, wiegen, bambdn, norm, bamboler dass., wäUon. bambi wackeln, bürg, yambe bewegung der glocke ist er anzunehmen, wie auch it. bambo- leggiare schäkern, kindereien treiben (von bambolo kind) buchstäblich mit sp. bambolear zusammentrifft. Vgl. auch das verwandte babbeo. Ital. bimbo kind scheint nichts anders als eine ablautende form von bambo.

40 I. BANCO-BANDO.

Banco it. sp. pg., fr. banc tafel oder tisch z. b. der Wechsler, ruderbank, Sandbank, zimmerbock u. dgl., das span. wart auch m der bed. scamnum, pr. banc nur in letzterer und so fem. it. sp. pg. pr. banca, fr. banque (auch banche felsengrund in der see Dict. de Trev.) ; vom ahd. bartch (f.), mhd. banc (m. f) scamnum. Zwar auch hymr. banc {gacl. binnse), aber die ital. nebenform panca spricht deutsche herkunfl an. Abgel. it. banchiere ff. Wechsler, mensarius; banchetto ff. bärik- chen, dsgl. gaster ei: da sich aber beide bedeutungen ziemlich ferne liegen, so scheint man die zweite aus dem vb. banchettare gastereien heilten, welches ursprüngl. 'tische und bänke rüsten bedeuten konnte, gezogen zu haben, entsprechend dem mhd. benken: hie wart gebenket schöne, tuoch unde br6t fif geleit Wb. I, 84.

Banda it. sp. pr., bände fr. binde, streif, bände d. i. trupp; vom goth. bandi (f.), ahd. band (n.) Dsgl. it. bandiera, sp. bandera, pr. bandiera, baneira, fr. banniere fahne (daher unser panier), vgl. goth. bandva zeichen, und Paul. Diac. 1, 20: vexillum, quod bandum appel- lant; s. darüber Muratori, Ant. ital. II, 442; ferner it. bandolo, ban- doliera, fr. bandouli&re u. dgl. Das einfache bannum findet sich nur im attfr. ban, sofern es die bed. fahne zeigt, beispide bei Ducange; dieprov. denkmaler gewähren nur das edmpos. auri-ban, weiches Raynöuard un- richtig mit arriere-ban übersetzt, vgl. die stelle on a mot auriban e trop mot ric penon GAlb. 2637; es ist goldbanner wie auriflamma. Vb. sp. bandear, pr. bandeiar, baneiar hin und her schwenken (wie eine fahne), intrans. sich bewegen, flattern, attfr. banoier G. Guiart II, 341, esbanoier dass., gleicher bed. mhd. baneken s. Grimm II, 1000, worin noch die älteste roman. form banicare zu erkennen ist, die sich auch deutlich im comask. bangä schwanken ausspricht.

Bando it. sp. pg., pr. ban, fr. ban öffentliche Verkündigung; vb. it. bandi re, sp. pr. bandir, pg. bandir, banir, fr. bannir öffentlich verkün- digen, daher partie. it. bandito öffentlich ausgerufener, verwiesener, Straßen- raubet. Das wort kommt frühe im ndatein vor, wo bannum edictum, inter- dictum, bannire edicere, citare, relegare heißt. Es ist deutscher herkunfl (Grimm, Rechtsalt. 732); zu beachten ist aber, daß das rom. bandire, bannire nicht wohl aus dem starken vb. bannan entstehen konnte, welches bannare, banner gegeben hätte, es stimmt mit seiner coryugationsform besser zum goth. bandvjan bezeichnen, andeuten, dessen nebenform banyjan zugleich das roman. bannir zu erklären scheint; andre deutsche dialecte können das im gothischen so einflußreiche ableitende v entbehrt haben. Vgl. den vorigen artikel, der mit dem gegenwärtigen innerlich zusammen- hängt. Auch die gael. spräche besitzt bann in der bedeutung des engl. band und ban; das sogleich zu nennende altfr. arban kann aber seine herkunfl aus dem deutschen gar nicht verläugnen. S. über bando auch Diefenbach, Goth. wb. I, 299, wo germanischer Ursprung oder wenigstens sehr frühe aneignung vermuthet wird. Eine abl. ist pr. attfr. bandon, fast stets mit vorgesetzter partikel ä, 1) = ban: vendre gage a bandon;

L BARA-BARATTO. 41

2) wütkür, eigenÜ. preisgebung: prenez tot k vostre bandon. Aus diesem adv. ä. bandon gestaltete sieh wieder ein sbst. pr. fr. abandon, it. ab- bandono, abgekürzt bandono hingebung, vb. abandonar ff. hingeben, überlassen. Eine zss. ist fr. arri&reban auf gebot zum Kriegsdienst, ent- stellt oder umgedeutet aus ahd. hariban heerbann, mlat. haribannnm, arri- bannnm; näher der urform liegt das altfr. arban frohndienst, s. Du- cange s. v. heribammm. Eine andre zss. ist altfr. forbanir durch öffent- lichen ausruf des landes verweisen (for = lat. foras), ital. nur forban- nnto, altfr. sbst. forban Verweisung, dsgl. (concret) verwiesener, Seeräuber, nfr. noch in letzterer bedeutung, mlat. forbannitus in der L. Rip., ferban- nitns in der L. Sah, beide nach MüUenhoff (zur L. Sah p. 282) von ver- schiedener Zusammensetzung. Ein weiteres compositum ist it. contrab- bando, fr. contrebande Übertretung einer Verordnung, Schleichhandel.

Bara it., fr. bar Dict. de Trev., üblicher bifere, pr. bera todtenbahre, tragsessd, chw. bara leiche; vom ahd. bära, ags. baer, bere, ndl. berrie; tf» letzteres fügt sich auch neupr. berio (für beria) tragkorb.

Baracane it., sp. barragan, pg. barregana, pr. barracan, fr. bar- racan, bouracan, ein stoff von Ziegenhaar, daher nhd. bercan und bar- chent; vom arab. barrakän, barkan eine (schwarze) Meldung Gol. 263, Freyt. I, 113h, nach Sousa persischen Ursprungs, s. baraka Jcleid oder stoff aus kamedhaar Vüllers I, 224*.

Baracca it., barraca sp., baraque fr. hätte, zeit; abgeleitet aus barra Stange wie it. trab-acca aus trabs. Span, etymologen holen es aus dem arabischen.

Baratto it., altsp. barato, pr. barat, fr. barat, fem. ältsp. cot. pr. barata, altfr. barate betrügerischer handd oder tausch; vb. it. barat- tare, altsp. pg. cot. pr. baratar, altfr. bareter bösen handd treiben, prellen, rupfen, überhaupt tauschen und täuschen, altpg. baratar zerstören, SRos.; zsgs. it. sbarattare, sp. pr. desbaratar, cdtfr. desbareter zu gründe richten (einen um alles bringen); selbst nfr. baratter buttern (durcheinander rühren, verwirren?) dürfte hieher zu rechnen sein. Aus it. barare (betrügen) konnte baratto auf regelmäßige weise nicht entstehen. Die dUnord. spräche besitzt barätta kämpf und Dante Inf. 21, 31 braucht, wie Muratori in dieser beziehung anmerkt, baratta in gleichem sinne, allein es bedeutet ihm gewiß nichts anders als das altfr. barate Verwicklung oder getriiM in der schlacht s. Ch. des Sax. II, 30, altsp. barata PC; auch wurden die begriffe kämpf und betrug (Verwicklung) schwerlich hand in hand gehn. Die ahd. spräche bietet bala-räti nequitiae Graff II, 467, dies würde jedoch fr. banrai oder baudrai hinterlassen haben. Ein wort, das dem begriffe genügt, ist gr. nqcaxuv handeln, geschäfte machen, kniffe brauchen (wofür jetzt irqay^axsvuv gesagt wird); von den griechi- schen kaufleuten konnte es das abendland entlehnen. Wegen b aus gr. n vgl. boite von nvl-ig u. a. und wegen der einschiebung eines vocales in den Gomplicierten anlaut it. calabrone von clabro für crabro (andre bei- spiele Born, gramm. I, 302). Der Serbe hat augenscheinlich dasselbe wort,

42 I. BARBACANE-BARDASCIA.

bar&tati geschäße treiben. Das neusp. barato heifit wohlfeil, ohne mühe* subst. wohlfeüheit, baratar unter dem werthe verkaufen, und wird von J. v. Hammer aus dem arab. barät (bara h) immunxtas Freyt. I, 102* er- klärt. Dagegen ist einzuwenden, daß die arab. substantiva auf at im span. die spätere oder vulgäre form ah reflectieren (bara müßte es heißen) und daß diese bedeutung sich doch den obigen anknüpfen läßt.

Barbacane it. (m.), sp. pr. barbacana, pg. barbacäo, fr. barba- cane brustwehr mit Schießscharten vor der hauptmauer einer festung, churw. vrlt. barbachaun Stützmauer; nach Vossius De vit. serm., arabischer herkunft, was aber Muratori, Ant. itcU. II, 456, bestreitet, Pougens, Tresor I, 137 wieder behauptet. Persischen Ursprung erkennt ihm Wedg- wood su, nämlich von bäla-khaneh oberes zimmer (woher aucAbataone stammen soll), ursprüngl. ein vorragendes fenster tum schütze des ein- gangs,

Barbecho sp., barbeito pg. brachfdd; von vervactum dass. Im nordwesten ward anlautendes v wie in andern fällen, zu g und so ent- sprangen die formen pr. garag, fr. guäret, denen im Süden vol. guaret, cot. guret entsprechen. Im ital. ist das wort nur mundartlich, wie sard. (logud.) barvattu; dafür hat die Schriftsprache maggese.

Barca it. sp. pg. pr., barc^ wal., barque/r. kleines lastschiff, schon im frühesten mlatein: barca, quae cuncta navis commercia ad Utas portat Isid. 19, 1, 19. Das übliche prov. bar ja, altfr. bärge, nfr. berge (bar- que ist fremd) verlangt jedesfalls bärica als älteste* fortn (vgl. carrica charge, serica serge) und diese könnte erwachsen sein aus gr. ßaQig kakn (baris bei Properz) wie auca avica aus avis ; der griech. schifferausdrücke gibt es im romanischen mehrere. Dagegen verweist Wackemagd (Haupts Ztschr. IX, 573) auf altn. barkr, das sich mit börkr zusammenstdlen lasse, ein aus rinde (borke) gebautes schiff.

Bar da it. sp., barde altfr. pferdeharnisch van eisenblech, aUfr. champ. barde auch zimmeraxt GVian. 1998, wal. bard? dass., dauph. partou hackmesser, dsgl. pg. barda, fr. barde speckschnitte, die man um ein stück braten legt, port. auch sattel; ab gel. fr. bar de an schindet, it. bardella, fr. bardelle, pr. bardel platter sattel, reitküssen; it. bardotto, fr. bardot lastthier, das der treiber reitet (sattelthier). Diese büdungen erinnern theüs an ahd. barta, ndl. barde hacke, theils an nord. bardi schild; aber pg. barda in der bed. hecke, zäun, span. dornichte mauerbe- Ueidung, sind sie mit Larramendi auf bask. abarra da d. h. 'es ist ge- zweige zurückzuführen? Das sp. albarda saumsattd (auch speckschnitte = pg. barda) leitet man dagegen aus dem arab. al-bardafah unterläge des satteis Gol. 253, Freyt. I, 106b, s. Monti, Agg. cd vocab. II, 2,310.

Bardascia it., bardaxa sp., bardache fr. (m.) pathicus; vom arab. bardag sklave? Gölius p. 253. Das lomb. und piem. bardassa bedeutet überhaupt nur knabe, bei bardassa ist = bei fanciullo, und auch das sard. bardascia hat diese bedeutung neben der andern. Über altfr. bar- dache stange s. Qrandgagnage v. bardahe.

I. BARGA— BARONE. 43

Barga sp. cdtpg., fr. berge hohes abhängiges ufer; vielleicht ein uraltes wart, wenigstens kein germanisches, vgl. kymr. bargodi überMngen, hervorspringen, bargod rand, dachtraufe.

Bargagno it., pr. barganh, fem. pg. pr. barganha Unterhandlung, aitfr. bargaine ceremonie Roq.; vb. it. bargagnare, pg. pr. barganhar feilschen, handeln, /Vvbarguigner (für bargaigner, vgl. grignon IL c.) knickern, zaudern. Das mlat. barcaniare Gap. Cor. Gcdv. bezeugt, daß g aus c entstand und so ruht das wort vielleicht auf barca fahr zeug, das, nach Isidors definition, die waaren hin- und herbringt, so daß bargagno das hm- und herhandeln bedeutete. Das suffiz aneum bildet zwar sonst keine abstracta aus concreten begriffen, allein seine bedeutung läßt sich bei der spärlichkeit seines Vorkommens überhaupt nicht auf das genaueste be- stimmen. Genin, Beer. phü. I, 279, erkennt in diesem wort ein compo- situm, bestehend in der vornan, partikel bar (für bis) und gagner; aber sowohl das mlat. barcaniare wie die unwandelbare gestalt der silbe bar, die weder in bis noch in bes noch in ber umschlägt, hauptsächlich aber die form gagn, wofür guadagn u. s. w. zu erwarten war, kurz, alles ist gegen ihn.

Bargello it., sp. pg. barrachel, altfr. barigel häscherhauptmann; vom mlat. barigildns (barigildi et advocati in einem capitular v. j. 864), sieher ein deutsches wort, aber von unklarem Ursprung. 8. Grimm, Rechts-

Baritono it. sp., pg. baritom, fr. vrlt. baryton stimme zwischen tenor und bass; vom gr. ßaQurovog grobstimmig, nicht vom lat. barritus, woraus nur baritöne werden konnte. .

Baro und barro it. falscher Spieler, schurke; augm. barone; vb. b arare, barrare Schelmerei treiben. Die herkunft dieses Stammes, der so einfach nur im ittü. vorkommt, ist noch unauf gehellt; buchstäblich passt zwar zu baro, barone das mlat. barns, baro, die begriffe aber einigen sieh nicht. Desselben Stammes sind etwa folgende Wörter: pr. baran be- trug; it. baroeco wucher; altsp. baruca list; it. barnllo Obsthändler (vgl. treccare betrügen, trecca hökerweib); sp. baraja, pg. pr. baralha, altfr. berele Ruteb. I, 78. U, 117 Verwirrung, hader; vb. baraja r, ba- ralhar, bamlhar durcheinanderwerfen, in Unordnung bringen.

Barone it., sp. varon, pg. varäo, pr. bar (acc. barö), altfr. ber (ace. baron), nfr. baron ursprüngl. mann wie lat. vir, auch ehemann: pr. lo bar non es creat per la femna, mas la femna per lo baro non est creatus vir prqpter midierem, sed mulier propter virum. Daher bedeutet es auch mannhaft, kräftig; altfr. Karlemaine nostre emperere ber Rol. ed. Mich. p. x vi; ne sui pas si preux ne si ber NF. Jub. L p. 214; pr. barnatge, altfr. baronie, barnie tapferkeitl embarnir kräftig werden LR. Daneben zeigt sich bereits im prov. und altfr. die bed. großer des reiche, lehensträger, so z. b. im Leodegar str. 9 baron franc fränkische große. Die ältesten deutschen rechtsbücher nehmen es gleich- falls für mann im gegensalz zum weihe: tarn baronem quam feminam

44 L BARONE.

L. Rip., barum vel feminam L. Älam., in der L. Sal. ist baro der frei- geborene, in den capütdarien Karls des kahlen sind barones die proceres oder vassallen, daher auch baro dem Joh. de Garlandia 'gravis et authen- tieus vir bedeutet, gravis vielleicht mit anspielung auf das lautverwandte gr. ßaQug. Neben dem mlcU. und romanischen begegnet noch ein das- sisches baro ; bei Cicero, der es öfter braucht, heißt es thor, pinsel ; dies aber könnte andrer herkunft sein. In den schollen zum Persius wird ihm die bed. servus müitum beigelegt und gallische herkunft angewiesen, und ziemlich übereinstimmend übersetzt es Isidorus mit mercenarius und leitet es aus gr. ßaQvg stark, grob, *fortis in laboribus\ Auch in einer elantan- nischen 'Urkunde v. j. 744 sind parones servi. Die notiz des scholiasten muß irgend einen grund haben. Sucht man im celtischen, so findet sich ein altgael. bar held, also zusammentreffend mit dem altfr. ber, sofern dies einen tapfern mann bezeichnet. Eine zweite gael. bed. trefflicher mann rührt an die des Joh. de Garlandia. Als eigennatnen bemerkt man das wort im frühen mlatein nicht unhäufig, z. b. bei Fumagcdli p. 91 (v. j. 792); davon zu unterscheiden ist Bero ursus. Dies sind in aller kürze die das wort betreffenden thatsachen; seine herkunft ist noch nicht mit Sicherheit ermittelt. Vor allem muß seine abstammung aus dem celt. bar als eine den prov. und franz. Sprachgesetzen widersprechende hypothese abgelehnt werden. Es fiectiert mit beweglichem accent (bar barön) und alle Wörter dieser classe rühren entweder aus dem latein. (drac dragön, läire lairön) oder aus dem deutschen (Uc Ugön) her; der celt. Sprachbau bot keinen anlaß zu solchen flexionen. Es bleibt also hier nur zweierlei übrig. Entweder ist unser baro lateinisch, wozu die bemerkung des scho- liasten aber nicht wohl passt, oder es ist germanisch und dem widerspricht die bemerkung des scholiasten nicht, da die Römer germanische leicht mit gallischen Wörtern verwechselten. Zu der bed. servus müitum (last- oder packträger der Soldaten) stimmt nämlich ahd. bero (acc. berun, beron) träger, vom vb. beran, goth. baf ran, welches Ulfilas für qtoqtiv und ßaatateiv gebraucht. Das Substantiv hat sich im althochd. nicht erhalten, ist aber nach dem altfries. bera vorauszusetzen. Hieraus das altfr. ber, acc. baron mit üb- licher Verwandlung des tonlosen e in a. Dabei muß freilich eingeräumt werden, daß der Provenzale, dem der Wechsel zwischen e und a (vgl. auch altfr. lerre larron) nicht genehm ist, den vocal des accus, auch auf den nomin. übertragen habe. Aus der bed. träger, lastträger müßte sich die bed. starker bursche, kerl (fortis in laboribus) und endlich hieraus die bedd. mann, lehensmann entwickelt haben. Es bleibt aber auch dies eine hypothese, die, wenn sich der latein. Ursprung des wortes gegen die sage von seiner fremden herkunft begründen läßt, von selbst verschwindet. Man vgl. noch mhd. bar Wb. I, 88. 142. In ital. mundarten tritt unser wort in einem bescheideneren sinne auf: com. bergam. bar, piem. berro, romagn. berr heißt widder, lothr. berra (d. i. b^rard) dass., man sehe einen ent- sprechenden fall unter marrone II. b. [Herkunft aus beran vermuthete auch Müllenhoff zw L. Sal. p. 279. Weitere Untersuchungen über das wichtige wort s. bei Diefenbach, Orig. europ. p. 250.]

I. BAKRA-BASTARDO. 45

Barra it. sp. pr., barre fr. stange, riegd; daher sp. birrio, pr. cal.#barri schutzwehr, wall, Vorstadt, miat. barrium (aera 987); fr. bar- reau; it. barriera, sp. barrera, fr. barri&re u. a.; vb.sp. barrar, bar- rear, fr. barrer. Aus dem celtischen : hymr. bar (m.) ast u. s. w. s. Diefen- bachy Celt. I, 184, vgl. mhd. bar, barre in den rotnan. bedeutungen. Das- selbe wort ist auch enthalten im ahd. sparro, vb. sperran, woraus sich die üal. formen sbarro, sbarra, sbarrare gestaltet haben können, nicht eben müssen, da diese Sprache den anlaut häufig mit s verstärkt. Noch sind einige Meitungen zu erwähnen: sp. bar ras stange, zsgs. sp. emba- razo, fr. embarras Sperrung, hindernts, vb. embarazar, embarrasser, dsgl. fr. däbarrasser; wohl auch sp. barrica, fr. barrique tonne, daher barricata verrammelung (aus fässern und ähnlichen Sachen bestehend); it. barile, sp. pg. barril, fr. baril, kymr. baril, gael. baraill, wozu noch sp. barral große flasche kommt. Auch franz. Ortsnamen wie Bar-sur-Aube, Bar-le-Duc werden zu diesem stamme gerechnet. S. auch baracca.

Basso it., sp. baxo, pg. baixo, pr. bas, fr. bas niedrig; vb. bas- gare ff. Das Isid. glossar hat bassus 'crassus, pinguii, das Gloss. vetus p. 511 bassas 'pingues oves\ bassum cnon altum', Papias bassus 'curtus, humilis (nicht profundus). Die grundbed. ist also wohl die erstere: in der that heißt it. bassotto dick, dttfr. bas breit, gedrungen, z. b. une maison longhe et assez basse SSag. p. 169; ele a basses banches et bassee jambes NF. Jub. II, 260, wo an die bed. tief nicht zu denken ist. Man erinnert, was seine herkunft betrifft, an gr. ßaoocov und celt. bas, welchem letzteren die rotnan. bed. seicht zusteht) aber ist dies nicht ent- lehnt und würde sich bas so leicht in span. baxo verwandeln, das ein doppeltes* verlangt? Das wort muß vielmehr ein acht latein. sein: schon das alte Rom kannte es als zunamen, dergleichen auf körperliche eigen- schoflen zielend sich viele vorfinden, und hier passt die bed. der glossen trefflich. Auch Papias sagt basus 'curtus a base, et (nomen) proprium est Als eigentlicher name begegnet es z. b. in einer Urkunde des 6. jh. Marin, p. 197*, die zss. Campobassum in einer andern v. j. 635 Briq. p. 136h. Diefenbach, Goth. wb. I, 282, ist geneigt, bassus 'diele ganz von bassus * niedrig* zu trennen, vielleicht ohne noth: bassus konnte das in die breite, nicht in die höhe gehende, das gedrungene bezeichnen, worin sich die begriffe dick und kurz berühren. Aus dem adjeetiv entstand das sbst. it. basso untertheü, fr. bas strumpf (eigentl. abgekürzt aus bas- de-chausse, vgl. haut-de-chausses), sp. baxos, pg. baixos (pl.) unter- üeider, auch fußbekleidung, ein wort, womit das lat. baxea (ort schuhe, bei Plautus), welches fr. baisse erzeugt haben würde, gewiss nicht zu- satnmenhängt.

Bastardo it. sp. pg., bastart^r., bätard/r., miat. bastardus wenig- stens seit dem 11. jh. uneheliches Und. Entstehung aus dem folgenden basto ist wohl kaum zu bezweifeln, da auch dttfr. fils de bast, entstellt fils de bas, gesagt ward: fille de bast schon im Aubery p. 11, fröre de bas bei Carpentier, fille le roy Henris de bas (im reime) DC. Aufweiche

46 I. BASTO-BATTERE.

anschauung sich aber dieser ausdruck €kind des saumsattels* besieht, ist nicht so leicht ins klare zu bringen. [Mahn p. 17 gibt eine anspre- chende erldärung dieses ausdrucks. Das deutsche bankert kommt bekannt- lich von bank und heißt eigentlich der auf der bank, im gegensatze mm bett, erzeugte (vgl. Grimms R. A. 475). Der roman. ausdruck kind des saumsattels gieng dagegen im Süden, in der Provence oder Spanien, am den sitten der maulthiertreiber hervor, die sich in den wkrthshäusern ihre betten van saumsätteln machten und dort mit den mägden verkehr hatten. Ein beispiel dieses Verkehrs findet sich im D. Quixote 1, 16. Auch Gachet hat sich an diesem worte versucht. Nach ihm ist bastard nur ein bildlicher ausdruck und bezeichnet eigentlich den nebenschoßling oder schmarotzerzweig eines baumes, der am fuße desselben hervorwächst, vgl. dazu avoutre IL c. Man hätte also an bas 'tief unten zu denken,- aber dem widerspricht die form mit st bast entschieden.]

Basto it. sp., bast pr,, b&t fr. saumsaüd; vb. pr. bastar, fr. bäter satteln. Man erinnert an das deutsche bast, weil die sättd etwa damit befestigt worden seien. Vergleicht man aber bastone stock, so wird man für basto eher auf die bed. stütze, unterläge, worauf die last ruht, verwiesen, und vielleicht haben wir in ihm ein wort der römischen Volkssprache vor uns, zusammenhängend, wie man auch sonst schon be- hauptet hat, mit gr. ßaovaueiv stützen, ßaaza^ lastträger; an diesen stamm mahnt auch das spätere lat. basterna sanfte, worüber J. Grimm, Gesch. d. d. sp. p. 461, allerdings andrer meinung ist. Dem gr. ßaoraj; aber entspricht buchstäblich das gleichbed. pr. bastais, cot. bastax, sp. bastage, it. bastagio. Desselben Ursprunges ist, außer dem eben erwähnten it. bastone (fr. bäton, woi. beston u. s. f.), auch it. bastire, altsp. pr. bastir, fr. bätir bauen (eigentl. stützen?), woher altsp. pr. bastida, it. bastia, bastione, fr. bastille u. a.; dsgl. sp. pg. basto angefaßt, dicht (daher die eigenthümlich span. bed. dick, grob, auch im morat. sinne); vb. it. bastare, sp. pg. pr. bastar hinreichen (eigentl. ausfüllen, wie sp. harto gefallt, hinreichend), ven. bastare hemmen (stopfen), altsp. auch bastir versorgen PC. = bastir bauen. Eine andre bedeutung zeigen die Wörter it. sp. pg. cat. basta heftnaht, Steppnaht, fr. bätir, sp. bastear, it. imbastare, sp. cat. embastar mit weiten sticken 'nähen. Sie erinnern an ahd. bestan flicken, mhd. besten schnüren, dies vom sbst. bast; aber bastire reicht dafür aus, wenn man die im prov. üblichen bedd. einrichten, zusammenfügen, berücksichtigt.

Battere it., sp. batir, pg. bater, pr. batre, fr. battre, wal. bäte, auch serb. bätati schlagen; von batuere, auf roman. weise in batere ver- kürzt. Wie selten man dies wort bei den Alten liest, um so üblicher ist es schon im frühesten mlatein. Es mußte sich jedoch eine neue flexion gefallen lassen: perf. battidi L. Sah, L. Long, (wie prendidi, ostendidi), pari, battutus Decret. Child. (um 595). Unter den zahlreichen ableitun- gen ist zu erwähnen it. battaglia, sp. batalla, fr. bataiüe, wal. b$täe Schlacht, schon bei Adamantius Martyr. batualia, quae vulgo battalia

I. BATTIFREDO-BECCO. 47

dicuntur; ferner it. battaglio, batacchio, sp. badajo für batajo klopfet; it. battigia fallende sucht; sp. batan Walkmühle; pr. bataria Schlägerei, fr. batterie aufgestelltes geschätz.

Battifredo it., beffroi fr., alt berfroi, beffroit, wachtthurm; vom mhd. bercvrit, bervrit zum schütz oder angriff dienender thurm, mlat. berfredus, belfredus. Die ital. form lehnt sich durch umdeutung an battere.

Batto it. ruderschiff; daher battello, sp. batel, pr. batelh, fr. bateall naehen; stimmt zu ags. bat, altn. bätr kleines schiff, vgl. kymr. bäd boot.

Baüle it., sp. baül, pg. bahül, bahü, pr. baue, fr. bahut koffer, feUeisen. Unter diesen abweichenden formen die ursprünglichste zu er- mitteln, ist nicht wohl möglich. Besitzt sie z. b. der Spanier, so könnte das wort aus bajnlus träger wie gerla tragkorb aus gerula sich gestaltet haben, indem der accent fortrückte, wie dies in casulla aus casula aner- kannt werden muß. [Die bekannte deutung französischer philologen aus dem deutschen behüten war unzulässig, weil nur ein Substantiv genüge ihat. Ein solches weist nun Mahn p. 89 aus den unterdess erschienenen Wörterbüchern nach: mhd. behuot bewahrung, schütz Müller 1, 732, behut magazin Grimm. Daß hochd. uo = gofh. 6 romanisch als u, nicht als o auftritt, ist selten und läßt spätere einfuhrung vermuthen.]

Bara it^ sp.pg. baba, fr. bave genfer; vb.pg.pr. barar, fr. baver, sp. babear geifern. Es scheint ursprünglich ein naturausdruck, das mit lallen (gr. ßaßaCetv, vgl. alban. beb?, kleines Jcind) begleitete geifern der Säuglinge zu bezeichnen, darum heißt dttfr. bave eben sowohl unverstän- diges kindisches geplauder, baveux, bavard, pr. bavec plauderhaft, und das steil, vava einigt die begriffe geifer und Jcind. Hieher sp. ba- bieea albern (urspr. geifernd, daher pf er dename?), babosa Schnecke u. a., vb. eat. embabieear, pg. embabacar, sp. embaucar hintergehen, zum besten haben.

Bazza it., sp. baza, cat. basa, gutes glück, stich im kartenspiel; affenbar das seltne mhd. bazze gewinn, gleicher herkunft mit baz (besser) s. Mhd. wb., ein vermuthlich durch deutsche söldner verbreitetes wort. Abgd. it. b&zzica ein kartenspiel, bazzicare mit jemand verkehren.

Beccabungia iL, sp. pg. becabunga, fr. b£cabunga, auch russ. ibunka, eine ort der veronica; vom ndd. beckebunge (beck back, bunge hnotlen), nhd. bachbunge, einer der sehr wenigen gemeinrom. pflanzen- namen, die aus dem deutschen genommen wurden. Das franz. wort ist schlecht assimiliert und wohl kein volksübliches: man sagt dafür berle de rm&re, auf prov. creissoun kresse.

Becco it., pr. fr. bec, pg. bico Schnabel, spitze, sp. bico schnabel- förmige spitze von gold an der mutze. Celtisches wort: cui Tolosae nato cogaomen in pueritia Becco fuerat, id valet gallinacei rostrum Sueton. m Viteü. c. 18; gael. beic, bret. Wk, auch ndl. bek. Daher pr. beca haken, vermuthlich auch fr. beche für beche grabscheit, wiewohl dltfr. besehe gesehrieben wird; vb.it. beccare,jpr. bechar, fr. becquer hacken,

48 I. BEFFA-BERBICE.

bScher graben, nhd. bicken, picken; daher ferner it. beccaccia, fr. b^casse, cat. becada Schnepfe (langer Schnabel); fr. böquille krüeken- stock. Zsgs. fr. aböquer junge vögel füttern; pg. debicar eine speise leicht berühren. Im ital. bezzicare mit dem Schnabel hacken (picken) mögen sich die stamme becco und pizza (s. unten) gemischt haben.

Beffa it., sp. befa, cdtfr. beffe, mit a altsp. (Alex.) und pr. bafa Verspottung; vb. it. beffare, sp. befar, alt bafar verspotten, fr. bafouer (mit erweiterter form, etwa lothringisch) verächtlich behandeln; dazu sp. bef o Unterlippe des pferdes, als adj. dicklippig, in welcher bedeutung auch belfo gesagt wird, cat. bifi, occ. befe; dsgl. pic. bafe lecker- maul, mautschelle. VermutJüich aus dem deutschen, vgl. bair. ndl. beffen bellen, keifen. Zu thüring. bäppe maul Frisch J, 45'' stimmt mail. babbi, com. bebb, occ. bebo lippe\ gen. beffe heifit die lippen gegen einen spitzen. Eine abl. ist fr. befiler spotten, engl, baffle.

Beiare it., beler fr. blöken; von belare, einer seltnen von Varro gebrauchten form für balare, vgl. in dem Vocabutarius S. GaU. belat *pläzif (blökt). Daher romagn. be geblöke, cat. be schaff norm, bai harn- mel, vgl. aber auch ähnliche ausdrücke s. v. bidet II. c.

Ben da it.pr., lomb. binda, sp. venda, fr. bände vitta, taenia, fascia, vb. bendare ff. fasciare (ältfr. bender vincire z. b. DMce. p. 16h 13); vom ahd. binda, vb. ahd. goth. bindan. ühserm bündel, engl, bandle ent- spricht ältfr. boundel Boq. II, 518.

Benna it. korbschiitten, comask. karren, auch der dazu gehörige korb, churw. fuhrwerk auf schleifsohlen, fr. banne korb für lastthiere, großes tuch zum schute der waaren, altfr, benne; abgel. com. benöla, chw. ban- aigl, fr. banneau, benneau, bannet on u. dgl. Von dem auch durch die german. sprachen verbreiteten worte sagt Festus: benna lingua gallica genus vehiculi appellatur, und in dieser bedeutung und in der eines ge- fäfies braucht es auch das nüatein, z. b. Haec omnia vehiculo, qnod vulgo benna dicitur, imposuit Flodoard. Coxit panes et carnes et ac- cepit ceryisiam in vasculis, prout potuit, quae omnia in vase, qnod vulgo benna dicitur, collocavit Vit. S. Remig (DG). Damit ist au ver- binden sp. cat. neupr. banasta, altfr. banaste großer korb: stammt es, was kaum zu bezweifeln ist, von benna, so muß, da ein selbständiges suffix ast unerweislich ist, dies aus dem suffix aster abgekürzt sein, wie denn das wort cdtfr. auch banastre Ren. I, 149, piem. ebenso lautet; aus goth. bansts a7to$rjY.r] konnte banasta nicht entstehen, weil eingeschobene voccie nicht betont zu werden pflegen, und ein dem goth. worte entspre- chendes ahd. banasta annehmen, ist bei dem grade vor s oder st selten vorkommenden eintritt des derivativen a jedenfalls bedenklicher als der durchgang von banasta durch ein rom. ban&stra. Buchstäblich dem goth. banst entspricht nur das mundartl. fr. banse (f.) großer korb, wiege, mlat. bansta, vgl. GruSrard, Polypt. d!Irmin. p. 315, auch im deutschen einhei- misch, s. Grimms wb. v. banse.

Berbice it., pr. berbitz, fr. brebis, pic. berbis (f.) schaf, wal, ber-

I. BERGAMOTTA-BERTOVELLO. 49

beace widder; von berbex, einer bei Petronius vorkommenden gemeinen form für vervex hammel, s. Schneiders Lot. gramm. II, 227, mlat. berbix in den ältesten Schriftwerken. Daher pr. b er gier, fr. berger schäfer, in frühem mlatein berbicarius; altfr. bercil schafstall, gleichsam vervecile; nfr. bercail dass., mit vervecale zu erklären.

Bergamotta sc. pera it., sp. bergamota, fr. bergamote eine art birnen; aus dem türkischen beg armödi d. i. herrenbirne, so genannt wegen ihres Wohlgeschmacks.

B6rnia und sbernia it., sp. bernia, fr. bernie, berne (bei Nicot) ein grober stoff zu mänteln so wie der daraus verfertigte mantel; von Hibernia, woher der stoff kam (Nicot, Covarruvias, Menage). Entsprechend sp. holanda holländische lemwand, vom ländemamen Holanda u. a. fälle.

Berretta it., sp. birreta, pr. «berreta, barreta, fr. barrette mutze, masc. dUsp. barrete, pr. birret dass.; vom spätem lat. birrus (byrrhus) iZeid von flockigem stoff, s. bujo. Eine Urkunde v. j. 532 Breq. p. 47 hat birreto auriculari.

Berta it. fopperei} lomb. piem. elster, plaudertasche; vb. berteg- giare foppen; pr. bertaut armer wicht? PO. 134, henneg. bertaud castriert, vb. bertaud er castrieren, fr. bretauder, com. bertolda die ohren stutzen, die haare abscheren, altfr. foppen, quälen NFC. II, 184; it. b er- töne pferd mit gestutzten ohren; bertuccio äffe. Woher dieser stamm bert oder bret, der Verstümmelung, Verhöhnung bedeuten muß? Darf man erinnern an aMn. britia in stücke schneiden, oder an bretöu im Bude- brandslied, das Lachmann verstümmeln, Grimm IV, 710 zermalmen über- setzt? Ital. berta heißt aber auch ein Werkzeug, womit man pfähle in die erde stampft, ramme, Jungfer, fr. demoiselle, russ. bdba weih, ramme. und wenn man erwägt, daß die grauenhafte eiserne Bertha der deutschen sage auch den namen Stempfe führt, mit deren stampfen oder treten die kinder bedroht wurden {Grimms Myth. p. 256), so ist die herkunft des ital. Wortes deutlich genug. Ob etwa auch die übrigen roman. Wörter da- mit zusammenhängen oder eigne quellen haben, wird sich minder leicht ins reine bringen lassen.

Bertesca und baltresca it. streitgerüste an mauern oder thürmen zum aufziehen und niederlassen, pr. bertresca, altfr. bretesche kleines hölzernes mit zinnen versehenes castell} deren mehrere zw befestigung eines ortes angelegt wurden, z. b. et a una bertresca sobre cascun pilar e podon en cascuna xx cavayer estar Fer. 2337, vgl. Ducange v. bre- taehiae. Seine herkunft betreffend, so hat das von Chevallet aufgestellte deutsche brett-dach in dieser spräche selbst kein dasein und befriedigt nicht einmal die form. Eine besser begründete deutung aus dem ein- fachen breit mit romanischer endung gibt Mahn p. 121. Auch m pre- della II a und in brelan II. c hat, der Romane das deutsche wort benutzt.

Bertovello it. fischreuse. Wer fühlt nicht darin das bekannte vertebolum der L. Scd., womit ein geräthe zum fischfang benannt wird? si qtris statuale, tremacle aut vertebolum (al. vertivolo) furaverit. Aus

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50 I. BETULA-BIADO.

vertebra floß vertebulum, hieraus entstand vertauschtem suffix (wie aus martulus martello) das ital. wort, ven. bertevolo, piem. crem. mail. bertavel, com. bertavelle und bertarel; in ollen diesen mundarten heißt es auch ein ähnliches geräthe zum Vogelfang. Vertebulum aber zog seine bedeutung unmittelbar aus dem vb. vertere, nicht aus vertebra: die reuse heißt so, weil ihr hals nach innen gekehrt, umgewandt ist. Für diese auffassung gewährt die ital. spräche einen unzweifelhaften beleg, indem der hals oder die mündung der reuse ritroso = retrorsus (etwas rückwärts gekehrtes) genannt wird. Bertovello bedeutet auch ofenbrücke, ein Werk- zeug zum umwenden der kohlen. Es ist also an verriculum (zugnetz) nicht zu denken, woraus das salische wort grammatisch nicht entstehen konnte. Aber auch im franz. läßt es sich wahrnehmen: verveux, richti- ger verveu, wie man sonst schrieb, heißt eine reuse von garn, für vertveu = vertovello, bertovello; näher jedoch kommt letzterem das limous. vertuel. Man sehe Pott, Platflat. 402, wo bereits verveu mit vertebolum verglichen ist.

Bätula, betulla it. pg., dsgl. it. bedello (crem, b^ddol), cot. bedoll, sp. abedul, pic. champ. boule {für beoule?), daher fr. bouleau (dimin. für beouleau) birke; von betula, betulla, celtischen Ursprungs, in primi- tiver gestalt neupr. cat. bes = com. betho, bezo, kymr. bedu, bret. b6z6, gael. beth, s. Diefenbach, Orig. eurqp. p. 257.

B^vero it., sp. bibaro, alt befre, fr. bievre, wal. breb, neupr. vibre ein in den nördlichen gegenden lebendes säugethier, biber, altn. bifr, ags. befor, beofer, aM. bibar, lith. bebru, russ. bober, gael. beabhar, com. befer. Es ist identisch mit lat. fiber, dessen aspirata im germanischen, lithauischen, slavischen und celtischen nach gemeiner regel zur media wer- den mußte, vgl. Zeuß, I, 44. Bebrinus adj. findet sich in den scholien zum Juvenal 12, 34.

Biado it., pr. cat. blat, cdtfr. bied, bleif, nfr. bW, fem. it. biada, mail. ven. piem. biava (vgl. Rovigo aus Bhodigium), altfr. bl6e getreide, sowohl der heim wie das körn; fehlt span. Daher pr. bladaria, cdtfr. biairie weidezins] zsgs. it. imbiadare, fr. embiaver (für embla-er) mit getreide besäen. Die gewöhnliche herleitung ist aus dem ags. blsed (f.) frucht, glück, segen; wie aber überhaupt nur sehr wenige alte roman. worter aus der landwirthschaft den german. sprachen entlehnt sind, so ist eine solche entlehnung aus dem entlegeneren angelsächsischen kaum anzu- nehmen, ja blaed mag aus dem roman. entlehnt sein wie ahd. fruht aus lat. fructus. J. Grimm gesch. d. d. spr. p. 69 denkt lieber an kymr. blawd mehl, dem aber, so wie es vorliegt, das roman. wort nicht gemäß ist. Der ausdruck ist wichtig genug um hier eine noch unversuchte deu- tung zu rechtfertigen. Lat. ablata (neutr. plur.) gab mit dem roman. ar- tikd r ablata, V abiada, la biada, als masc. behandelt il biado: es bedeutet das davon getragene, was auch unser getreide aussagt, den ertrag, das geemtete: ähnlich scheint unser herbst so wie das gr. xaQnog das geraffte, gesammelte zu bezeichnen (s. Schwencks d. wb.), noch abstracter ist das

I. BIANCO— BIAVO. 51

sicil. lavuri arbeit, fddfrüchte. Mlat. ablatum, abladus, abladium für messis kommt wirklich vor. Die erMärung von la biada aus dem articu- lierten V abiada ist nicht einmal streng nöthig, aus ablata konnte durch aphärese biada entstehen. Unter den italischen mundarten braucht die cremonesische biada auch für oblata, fr. oublie. [In besiehung auf Mohns vertheidigung der celtischen herkunft p. 19 bemerkt der Krit. an- hang: 'Eine formelle Schwierigkeit liegt nicht vor, denn den anlautenden ton- losen vocal gibt die Sprache auch sonst auf und hier mochte es um so eher gescheht*, als man ihn in der weiblichen form zum artikel rechnen konnte: l'ablata lautete wie la blata. Auch die doppelform nach beiden geschlechtem ist dieser herleitung günstig: biado ist = ablatnm, biada = plur. ablata. Die herleitung aus kymr. blawd (mehl), wofür aber das gacL Math (blüthe, frucht) passender wäre, da jenes ein rom. blaud, blöd gegeben hätte, ist sicher aller beachtung werth: ich konnte mich aber nicht darauf einlassen, weil ich mein princip, die lateinische herkunft eines wortes so lange festzuhalten, als buchstabe und begriff es erlauben, nicht ohne noth verlasse**]

Bianco it., sp. blanco, pg. branco, pr. blanc, fr. blanc weiß; vom ahd. planch, mhd. u. s. w. blanc glänzend weiß, uberh. weiß, verwandt mit blinken (fehlt goth. alts.). Im roman. ward es der eigentliche, volks- übliche ausdruck für tat. albus, welches im nordwesten trotz zahlreicher derivata gänzlich erlosch, im Südwesten (sp. albo, pg. alvo) die bed. schnee- weiß, im Hat. die bed. trüblich entwickelte. Nur im churw. und walach., worin blank keine aufnähme fand, blieb ihm sein volles recht.

Biascin sard., pr. val. altcat. biais, neucat. biax, fr. biais (sämmtl. tnasc.) quere, schiefe, daher wohl pg. viez schrägheit, mit vorgefügtem s it. sbiescio schräg (vgl. piem. sbias, npr. esbiai); vb. sard. sbiasciai, pr. biaisar, fr. biaiser. In den Isidor. glossen liest man bifax cduos Kobens öbtutus, also mit doppeltem blick, schielend, wie sp. bis-ojo doppel- augig, schielend heißt, bair. zweiäugeln schielen Schmeller IV, 299. Aus bifax (bis-fax für bis-oculus) konnte pr. bifais biais werden (vgl. wegen des syncopierten f refusar reusar, profundus preon) und zwar erst als adjectiv mit der bed. schielend oder quer (denn auch als adjectiv begegnet es: via biayssa Ghx. V, 64, , paranlas biaisas GProv. 85, estivals biais Harn. 2208), nachher als Substantiv gebraucht. Mlat. bifacies, bifaciare Corp. stimmen ganz zu biais, biaisar.

Biasimo it., dUsp. blasmo, pr. blasme, fr. bläme tadel; vb. bia- simare ff. tadeln; von ßlaoq>rj^ov adj., ßhxag>rj/i€lv. Ein zweites aus ßXaaq>T]juia entstandenes wort mit unorganischer Vertretung des f durch t ist it. biastemma, bestemmia, chw. blastemma, pr. blastenh, altfr. blastenge, wäl. biestern lästerung; vb. biastemmare u. s. f. lästern, fluchen; mit abgeworfenem anlaut (wie in lacio für flacio) sp. pg. lästima Schimpfwort, wehklage, vb. last im ar mishanddn, beleidigen, zum müleid bewegen.

Biavo it. mdarti. z. b. venez., auch bei BojarUo 2, 37, altsp.

52 I. BICCHIERE-BIGIO.

blavo, pr. blau (fem. blava), fr. bleu (wie peu aus pau), cfaAer it. blü caertdeus; dirn. it. biadetto; zsgs. sbiavato, sbiadato; vom ahd. blao, blaw. Das ti7or^ hat sich im prov. am meisten verbreitet: blavenc, bla- veza, blaveiar, blavairo, emblauzir.

Biccbiere it., chw. bich^r trinkgefäß, übrigens mit anlautender tenuisit. p 6c eher o pocal, wal. pehar (wegen des letzteren vgl. Miklosich, Slav. demente im Rumun. p. 35), pr. altfr. piehier, pechier, sp. pg. pichel, bask. pitcherra gefäß zu verschiedenen zwecken: die IAvr. d. rois p. 256 übersetzen z. b. auch hamula (kleiner eimer) mit picher. Im späteren mlatein bicarium, picarium, altn. bikar, ahd. pehhar, nhd. becher. Festus verzeichnet ein ähnliches wart bacar *vas vinarium', wovon aber bicchiere mit seinem radicalen i weit genug absteht; zu ihm bekennt sich das sieü. b&cara kleiner krug. Ital. beeco Schnabel bedeutet auch die enge mündung eines gefäßes, diese bedeutung wäre jedoch auf einen becher übd angewandt Mit recht mag man es darum aus dem griechischen herüber- leiten, worin ßinot; ein irdenes gefäß ist: hochdeutscher einfluß konnte b in p schärfen, it. p6cchero hat sogar deutschen accent.

Bicocca, auch bicciocca, bicicocca, it. warte oder Meines schloß auf einem berggipfel, ven. bicoca baufälliges haus, sard. bicocca häuschen, treppe mit zwei absätzen, terrasse, lomb. gamwinde, sp. bicoca steinernes Schilderhaus, enges stubchen, schlecht befestigter ort, fr. bicoque mit letzterer bed., b i co q (m.) geißfuß, ein Werkzeug mit gespaltenem ende zum herauf- ziehen einer last; vb. lomb. bicoca hin und her schwanken. Dahin wohl auch einige ausdrücke für kopfbedeckungen: sp. bicoquete eine bauern- mütze, bi co quin mutze mit zwei zipfeln, piem. bicochin eine priester- mütze. Unsichere herleitung: soll man ein derivatum oder ein composi- tum darin annehmen? Menage räth auf vicus. Das vortreten der zwei- zahl (zwei absätze der treppe, gespaltenes d. h. doppeltes enäe, zwei zipfel) läßt auf zss. mit bis schließen, minder klar ist der sinn von cocca in den verschiedenen und sehr abweichenden bedetUungen des Wortes.

Bidello it., sp. pr. bedel, fr. bedeau gerichtsbote; fußt genau auf dem ahd. petil emissarius Diut. II, 47, minder genau auf dem ags. bydel praeco = ahd. putil, nhd. büttel.

Bigio it., pr. fr. bis hdlgrau, aschgrau, schwärzlich. Damit ist zu verbinden piem. pr. bisa, fr. bise (auch sp. brisa?) nordwind, bret. biz nordostwind, altfr. auch nördliche gegend, norden, z. b'. contre bise Brand, p. 131, devers bise Antioch II, 11: denn den norden nannte man dunkel oder schwarz,, so lat. aquilo von aquilus. Den namen des windes bisa kennt schon unsre älteste hochd. spräche, Schweiz, bise, beise. Ist nun die' wurzel deutsch und der name der färbe aus dem der weltgegend abge- leitet? Isaac Vossius (Menage, Orig. d. ling. ital. p. 609) gibt eine etymologie, die alle rücksicht verdient. Er verweist auf das formell genau zustimmende lat. bysseus, welches baumwollenzeug heißen müßte, in seiner bedeutung aber, wie andre ausdrücke für färben, ausgeartet wäre. Aber ßiooog bedeutet auch die braune seide der pinna marina, die viel verwebt

I. BIGLIA-BINOCOLO. 53

ward, und in dieser hinsieht würde bysseus ganz wohl passen. Was dieser herleitung aber noch besseren halt gibt, ist das mit bigio gleichbed. pg. buzio, welches gleichfalls aus bysseus entstehen konnte, da ja das griech. v mit i sowohl wie mit u ausgedrückt ward; dies letztere wort kennt auch Älfric in der form busius falb, s. Ducange. Die Vereinfachung des es im fem. bisa, bise macht keine Schwierigkeit: sie ist dieselbe wie im partic. misa, mise = lat. missa. Abgel. it. bigione feigendrossel, fr. biset holetaube, beide nach der färbe benannt. [Mahn p. 87 be- zweifelt die obige deutung aus einem unvorhandenen bysseus und gründet das wort auf bask. baltza oder beltza schwäre, wofür er die formen baza, beza als berechtigte aufstellt. 'Aber auch diese syncopierten formen können das rotnan. wort nicht befriedigen, welchem, vornehmlich dem it. bigio, nur ein radicdles i gerecht ist, denn dieser vocal repräsentiert in tonsilben (ein paar fälle vor mehrfacher consonanz abgerechnet) überall den gleichen vocal der grundsprachen. Gegen die herkunft eines ital. prov. franz. dem »Spanier unbekannten, wenigstens in derselben form unbekannten Wortes aus dem baskischen kann ich überhaupt meine zweifei nicht überwinden. Menage dachte an piceus, dllein die bedeutung pechschwarz schreckte ihn ab. Das wäre nun kein großes bedenken, denn das pech ist nicht so schwarz, wie man es macht; allein die erweichung eines anlautenden p in b ist ein seltener und immer nur auf einzelne Wörter einzelner gebiete be- schränkter Vorgang, so daß ich nicht darauf einzugehen wagte. Neben dem oben aufgestellten bysseus dürfte auch bombyeius erwogen werden, dessen erste silbe wegfiel, wofür es nicht an Zeugnissen fehlt (mlat. bacius Dief. Gloss. lat. germ. 78r, it. baco, sard. basinu, fr. basin, für bomba- cius cet.), dessen zweite silbe formen mit u und a zeigt (bambucinum u. bumbaciura DC, it. bambagio), daher das pg. buzio und wohl auch das sp. bazo, weiches eher hieher gehört als zu dem bereits in bayo vorhan- denen badius, pan bazo wäre also genau das fr. pain bis. Seidne und baumwollene Stoffe kamen in Scharlach oder purpur gefärbt nach Europa, vgl. mlat. bombicina Scharlach Dief., it. bambagello purpurschminke, ahd. sidin €coccineus* Grajf. Die grundbedeutung unseres wortes war dunkel- farbig, altfr. azur bis ist dunkelblau, vert bis dunkelgrün; die bed. schwärzlich erfolgte hieraus. Bombyeius empfiehlt sich besser als bysseus, theüs weil es ein vorhandenes wort ist, theils weil sämmtliche formen, mit i, u und a, darin ihre rechtfertigung finden. Man scheint die erste silbe abgeändert oder weggelassen zu haben, um die erinnerung an bombus zu beseitigen. Aus dem Krit. anhang.]

Biglia it., sp. billa, fr. bille kugel von bein; vermuthlich vom mhd. bickel knöchlein, würfet, ndl. bikkel beinchen, womit die kinder spielen. Daher abgel. fr. billard kugelspiel, billot Motz. Pr. bilha 'ligneus ludus GProv. 63*.

Bilancia it., maü. ven. sp. balanza, pr. balansa, fr. balance wage; van bilani bilancis.

Binocolo it., binoele fr. fernglas für zwei äugen; zsgs. aus bini oculi.

54 L BIONDO— BIRRA.

Biondo it., pr. blon (fem. blonda), fr. blond, daher sp. blondo? (fehlt pg. und cot.), nhd. blond gleichfalls aus dem franz. (dafür mhd. val falb). Man hat auf apluda hülsen des getreides, kleie, auch auf bladum, fr. bl6, verwiesen, weil die färbe des reifen getreides der blonden ähnlich sei. Das einzige buchstäblich zutreffende etymon, das die sprachen gewahren, findet sich im ags. blonden-feax mischhaarig d. h. grauhaarig (s. Dief. Goth. wb. I, 304), aber der Übergang vom grauen durch das weiße oder hellfarbige zum blonden ist bei aller Veränderlichkeit der färben- begriffe (s. z. b. pardo II. b) nicht unbedenklich. Vielleicht hilft ein anderes deutsches wort. Ist blond, das nur vom haar gebraucht wird, etwa eine rhinistische form aus dem ältn. bland, dän. blöd, schwed. blöt sanft, weich, nämlich von färbe oder beschaff enheit? Dem entspricht auch ein bret. blöd, über dessen verhalten in den schwestersprachen s. Dief. I. c. p. 308. Zu beachten ist, daß der Älbanese beide begriffe, blond und sanft, mit demselben worte (russ) ausdrückt. Zu blond kommt noch die prov. und aitfr. nebenform bloi, welche unmittelbar auf blöd {vgl. dUfr. goi aus god) leitet. Bloi ist lichtfarb oder gelb, besonders von blumen und vom haupthaar gebraucht, in späterm mlatein bloius, blodius. Das haupthaar der schonen Isolt wird daher ohne unterschied blond und bloi genannt : pr. Yseut la blonda PO. p. 9, Ysseulz ab lo pel bloy Chx. III, 204. Eine äbl. ist it. biondella tausendgülderikraut, weil es zum blondfärben gebraucht wird.

Biotto it. armselig, elend, lomb. biott, blot, chw. blutt nackt, ven. bioto einfach, lauter, pr. altfr. blos entblößt, beraubt (in letzterer spräche selten, s. Altrom. sprachd. p. 51), neupr. blous pur (z. b. aigua blousa), moden. bioss nackt, auch bask. buluza. Deutsches wort, bair. blutt, Schweiz, blutt und blutz, vb. blatten, mlat. in der L. Long, blutare aus- leeren, dsgl. mit z mhd. blöz, woher das pr. blos, dem bereits ein ahd. bl6z die form gewiesen haben muß. Im maüänd. ist nudus durch biott fast ganz verdrängt worden.

Biroccio, baroccio it. zweirädriges fuhrwerk, daher sp. barrocho; sicher von birotus, aber, wie es scheint, dem suffix occio, z. b. in car- roccio, angebüdet. Das franz. wort ist brouette zweirädriger hand- wagen, für bi-rouette, wallon. berwette, bei Ph. Mousket bouroaite. Von biroccio ist unser birutsche; von der form birozzo (venez.) scheint protze, protzwagen, die syncope des i auch im sie. brocciu, chw. bröz.

Birra it., fr. biere, wal. beare ein getränk. Das ital. wort. (ven. bira) ist aus dem nhd. bier, das franz. aus dem mhd. bier ; der genus- wechsel hat wenig zu bedeuten. Altere deutsche formen sind ahd. beor, bior, ags. beor, aitn. bior. Auch die celtischen sprachen besitzen es: gaü. beöir (f.), bret. biorc'h (m.). Aber weder im deutschen noch im celtischen scheint es seine würzet zu haben. Nach Wackemagtls ver- muthung (Haupts Ztschr. VI, 261) ist das deutsche bier vielmehr aus dem syncopierten lat. infinitiv bibere, der schon im ältesten latein in der form biber als Substantiv üblich war und trank bedeutete (mlat. biberes 'potiones

I. BIS-BITTA. 55

vd parvi calices* Gl. paris. 2685 Fb.), it. b6vere bäere bere, sard. biere, und dieser ansieht neigt sich auch Grimm im wb. zu. Schon Vossius hatte sie: a biber extrito b est belgicmn bier, s. Etym. lat. s. v. bibo. Auch im wal. heißt bier beutnre d. i. trank (IAvadit Dictzionar); engl. bevor vesperbrot. Eine neuere deutung leitet das ahd. bior auf ein goth. *bius, dies auf skr. ptv, ptb = trinken zurück, worin auch slav. pivo seine quelle hat, s. Ztschr. für vergl. sprachf. V, 369, VII, 224. Dem Spanier fehlt das wort, dessen stelle vertritt cerveza, so auch pg. cer- veja, pr. cerveza Eluc., altfr. cervoise, it. cervigia, cervogia, cervosa (beide letztere aus dem franz.) = lat. cerevisia, cervisia, sicher der ältere romanische über alle provinzen verbreitete ausdruck.

Bis eigenthümlich vornan, nur in Zusammensetzungen übliche Par- tikel, die das ungehörige, unächte, verkehrte ausdrückt und sich zuweilen in die formen ber oder bar kleidet: it. biscantare nicht ordentlich singen, trauern, pr. beslei verkehrter glaube, it. barlume für bislume schwaches licht, fr. bertouser (bei Menage) ungleich scheren, piem. berliche ein wenig belecken, berlaita molken (unächte, geringe milch, fr. petit lait), vgl. Born, gramm. II, 435. Aber woher diese partikd? Gegen lat. bis sträubt sich der begriff, gegen das deutsche miß die form, gegen bret. besk (abgestutzt) beides, besk-aigre z. b. hätte unfehlbar fr. böchaigre gegeben statt besaigre; zusammenziehung aus fr. biais wäre zu stark. Sollte es aus lat. vice entstanden sein? Vicedominus *. b. ist der Stellvertreter des herrn, nicht der rechte herr, und so biscantare nicht das rechte singen, bislume nicht das rechte licht. Lat. v als anlaut wird ital und span. lackt zu b, franz. freilich nicht so leicht, und eben darum ist diese er- Uärung oder die aus vix, die man etwa noch vorbringen könnte, nicht zu halten. Aber möglich wäre, daß man das Zahladverb bis, sofern es in Zusammensetzungen aus dem begriffe des doppelten in den des schiefen übergeht, wie im sp. bis-ojo doppdaugig, schielend, fr. bi-ais doppelsicht, schiefe, am ende auch auf alles verkehrte, ungehörige angewandt hätte, wie im altfr. bes-ivre schlimm betrunken, bes-order übel beflecken, piem. bes-anca verrenkt (eigentl. schlecht in den hüften sitzend) heißt. An den- selben Ursprung mahnt sp. bisel, occ. bizel, fr. biseau schiefe ebene.

Bisaccia it., sp. bisaza, fr. besace quersack; von bisaccium eigentl. doppelsack, plur. bisaccia, bei Petronius. Dsgl. pr. fr. bissac, piem. bereac, bersacca, sard. brisacca, barsacca, von bis-saecns. Für bisaza findet sich sp. biaza, vermuthlich durch anlehnung an via, viage reise, da 8 sonst nicht ausfällt; auch neupr. biassa.

Bisante it., sp. pg. besante, pr. bezan, fr. besant eine byzan- tinische münze, mlat. byzantius, auch byzantus, gr. ßvtavxtog, dessen % hier keine schärfung in z erfuhr.

Biscotto it., sp. bizcocho, pr. biscueit, fr. biseuit, ztvieback; von bis coctuß. So auch it. guascotto adj. halbgar, von quasi coctus.

Bitta it., sp. cot. bita, fr. bitte stück holz zu verschiedenem gebrauch, pfähl; wohl vom alin. biti querbalken, engl, bit, Schweiz, bissen ; vgl. in den Erfurter glossen p. 279* bitus 'lignum, quo vineti flagellantur.

56 I. B1ZZAKB0-B0CA.

Bizzarro it. zornig, eigensinnig, seltsam, lebhaft, $p. pg. bizarro ritterlich, prächtig, freigebig, fr. bizarre wunderlich. Für das ital. wort gibt es ein primitiv bizza zorn, das, wenn es nicht etwa deutschen Ur- sprunges ist (vgl. ahd. bizön knirschen), aus dem fremden bizzarro abge- zogen sein muß, da arr kein ital. suffix ist. über das spart, wort läßt sich nur sagen, daß es sich mit gleicher bedeutung auch im baskischen findet und daß hier noch ein subst. bizarra bart vorkommt, welches Larrar mendi in biz arra 'er sei männlich' zerlegt und die weiteren span. be- deutungen daraus ableitet. [Mahn, Etym. unters, p. 137 ff., leitet es entschieden: aus dem bemerkten bask. bizarra, worin biz die würzet, arra die endung, tapfer die Urbedeutung sein muß.]

Blasone it. Wappenkunde, sp. blason, pg. brasao wappen, dsgl. rühm, preis, fr. blason wappen, Wappenkunde, engl, blazon; vb. it. bla- sonare, fr. blasonner wappen malen, sp. blasonar rühmen, sich rühmen. Am frühsten bemerkt man dies wort in Frankreich, wo es schild, eigentl. wohl Wappenschild bedeutet (Aubri im Fer. 161h, Alex. p. 22, 29), im prov. hat es die ziemlich abweichende form blezo, blizo: blezos cubertz de teins e blancs e blaus wappenschilde mit weißen und blauen färben bedeckt LR. I, 338. Der valencianische wappendichter Jaume Febrer (gegen ende des 13. jh.) braucht blasö theils für wappen oder wappen- zeichen (armes 6 blasö str. 9), theils für rühm oder glänz (llustre 6 blasö str. 2), also schon ganz im neuspan. sinne; die bed. Wappenkunde ist erst später und zwar in Frankreich hineingelegt worden. Sein Ursprung kann kaum zweifelhaft sein : er liegt im ags. blase, engl, blaze, mhd. blas bren- nende fackel, daher glänz sowohl als auszeichnung im Schilde wie auch als prunk oder rühm verstanden. 8. darüber Bernd, Wappenwissenschaft I, 344. 345, E. Müller s. v. blaze.

Bliaut #r. Chx. V, 153, auch blizaut Fer. 707, dsgl. blial, bliau, cdtfr. bliaut ein kleidungsstück von verschiedenem stoff (nüat. z. b. bliaa- dus canabinus, fustaneus, fr. bliaut de soie, sebelin HBord.), eine tunica sowohl für mannet wie für frauen, sp. pg. brial bloß für frauen, fehlt ital., findet sich aber in Frankreich mundartlich in mancherlei formen, bürg. z. b. bei La Monnoye biaude mit der bed. souqueniile. Während das roman. wort nur ein kleidungsstück zu bezeichnen scheint, wird unter dem mhd. bitalt, bltat ein seidner goldstoff zu kleidern, bettdecken und dgl. verstanden. Wo findet sich der stamm blt oder bltd (letztere form nach pr. blizaut zu vermuthen), mit dem sich die Suffixe ald und al ver- banden? Ist es orientalisch? Mahn p. 40 findet seinen Ursprung im persischen baljäd ein kleidungsstück, Vullers I, 262b. Ducangc verweist aufkymr. bliant feines leinenzeug, das im celtischen selbst nicht tourzelnd mit dem roman. wort zusammenhängen dürfte, cdtengl. bleaunt, blehand Halliwell.

Boca it., sp. pg. boga, pr. buga, fr. bogue (Nemnich) ein fisch , meerbrassen; vom lat. box bocis (m.) bei Plinius, nach dem gr. ßoa§, /Jci£. Taulus in seinen excerpten aus Festus gibt bereits eine halbroman. form7

I. BOCCA-BOLLA. 57

weiche 0. Mutier für einen acc. plur. halt : bocas cgenus pisds a boando appellatur.

Bocca it., sp. pg. pr. boca, fr. bouche mund; von bucca backen, auch für mund oder tnatd gebraucht, die erstere Bedeutung nur im wal. buce erhalten. Prov. bucela, von buccella bei Martial; dsgl. bossi, altfr. boussin bissen, gleichsam bucclnum; sp. bozal maulkorb, gleichsam bucceale von buccea bissen.

Boccale it., sp. fr. wal. bocal krug, becher, pokal; vom nüat. baucalis, dies vom gr. ßavxdktov gefäß, ßavxalig auf einem papyrus, s. Letronne im Journ. d. sav. 1833 p. 478.

Boja cdtit. s. Lex. rom., pr. boia, altfr. buie kette, fessel, daher mhd. boije dass.; von boja bei Plautus und andern: bojae 'genus vincu- lorum tarn ferreae quam ligneae Festus. Dasselbe wort ist der Schiffer- ausdruck sp. boya, pg. boie, alt fr. boye, nfr. bou^e, dtsch. boje u. s. w. ein auf dem wasser schwimmendes mit einem seä (boja) befestigtes stück hol*.

Boja it. henker, auch altsp. boya, neupr. boiou, wallon. boie, chw. bojer. Ehe man sich in Untersuchungen über dieses wort vertiefe, erwäge man, daß die ital. spräche keine mascülina auf a bildet, wohl aber femi- nina auf a als mascülina behandelt (il camerata, lo spia), das wort muß also ein schon vorhandenes sein, vorhanden aber ist im latein. und altit. boja fessel, namentlich hdlsfessel, vgl. Papias bogia 'torques damnatoruni , wozu die venez. form bogia passt. Dem Spanier ist ruthe und henker dasselbe, s. verdugo ZT. b.

Bolgia it., altfr. böge ranzen, neufr. bouge stübchen; abgel. sp. burjaca schnappsack; fr. bougette reisesack, daher altengl. bogett, bougett, neuengl. budget, letzteres wieder ins franz. eingeführt. Es ist das lat. bülga bei Lucilius, welches Festus ein von den Galliern gebrauch- tes wort nennt: bulgas Galli sacculos scorteos vocant, altirisch bolc Zeuß 1, 17, gael. builg, eben sowohl ahd. bulga (aus dem vb. belgan schwellen). Übrigens fließen die roman. formen, wie oft, aus einer latein. adjectivbildung bulgea (bulgia), keineswegs aus dem celtischen oder deut- schen. Man sehe über dieses wort Diefenhach, Goth. wb. I, 271, Orig. europ. p. 274.

Bolla und bulla it., sp. pr. bola, bula, pg. bolha, bulla, fr. boule, bulle blase, kugd, daher Urkundensiegel (für letztere bedeutung gilt meist die form mit u); masc. it. bollo Siegel, sp. bollo beule; von bulla Wasser- blase, beule, buckel. Span, bola, nebst altfr. pic. boule urindbeutelei, be- trug, gehen auf die bed. Wasserblase zurück; daher vb. bouler den kröpf aufblasen. Abgel. it. bolletta, bulletta, fr. biliet zettel, eigentl. besiegeltes blättchen; it. bollettino, fr. bulletin berichtzettel; dsgl. sp. bollon, fr. boulon naget mit dickem köpf, altfr. bolzen: ebenso heißt lat. bulla köpf des nageis. Desselben Stammes, von bullire, ist it. bollire, sp. pr. bullir, pg. bulir, bolir, fr. bouillir sieden, wallen, in unruhe sein ; hieraus das sbst. it. b o 1 1 o n e , fr. bouillon aufwällung, auch fleischbruhe (ähnlich sp. caldo mit letzterer bedeutung, eigentl. hitze, pic. caudiau, altfr. caudel

58 I. BOLZONE— BORBOGLIARE.

GNev. p. 117); dsgl. sp. bulla, pg. bulha unruhe, auf rühr, daher cat. esbullar verwirren, zerstreuen, und wohl auch pg. esbulhar genau durchsuchen, berauben (eigentl. ver stören?), das man sonst aus spoliare erklärt.

Bolzone it., altsp. altfr. bozon, pr. bosso pf eil mit stumpfem ende, dsgl. mauerbrecher ; kann, ohne anlehnung an das deutsche bolz, bolzen, mittelst des Suffixes cion aus bulla nagdkopf (woher auch fr. boulon bol- zen) wie fr. haraeQon aus hamus abgeleitet sein. Die roman. urform bulcio bultio ist in altdeutschen glosasaren zu finden.

Bomba jpr., auch altval. bei A. March, prahlerei, gepränge; dsgl. it. bombanza jttftrf, altfr. bombance bei Menage, gewöhnlich bobance, pr. bobansa s. v. a. bomba; pr. bobans für boban, altfr. bobant dass. Von bombus gesumse, geräusch, adj. bombicus geräuschvoll, prahlerisch, bei Venant. Fort. Daher denn auch Wörter wie bomba ein summendes geschoß, dsgl. bombarda, vb. it. rimbombare wiederhallen.

Bomba sp. pg. cat., fr. pompe, engl, pump eine maschine zum wasserschöpfen, pumpe. Nach Adelung vom